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(GZ-12-2022)
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Bayerische Wassertage

Bereits zum 17. Mal veranstaltete der Förderverein KUMAS – Kompetenzzentrum Umwelt e.V. gemeinsam mit den Kooperationspartnern Bayerisches Landesamt für Umwelt, Grünbeck Wasseraufbereitung GmbH, HPC AG, MVV Industriepark Gersthofen GmbH und IHK Schwaben die Bayerischen Wassertage. Der Fachkongress mit rund 180 Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet fand im Kongress am Park in Augsburg als Livestream statt.

Die Bayerischen Wassertage griffen aktuelle Entwicklungen im Umwelt- und speziell im Wasserrecht auf. Auf dem Programm standen die Themen „Aktuelle Entwicklungen im Wasserrecht und Gewässerschutz“, „Starkregen, Sturzfluten, Hochwasser - Vorhersagen und Risikominimierung“, „Nullschadstoffziel der EU und nachhaltige Chemikalienstrategie“, „Abwasserverordnung im Genehmigungsverfahren“ sowie „Aktuelle Einzelfragen der Wasserbewirtschaftung und im Gewässerschutz“.

Ahrtal-Katastrophe

Flächenversiegelungen und die dichte Bebauung der Talsohle führten im Ahrtal im Juli 2021 zu Wasserabflüssen mit Pegelhöhen, die es so noch nicht gegeben hat. Insbesondere die Verbauung der freien Abflussfläche habe zur Katastrophe geführt, erläuterte Dr. Thomas Roggenkamp vom Geographischen Institut der Universität Bonn. Historisch gesehen gab es allerdings schon im Juli 1804 ein Hochwasserereignis mit ähnlich großen Scheitelabflüssen. Bei der Siedlungsentwicklung müssen laut Roggenkamp verstärkt historische Ereignisse in Gefahrenkarten und -analysen berücksichtigt werden, um fehlerhafte Risikoabschätzungen zu vermeiden. Kritische und dichte Bebauungen auf Talsohlen, die den freien Abfluss behindern, führten zu unkalkulierbaren Risiken mit entsprechenden Konsequenzen.

Auch auf regionaler Basis werden die Vorhersagemöglichkeiten von Starkregenereignissen durch den Einsatz innovativer Technologien laufend verfeinert und bilden die Basis für einen wirksamen Katastrophenschutz. Wie Dr. Tanja Winterrath vom Deutschen Wetterdienst (DWD) betonte, bestätige die Auswertung langjähriger Daten die Beobachtung, dass die Jahresniederschlagsmenge zunimmt. Erwartet wird, dass die Niederschläge in Zukunft intensiver werden und häufiger auftreten. Darüber hinaus wird sich der Klimawandel auf alle Komponenten des Wasserhaushalts auswirken. So werden einerseits mehr Dürreperioden mit Wasserknappheit, andererseits extreme Niederschläge mit Hochwasser erwartet.

Anhand des Pilotprojekts Wetzendorfer Park in Nürnberg, das der städtebaulichen Erschließung eines 34,5 Hektar großen Planungsgebiets inklusive 15 Hektar Park und Grünverbindungen als Wohngebiet dient, zeigte Dr. Michael Probst von Björnsen Beratende Ingenieure auf, wie man diesen Problemen mit „Klimainseln“ begegnen möchte. Durch das Planungsgebiet in Nürnberg fließen der Wetzendorfer Landgraben und der Seegraben. Diese beiden Fließgewässer überfluten bei Starkregenereignissen einen großen Teil des geplanten Wetzendorfer Parks. Außerdem macht ein hoher Grundwasserstand bereichsweise eine Oberflächenversickerung unmöglich.

Nürnberger Pilotprojekt

Aus diesen Gründen, in Verbindung mit dem knapp bemessenen städtischen Retentionsraum, wurde ein Pilotprojekt initiiert, bei dem Baumrigolen als „Blau-Grüne Infrastruktur“ zum Einsatz kommen. Das Wasser wird in den Rigolen angestaut und steht so den Straßenbäumen in Trockenperioden länger zur Verfügung. Die Rigolen fungieren als Wasserreservoir und Regenwasserrückhalt, sind also optimal mit Wasser versorgte Baumstandorte und damit Klimainseln, die der innerstädtischen Aufheizung im Sommer entgegenwirken.

Wie Probst ausführte, weisen Klimainseln bei konsequenter Anwendung ein Speichervermögen weit jenseits üblicher Dimensionierungsansätze der Regenwasserbewirtschaftung auf. Damit seien sie ein wirkungsvoller Beitrag zur „Schwammstadt“. Aufgrund des relativ großen Bedarfs an abflusswirksamen Flächen könne zur Speisung der Klimainseln auch über die Nutzung privater Dach- und Hofflächen nachgedacht werden. Insbesondere bei kleinen Fließgewässern seien die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt im Detail zu prüfen. „Gegebenenfalls sind der Schwammstadt Grenzen gesetzt“, erklärte Probst.

Bei der Aufstellung eines Sturzflut-Risikomanagements werden Gemeinden vom Freistaat unterstützt. Auf dieser Basis ließ der Markt Diedorf im Landkreis Augsburg ein entsprechendes Konzept mit breiter Bürgerbeteiligung ausarbeiten und bezieht die Ergebnisse in die Bauleitplanung, den Grunderwerbsplan und in die Ausführung kleinerer technischer Maßnahmen, wie etwa mobile Schutzmaßnahmen, schon vor der Fertigstellung des Endberichts mit ein.

Bürgermeister Peter Högg schätzte den besonderen Wert der durch die Bearbeitung ausgelösten Bürgerbeteiligung. Dies führte zu einer Sensibilisierung und verstärktem Problembewusstsein für Fragestellungen des Hochwasserschutzes. Högg zufolge wird das integrale Konzept Sturzfluten-Risikomanagement zur Querschnittsaufgabe
der Abteilungen in den Kommunen und ein „buchstäblicher Werkzeugkasten für alle Aktiven in den Gemeinden“.

DK

 

 

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