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(GZ-15/16-2022)
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Energiewende und Landkommunen - Die großen Herausforderungen

Von Stefan Graf, Bayerischer Gemeindetag

Die exorbitanten Ausbauziele für Freiflächenphotovoltaik und Windkraft werden den ländlichen Raum massiv verändern. Spätestens mit der schmerzlichen Erkenntnis, schnellstmöglich energiepolitisch unabhängig werden zu müssen, steht der regionale Ausbau der erneuerbaren Energien nicht mehr in Frage. Auch wenn vielleicht die „europäische Kupferplatte“ mit von Wind und Sonne bevorzugten Erzeugungsstandorten die Zukunft ist - die Vision hilft kurz- und mittelfristig nicht. Um sich die Dimension klar zu machen: Der Freistaat möchte die erneuerbare Erzeugungsmenge bis in 8 Jahren verdoppelt haben. Die Energiewirtschaft hält dafür (und sogar bis zum Jahr 2040) jede Woche die Installation von PV-Anlagen auf Freiflächen in der Größe 160 Fussballfelder, die in Inbetriebnahme von zwei Windkraftanlagen und die Errichtung eines Umspannwerks für erforderlich.

Bild: Michael Förtsch auf Unsplash
Bild: Michael Förtsch auf Unsplash

Wo bleiben da die Gemeinden, respektive die Menschen vor Ort? Um zu verhindern, dass die Landkommunen zu bloßen Erfüllungsgehilfen werden und dabei die örtlichen Interessen „hintenrunterfallen“ hat der Gemeindetag ein eigenes Beratungsgremium eingerichtet. Die Leitlinien für den gemeindlichen Blick auf die epochalen Umwälzungen: Gerechtigkeit, Erhalt der Steuerungshoheit und monetärer Ausgleich.

Gerechtigkeit

Gerechtigkeit ist ein Schlüssel für die Akzeptanz der notwendigen Veränderungen in den ländlichen Räumen. Gerechtigkeit bezieht sich sowohl auf das Stadt-Land-Verhältnis, als auch auf eine gerechte Verteilung der Lasten innerhalb der ländlichen Räume. So sind beim PV-Ausbau Ziele zu definieren, welchen Anteil die Dachanlagen haben sollen und die Umsetzungsvoraussetzungen zu schaffen (insbesondere Abbau von Restriktionen im Denkmalschutz). Des Weiteren sind top down als Anhalt austarierte Ausbauempfehlungen erforderlich, die einerseits die Erreichung der Ausbauziele sicherstellen, anderseits nach den örtlichen Gegebenheiten gerecht verteilen. Aufgrund der schlechten Flächenbilanz (50fach höherer Ertrag von PV auf gleicher Fläche) wird das Steigerungsziel der Staatsregierung für Biogasanlagen (+ 15 Prozent!) abgelehnt. Kontrovers wurde diskutiert, ob die Verteilnetze von den Ausbaukosten für die Aufnahme von erneuerbaren Strom entlastet werden sollten. Im Raum steht die Forderung nach einer Übernahme der Kosten aus dem Staatshaushalt (analog der EEG-Umlage).

Erhalt der Steuerungshoheit

Trotz des großen Drucks muss die Entscheidung über die Flächenzuweisungen bei den Kommunen verbleiben. Eine gesetzliche Privilegierung von Windkraft- und/oder PV-Freiflächenanlagen wird strikt abgelehnt. Das heißt jedoch nicht, dass Baurecht nicht über Entscheidungen auf der Ebene der Flächennutzungspläne/Regionalpläne entstehen könnte. Dies wäre ein Beitrag zur Entbürokratisierung. Jedoch dürfen nicht bis zum Erlass der übergreifenden Pläne (auch aufgrund der langen Erstellungszeiten von Flächennutzungsplänen) über eine Privilegierung „die Schleusen geöffnet“ werden. Insoweit wird der neue bayerische Weg, 10H für regionalplanerisch und kommunal für Windenergie ausgewiesene Flächen aufzuheben, gutgeheißen.

Monetärer Ausgleich

Als entscheidender Hebel, um die Ausbauziele im ländlichen Raum zu erreichen werden jedoch monetäre Anreize gesehen. Hier ist eingeführte „Konzessionsabgabe“ im EEG zwar ein Schritt in die richtige Richtung (die Initiative der Staatsregierung, diese auf 0,4 Cent pro kWh zu erhöhen wird ausdrücklich begrüßt). Noch wichtiger ist, dass die betroffene Bevölkerung unmittelbar durch die vor Ort Produktion durch günstigere Strompreise (Regionalstromprodukte) profitieren kann. Bei der Wertschöpfung wird weniger auf Zwangsbeteiligungsmodelle wie in Mecklenburg-Vorpommern gesetzt, als auf Kooperationen „auf Augenhöhe“ von Investoren mit Bürgergenossenschaften und Gemeinden. Bei rein kommunalen/bürgerschaftlichen Betreibermodellen muss auf eine professionelle Betriebsführung geachtet werden. Die Stadtwerke könnten eine wichtige Rolle spielen.

Stefan Graf, Bayerischer Gemeindetag

Stefan Graf, Bayerischer Gemeindetag

 

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