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Wasserkraft und Biomasse
Unverzichtbare Säulen für eine erfolgreiche Energiewende in Bayern

Hermann Steinmaßl, Vereinigung Wasserkraft in Bayern e.V. - VWB

Beide Energieformen sind erneuerbar und vor allem Tag und Nacht, rund um die Uhr, zu allen Jahreszeiten für eine sichere Stromerzeugung verfügbar und damit Stabilitäts- und Sicherheitsfaktoren für die Stromversorgung in Bayern.

Bilder: Henry Be auf Unsplash und Simon auf Pixabay
Bilder: Henry Be auf Unsplash und Simon auf Pixabay

So das Credo von Dipl.-Ing. (FH) Hermann Steinmaßl, ehemaliger CSU-Abgeordneter im Bayerischen Landtag und langjähriger Landrat des Landkreises Traunstein sowie zeitgleich Vorsitzender des regionalen Planungsverbandes Südost-Oberbayern. Er kämpft seit Jahren vor allem für den Erhalt und den Ausbau der in Bayern wichtigsten regenerativen Energie, die Wasserkraft.

Als studierter Ingenieur weiß Steinmaßl technischen und politischen Realitätssinn wohl zu unterscheiden. Und da sowohl Biomasse als auch Wasserkraft bis auf weiteres ganz real zu den einzigen grundlastfähigen erneuerbaren Energiequellen zählen, die nicht von der Tageszeit, dem Wetter oder einer Weltregion abhängig sind, engagiert er sich in der Vereinigung Wasserkraftwerke Bayern e.V. (VWB) und als stellvertretender Vorsitzender der Landesvertretung Bayern im Bundesverband Erneuerbare Energien für den Erhalt und auch Ausbau des weißen Goldes Bayerns.

Steinmaßl bringt es auf den Punkt: Die besondere Stärke der klimaneutralen Wasserkraft ist, dass sie als heimische und importunabhängige Energiequelle stabil und durchgängig übers Jahr verfügbar ist. Zudem ist sie mit ihrer Technik, den sog. rotierenden Massen (da bricht der Ingenieur durch), immer auch noch vorhanden, wenn das Netz ausfällt. Daher sind die Wasserkraftwerke systemrelevant und können das Stromnetz nach einem Ausfall wieder aufbauen und stabilisieren (schwarzstartfähig), sodass die Stromversorgung wieder in Gang gesetzt wird. Zudem spart die Wasserkraftnutzung Leitungskapazitäten und vermindert durch kürzere Transportwege die Übertragungsverluste, sie spart also Energie.

Die Wichtigkeit der Stromerzeugung aus Wasserkraft in Bayern wird deutlich, wenn man sich veranschaulicht, dass sie im Schnitt für jeden Einwohner 1.000 Kilowattstunden pro Jahr bereitstellt. Das ist der Bedarf, den im Schnitt jeder einzelne Bewohner Bayerns benötigt. Im Ernstfall verfügt Bayern damit über eine sichere Energiequelle, die für die Einwohner eine ausreichende Notstromversorgung bereitstellen kann.

Große Sorge haben Steinmaßl ursprünglich die Planungen seitens des Klimaministeriums auf Bundesebene bereitet: Das sog. Osterpaket, wie die geplante Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2023 euphemistisch heißt. Der Wasserkraftnutzung in Deutschland drohte dahingehend Ungemach, dass sie durch Rechtsveränderungen (Streichung der Einspeisevergütung) in die Unwirtschaftlichkeit getrieben worden wären. Das hätte das Aus für einen Großteil der Wasserkraftwerke in überschaubarer Zukunft bedeutet, was besonders für Bayern gravierende Folgen gehabt hätte. Die aktuelle Entwicklung im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren hat sich zum Positiven für die Wasserkraft entwickelt (siehe Kasten).


Schließlich liefert die Wasserkraft in Bayern weitestgehend konstant im Jahresschnitt rund 12,5 Milliarden Kilowattstunden Grundlast-Strom, mehr als die durchschnittliche Jahreserzeugung des Kernkraftwerks Isar 2. Und auch die rund 2.700 Biogasanlagen mit einer installierten elektrischen Leistung von 1.445 Megawatt steuern mit fast acht Milliarden Kilowattstunden etwa 11 Prozent zur Stromerzeugung in Bayern bei.

Nach Abschaltung der letzten bayerischen Kernkraftwerke Ende 2022 steht der Freistaat vor einer Stromlücke von rund 40 Prozent. Wenn dann ab 2030 auch die fossile Stromer-
zeugung Geschichte wird, dann muss Bayern 57 Prozent seines Strombedarfs irgendwie decken. Den „Rest“ liefern die Erneuerbaren, deren volatiler, also schwankender Anteil aus Sonne und Wind zunehmen wird, während die Versorgungssicheren, allen voran die Wasserkraft, gefolgt von der Biomasse und mit weitem Abstand die Geothermie, auf derzeitigem Niveau hoffentlich weitgehend verharren dürfen. Natürlich wäre ein Ausbau dieser sicheren Stromerzeugung wünschenswert und für Bayern vorteilhaft.

Will man es in Bayern also regenerativ und sauber, ist der Bau großer Speicher unverzichtbar. Als wirtschaftlich verfügbare Technik böten sich tatsächlich vor allem Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke an, wie sie in Österreich, der Schweiz, Norwegen und Frankreich gebaut wurden und werden. Sie sind aber immer noch schwer vorstellbar, nachdem um notwendige Realisierungsgenehmigungen unversöhnliche Grabenkämpfe toben.

