(GZ-19-2022) |
► GAB-Altlastensymposium in Regensburg: |
Blick über den Tellerrand |
Aktuelle Entwicklungen zu rechtlichen und fachlichen Aspekten der Altlastenbearbeitung, Erfahrungen mit Datenmanagement, das Thema Entsorgung sowie bundesweite Erfahrungen mit der Natürlichen Schadstoffminderung (MNA) standen auf der Agenda des diesjährigen Altlastensymposiums der Gesellschaft zur Altlastensanierung in Bayern mbH (GAB) in Regensburg. Als Plattform für den interdisziplinären Informations- und Erfahrungsaustausch führte das zweitägige Symposium rund 250 Entscheidungsträger und Fachleute aus der wirtschaftlichen, kommunalen und regionalen Praxis, Sanierungspflichtige sowie Akteure aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Forschung zusammen.
„Deponieplanung mit Hindernissen – wenn geschützte Arten das Baufeld durchkreuzen“ lautete das Thema eines Vortrags von Claudia Guggenberger, Landratsamt Nürnberger Land (Untere Naturschutzbehörde). Da eine Deponie die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen kann, handelt es sich laut Guggenberger aus naturschutzrechtlicher Sicht um einen „Eingriff in Natur und Landschaft“ im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG). Für die Genehmigung des Vorhabens dieser Dimension sei daher ein Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP) zu erstellen, in dem Eingriff und Kompensation bewertet, bilanziert und festgelegt werden. Zusätzlich zur Eingriffsregelung seien die Vorschriften des besonderen Artenschutzes zu berücksichtigen.
Die Prüfung artenschutzrechtlicher Verbote nach dem BNatSchG erfordere bei der Erstellung von Genehmigungsunterlagen entsprechende fachliche Ermittlungs-, Prognose- und Bewertungsansätze. Bei unzureichender Berücksichtigung der artenschutzrechtlichen Belange könne dies zu erheblichen Bauzeitenverzögerungen bis hin zu einem Baustopp führen.
Datenmanagement
Mit dem Datenmanagement bei Untersuchungen und Sanierungen von Altlasten befasste sich Dr. Arnulf Sowa, Gibs geologen + ingenieure GmbH & Co. KG. Seinen Ausführungen zufolge kann der Einsatz von Datenbankmanagementsystemen bei der Bearbeitung von Altlasten von großem Vorteil sein. Vor allem bei Großprojekten mit vielen Teilbereichen (z. B. Baufeldfreimachung, Erschließung, Neubebauung) oder bei Projekten, die sich über lange Zeiträume hinziehen (Sanierungsmaßnahmen, Monitoring) zeige sich oft, dass nicht alle Bearbeiter oder Entscheidungsträger über den gleichen Wissenstand verfügen oder spätestens im Laufe der Monate oder Jahre sogar Wissen verloren gegangen sei. Weiterhin sei mit Datenbanken möglich, umfangreiche zusammenfassende oder statistische Auswertungen vorzunehmen. Als problematisch erachtet Sowa die teilweise fehlende Benutzerfreundlichkeit sowie nicht vorhandene Standards bei den Datenmanagementsystemen. Als positives Beispiel für eine ausgereifte Datenbank nannte er das Programm INSA der Leitstelle des Bundes für Liegenschaftsbestandsdokumentation.
Deponiesanierung
Über eine integrative Deponiesanierung mit energetischer Folgenutzung und grüner Wasserstoffgewinnung informierten Manfred Eberle, R & H Umwelt GmbH und Dieter Gerlach, Stadtwerke Aschaffenburg. So wurde am Standort einer ehemaligen Hausmülldeponie eine modifizierte Oberflächenabdeckung hergestellt, die in Kombination mit einer nahezu vollflächigen Photovoltaikanlage den Niederschlagswasserzutritt zur Deponie weiter minimiert und zugleich mit geregelter Ableitung des Niederschlagswassers und Versickerung im Abstrom der Deponie den zwischenzeitlich nachvollzogenen MNA-Prozess positiv beeinflusst.
Durch die Photovoltaik-Anlage lasse sich über eine Betriebsdauer von mehreren Jahrzehnten grüner Strom „kostenneutral“ gewinnen. Die Stadtwerke Aschaffenburg, so Gerlach, verfolgten ein Konzept der Nutzung dieses grünen Stromes zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Dieser solle im Mobilitätssektor (H2-Busse, H2-Müllsammelfahrzeuge, H2-LKW), im Industriesektor (Denitrifikation im Aschaffenburger Wasserwerk) und im Wärmesektor der Stadtwerke Aschaffenburg durch die Nutzung in privaten Brennstoffzellen als BHKW zum Einsatz kommen.
Das Thema Hochwasser beschäftigte Dr. Rainer König vom Wasserwirtschaftsamt Deggendorf und Rainer Zimmermann, Wasserwirtschaftsamt Regensburg. König, der über das Hochwasser 2013 referierte, machte als eine der Hauptursachen für die massiven Schäden im Deggendorfer Raum die im Zuge des Hochwassers aufgeschwommenen und geborstenen Heizöltanks aus, führte das ausgetretene Heizöl doch insbesondere bei den Gebäuden zu massiven Schäden. In der Folge mussten die Gebäude häufig rückgebaut werden. Im Gegensatz dazu erreichten die Stoffkonzentrationen der durch das Absetzen des Heizölfilms entstandenen flächigen Mineralölkohlenwasserstoff-Verunreinigungen aufgrund des Abbauverhaltens schon in der verbleibenden Vegetationsperiode eine unbedenkliche Größenordnung. Des Weiteren war ein großflächiger Einfluss des Hochwasserereignisses auf Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe und Schwermetallbelastungen nicht nachweisbar.
