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(GZ-9-2022)
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► 25. Int. Donauschifffahrts- und Tourismuskonferenz in Regensburg:

 

‚Neue‘ Normalität und Zukunft der Flusskreuzfahrten

Vom 04.04. bis 06.04.2022 fand die 25. Int. Donauschifffahrts- und Tourismuskonferenz im marinaforum in Regensburg statt und tagte zum zweiten Mal in Deutschland. Veranstalter sind der Deutsche Wasserstraßen- und Schifffahrtsverein Rhein-Main-Donau e.V. (DWSV) und die danube tourist consulting, Wien. Die Konferenz stand unter dem Motto: „Die ’neue’ Normalität & die Zukunft der Flusskreuzfahrten“.

V.l. Andrea Betz (Leiterin Immobilienwirtschaft / bayernhafen Regensburg und Passau), Toni Lautenschläger (Leiter Amt für Wirtschaft und Wissenschaft der Stadt Regensburg), Marco von Dobschütz-Dietl (Geschäftsführer DWSV e.V.),  Prof. Gerhard Skoff / dtc danube tourist consulting – Initiator der Konferenz seit 1986. Bild: bayernhafen / M. Ziegler
V.l. Andrea Betz (Leiterin Immobilienwirtschaft / bayernhafen Regensburg und Passau), Toni Lautenschläger (Leiter Amt für Wirtschaft und Wissenschaft der Stadt Regensburg), Marco von Dobschütz-Dietl (Geschäftsführer DWSV e.V.),  Prof. Gerhard Skoff / dtc danube tourist consulting – Initiator der Konferenz seit 1986. Bild: bayernhafen / M. Ziegler

Mit rund 200 Teilnehmern erfreute sich die Konferenz unter Corona-Rahmenbedingungen einer großen Nachfrage. Das Teilnehmerfeld umfasste Entscheider der europäischen Flusskreuzfahrtindustrie, Reedereien, Reiseveranstalter, Hafenbetreiber, Zulieferer, Dienstleister und internationale Organisationen, die u.a. aus Deutschland, Österreich, Schweiz, den Beneluxstaaten sowie aus Osteuropa stammen.

Dr. Michael Fraas, Vorsitzender des DWSV, betont die Bedeutung der Branche: „Auf der 25. Donauschifffahrts- und Tourismuskonferenz wollen wir gemeinsam mit den Branchenexperten wieder nach vorne blicken. Zwei Jahre Corona-Pandemie sorgten europaweit für einen Ausfall bei den Flusskreuzfahrten zwischen 80 und 90 Prozent. Zudem erfolgte der Start in die Saison 2021 verspätet, da die Reisebeschränkungen erst im Sommer schrittweise gelockert wurden. Im Vergleich zum Jahr 2020 war die Branche aber froh, wieder Gäste an Bord zu haben. Die meist niedrige Auslastung konnte jedoch den finanziellen Schaden nur etwas begrenzen.“

Der Initiator der Konferenz, Prof. Gerhard Skoff, bemängelt die fehlende Koordination der Länder bei der Umsetzung der diversen Covid-Maßnahmen. „In den letzten Monaten war die größte Herausforderung, den Überblick über die doch teils sehr verschiedenen Maßnahmen und Einreisebestimmungen der Länder entlang der Donau zu behalten. Diese führten nicht selten zur Verwirrung, selbst bei den Behörden, und zu teils kurzfristigen Anpassungen der Fahrpläne. Die Nachfrage nach Flussreisen in den kommenden Jahren ist jedoch ungebrochen hoch und die Reiseanbieter im In- und Ausland bereiten sich deshalb auf eine positive Saison 2022 vor.“

Das Covid-Schutzkonzept der IG River Cruise auf den Flusskreuzfahrtschiffen hat sich bewährt. Es kam nur vereinzelt zu Ansteckungen oder Ausbrüchen. Da die Hygienekonzepte an Bord der Schiffe schon vor der Pandemie auf einem sehr hohen Niveau waren, konnte mit einigen zusätzlichen Maßnahmen die erforderliche Sicherheit für Gäste und Crew sichergestellt werden. Es ist nach wie vor sicherer, eine Flussreise zu unternehmen, als zu Hause einkaufen zu gehen.

Wirtschaftsfaktor Flusskreuzfahrt in Pandemiezeiten

Vor Beginn der Corona-Pandemie kannte die Entwicklung der Flusskreuzfahrtbranche nur einen Trend: nach oben. Die Anzahl der Passagiere auf den westeuropäischen Flüssen hat sich von 250.000 Reisenden im Jahr 2008 auf rund 541.000 Passagiere und 653 Mio. Euro Umsatz im Jahr 2019 stetig positiv entwickelt. Zu den Favoriten der deutschen Passagiere gehörte die Donau mit 34,5 Prozent der Reisenden und der Rhein mit 37,1 Prozent (2019).