Dennoch ist Steinmaßl sicher, dass die Energiezukunft erneuerbar sein muss. Dafür braucht es aber auch mehr Ehrlichkeit als Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende. In Bayern wie in Deutschland muss sich jeder Einzelne eingestehen, dass erneuerbare Energien aus der Heimat Freiheitsenergien sind, die Unabhängigkeiten bestärken und Abhängigkeiten von Importen verringern. Energieerzeugung vor der eigenen Haustür ist Teil der Energiewende daheim. Sie erfordert von Jedem mehr Akzeptanz für die notwendige Nutzung und Inanspruchnahme von Umwelt. Es wird sichtbare und spürbare Veränderungen in der Landschaft, bei der Erzeugung, der Verteilung und der Speicherung.

Steinmaßl ist überzeugt, dass die jüngsten geopolitischen Verwerfungen durch den unverändert tobenden Ukrainekrieg zu gravierenden Langzeitfolgen insbesondere auch im globalen Kampf um die Energieressourcen führen werden. Deshalb kann es sich eigentlich niemand in unserem Land leisten, eine ideologisch ausgerichtete Energiepolitik zu betreiben und z. B. die Wasserkraft einseitig auszubremsen. Deshalb sollte der Klimaschutz Vorrang bei Genehmigungen in der Abwägung erhalten.

Die rund 53.000 Querbauwerke in Bayern ohne Wasserkraftnutzung sollten unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes für eine Wasserkraftnutzung neu bewertet werden.
Der von der bayerischen Staatsregierung im Aktionsplan 2019 angekündigte Ausbau der Wasserkraft zur Erzeugung von zusätzlich einer Milliarde Kilowattstunden Strom pro Jahr ist endlich umzusetzen und bestehende Kraftwerke sind zu erhalten sowie mit ökologischen Verbesserungsmaßnahmen (Stichwort: Fischdurchgängigkeit zum Populationsschutz) aufzuwerten.

So ist auch die angestrebte und dringend erforderliche Gemeinsamkeit von Klimaschutz, Energie und Natur möglich.
Es muss gesellschaftlicher Konsens werden, dass alle erneuerbaren Energien als quasi einheimische Energiequellen optimal genutzt werden, insbesondere auch die Wasserkraft. Dazu bedarf es Mut zu Entscheidungen – nämlich mit der Wasserkraft und der Natur zu mehr Klimaschutz.

Egal ob Biomasse, Geothermie, Sonne, Wasser oder Wind - es geht nur mit „und-und-und“ statt dem in Deutschland besonders beliebten nimby (not in my backyard = nicht in meinem Umfeld). Die ökobewegten Bewohner dieses Landes müssen sich verabschieden von „im Prinzip will ich alles, aber einschränken und einengen lassen will ich mich nicht“.

Wir brauchen von allen Erneuerbaren Energien mehr.

Aktuelle Entwicklung in Sachen Wasserkraft beim Osterpaket (EEG 2023)

Die Wasserkraft wird allen anderen Erneuerbaren Energien gleichgestellt.

  • Im neuen Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG 2023) haben Bundestag und Bundesrat beschlossen, dass die Errichtung und der Betrieb von Erneuerbaren-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen. Dies gilt nun auch für die Wasserkraft, was deren Stromerzeugung ein besonders Gewicht verleiht. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet weitgehend klimaneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen, wie z. B. in Genehmigungs- und Wiederbewilligungsverfahren, eingebracht werden.

Die Vergütung für Wasserkraftanlagen bis 500 Kilowatt installierter Leistung wird beibehalten.

  • Das Ansinnen, nur noch größere Wasserkraftanlagen zu fördern, wurde ersatzlos gestrichen. Somit kehrt der Förderrahmen für die Wasserkraft zur geltenden Rechtslage zurück: Die kleine Wasserkraft ist zu den bekannten Rahmenbedingungen des EEG 2021 auch weiterhin im EEG 2023 enthalten. Damit können künftig kleine Wasserkraftanlagen auch technisch und ökologisch modernisiert und ertüchtigt werden.

Die Verknüpfung von Förderrecht und Genehmigungsrecht (Wasserhaushaltsgesetz) wurde ersatzlos gestrichen.

  • Die Verbindung mit dem Wasserhaushaltsgesetz, wurde vielfach als bürokratische Doppelauflage kritisiert. Zudem kann künftig unter entsprechenden Rahmenbedingungen auch die Förderung nicht mehr eingestellt werden, was dieser Passus ebenfalls vorgesehen hätte.

Das Gesetz sieht vor, Potenziale für neue, zusätzliche Wasserkraftanlagen zu heben.

  • Der Neubau an bereits bestehenden Querbauwerken ist wieder möglich. Hierbei sind weiterhin alle wasserrechtlich notwendigen ökologischen Maßnahmen einzuhalten.

Weitere Informationen unter:

Vereinigung Wasserkraftwerke Bayern e.V. (VWB) www.wasserkraft-bayern.de
Landesverband Bayerischer Wasserkraftwerke eG (LVBW) www.lvbw-wasserkraft.de
Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke e.V. (BDW) www.wasserkraft-deutschland.de
Landesvertretung Bayern des Bundesverbands Erneuerbare Energien www.lee-bayern.de
Fachverband Biogas e.V. www.biogas.org

JK

 

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