Hochwasserschutz
In Regensburg wurden in Anbetracht der besonderen städtebaulichen und denkmalpflegerischen Randbedingungen Lösungsvorschläge für einen Hochwasserschutz im Rahmen eines europaweit ausgeschriebenen städtebaulich-technischlandschaftsplanerischen Wettbewerbs interdisziplinär entwickelt. 2006 standen laut Zimmermann die konzeptionellen Grundlagen für einen technischen Hochwasserschutz der Stadt Regensburg fest und es folgte der Einstieg in konkrete Projektplanungen. Das Planungsgebiet wurde in 18 Abschnitte eingeteilt und man begann sukzessiv mit der konkreten Planung, Genehmigung und Umsetzung. Die Folge der Bearbeitung orientiert sich dabei im Wesentlichen an einer Prioritäteneinteilung, die das Verhältnis des vorhandenen Schadenspotenzials zu den Baukosten des jeweiligen Abschnittes berücksichtigt. Inzwischen sind neun der 18 Abschnitte fertiggestellt.
Stoffstrommanagement
Aus der Perspektive eines Entsorgers berichtete Tobias Weiler, Wilhelm Geiger GmbH & Co. KG, über das Stoffstrommanagement belasteter Bauabfälle. Die Herausforderungen für den Entsorger bestehe darin, dass alle Entsorgungsmöglichkeiten unterschiedliche Anforderungen an die erforderlichen Materialdeklarationen und vorzulegenden Unterlagen stellen. Im schwachbelasteten Bereich komme gegebenenfalls noch die Beachtung weiterer bundeslandspezifischer Regelwerke zum Tragen. Der Einsatz von Deponieersatzbaustoffen solle dazu beitragen, den Primärrohstoffeinsatz im Zuge von Deponiebaumaßnahmen zu reduzieren, indem bautechnisch geeignete Abfälle mit vergleichbaren definierten Eigenschaften zum Einsatz kommen. Hierzu gelte es neben der Prüfung des zulässigen Schadstoffgehalts der Abfälle auch die bautechnischen Anforderungen, die für bestimmte Schichtkomponenten im Deponiebau vorgeschrieben sind, zu prüfen.
Sekundärbaustoffe
Stefan Schmidmeyer, Baustoff Recycling Bayern e. V., gab einen Überblick über die „Sekundärbaustoffe: Baustoffe der Zukunft – Herstellung, Qualitätssicherung und Einsatzmöglichkeiten“. Güteüberwachte und zertifizierte Sekundärbaustoffe seien den Primärbaustoffen gleichwertig und könnten diese in vielen Anwendungsbereichen in weit größerem Umfang als bisher substituieren, betonte Schmidmeyer. Die erforderlichen Normen und Regelwerke hinsichtlich der bautechnischen Eigenschaften und der Umweltverträglichkeit von Sekundärbaustoffen zur Anwendung etwa im Straßen- und Wegebau, im Erd- und Tiefbau, im Hochbau sowie im Garten- und Landschaftsbau seien vorhanden und würden kontinuierlich weiterentwickelt. Die Verwendung von Sekundärbaustoffen sichere die Zukunft der Bauwirtschaft, fördere die Nachhaltigkeit beim Bauen und sei aktiver Klima- und Umweltschutz.
Über die Deponiesituation in Bayern berichtete Dirk Hensel-Schikora vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. Nach seinen Worten ist die Abfallwirtschaft ein zentrales Element der Daseinsvorsorge. Moderne Deponien und mit ihnen ausreichend verfügbare Beseitigungskapazitäten seien und blieben auch künftig ein unverzichtbarer Baustein einer robusten und intakten Entsorgungsinfrastruktur. Ein Schwerpunktthema bei der Erweiterung oder dem Neubau von Deponien stelle die Kommunikation dar. Um in Bayern eine (pro-)aktive, transparente, frühzeitige und lösungsorientierte Kommunikation von Deponieprojekten zu unterstützen, habe das StMUV Hinweise für Vorhabenträger mit Praxisbeispielen für eine gute Projektkommunikation erstellt (Handlungshilfe „Deponievorhaben – Projektkommunikation“). Als Hilfestellung zur Suche nach Deponiestandorten sei zudem im Februar vergangenen Jahres die Deponie-Info 11 veröffentlicht worden.
MNA-Bearbeitung
Die „Einbindung von MNA in die Altlastenbearbeitung in Bayern – Erfahrungen, Herausforderungen und Anwendungsbereiche“ stellte schließlich Stefan Rüttinger vom Bayerischen Landesamt für Umwelt vor. Nach seinen Angaben erfordert ein MNA (Monitored Natural Attenuation)-Konzept einen hohen Erkundungs- und Untersuchungsaufwand, der allen Beteiligten eine Entscheidungsgrundlage sowie eine möglichst hohe Sicherheit über den erfolgreichen Verlauf eines MNA-Vorhabens liefern soll. In Bayern seien derzeit zwölf Fälle in den einzelnen Phasen der MNA-Bearbeitung beim LfU erfasst. In sechs Fällen sei eine behördliche Entscheidung zur Umsetzung von MNA getroffen worden; diese befänden sich in der MNA-spezifischen Überwachung. Weitere neun Fälle seien in der Planungsphase.
Wie Rüttinger feststellte, seien die Fallkonstellationen sehr unterschiedlich und reichten vom kleinen Ölschaden bis hin zum großen PAK-Schaden mit im Einzelfall größeren Restschadstoffmassen in der ungesättigten Zone.
DK
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