Im europäischen Fahrtgebiet stammten rund 38 Prozent der Reisenden aus den USA und Kanada. Doch Corona hat auch 2021 dem einst boomenden Tourismuszweig einen empfindlichen Dämpfer verpasst. Auch in Regensburg startete die Saison nicht wie sonst üblich im Frühjahr, sondern erst im Juni – viel später als sonst. Toni Lautenschläger, Leiter des Amtes für Wirtschaft und Wissenschaft der gastgebenden Stadt Regensburg bestätigt, dass die Kreuzfahrttouristen in seiner wie in anderen Städten entlang der Donau schmerzlich vermisst wurden.

„Die Passagiere der Kreuzfahrtschiffe, die unsere Altstadt im Rahmen eines Aufenthalts besuchen, sind zweifellos eine wichtige touristische Zielgruppe und tragen signifikant zum Profil Regensburgs als internationaler Tourismusstandort in Ostbayern bei. Bestimmte Segmente des Einzelhandels und der Gastronomie in der Altstadt sowie nachgelagerte Branchen profitieren maßgeblich von der Wertschöpfung der Kreuzfahrttouristen.

Die aktuellen Lockerungen vor dem Hintergrund der pandemischen Entwicklung lassen auf ein baldiges Hochfahren der Tourismusbranche und damit auf eine positivere Saison 2022 hoffen. Ich wünsche der Kreuzfahrtbranche viel Glück und Erfolg, um möglichst schnell an vorpandemische Zeiten anknüpfen zu können.“

Das Regensburger Stadtwerk, das das Anlegeufer verwaltet, konnte in 2021 insgesamt 263 Schiffsanlandungen vermelden. Dieser Wert liegt deutlich über dem Vorjahreswert mit rd. 100 Schiffen, jedoch wurden im Jahr 2019 (vor Corona) insgesamt rd. 1.000 Schiffsanlandungen registriert. Die Stadt Regensburg und das Stadtwerk hoffen, dass sich das Pandemiegeschehen rechtzeitig vorm Saisonbeginn entspannt und eine weitere positive Entwicklung der Anlandungen ermöglicht, sodass man sich dem Wert von 2019 annähern können wird.

In den touristischen Zielen der Städte und Gemeinden erzeugen die Flusskreuzfahrten eine erhebliche finanzielle Wertschöpfung, die durch Corona massiv einbrach bzw. ausblieb. Durchschnittlich geben Tagestouristen 25 Euro pro Tag an Land aus, Flusskreuzfahrtpassagiere investieren rund 75 Euro pro Tag (inkl. Eintrittsgelder und Bustransfers). Auch den Gästeführern, die größtenteils als Freiberufler arbeiten, brachen die Umsätze weg. In der Hochphase der Pandemie waren bundesweit rund 7.500 Gästeführer beschäftigungslos.

Coronabedingte Beschäftigungseffekte

Die Flusskreuzfahrten und der Tourismus sind wichtige Arbeitgeber an Bord und an Land. In Europa erzielten die Flusskreuzfahrten in den vergangenen Jahren enorme Beschäftigungseffekte. Die „weiße Flotte“ in Europa umfasst ca. 330 Flusskreuzfahrtschiffe mit durchschnittlich 60 Mitarbeitern.

In Europa sind über 40.600 Menschen für die Flusskreuzfahrtbranche tätig, davon entfallen 16.600 Stellen auf die direkten Arbeitsplätze an Bord, über 13.000 auf die direkten Arbeitsplätze an Land sowie rund 11.000 auf Arbeitsplätze bei Dienstleistern, Zulieferern, Ausrüstern und Gastronomie. Durch den monatelangen Stillstand setzte eine große Fluktuation ein. Langjährige Mitarbeiter (z.B. Servicepersonal) mussten sich einen neuen Arbeitsplatz suchen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Diese Mitarbeiter fehlen jetzt und können nicht ohne Weiteres zurückgeholt werden.

Bei internationalen Mitarbeitern kommt die Schwierigkeit hinzu, dass nicht alle Mitarbeiter geimpft sind oder zum Teil mit Impfstoffen aus Russland und China, die in der EU nicht zugelassen sind. Jetzt gilt es, die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen, um Mitarbeiter zurück zu gewinnen oder neu zu akquirieren.

Investitionen in Infrastruktur

Mit Anlegestellen in Aschaffenburg, Bamberg, Roth, Regensburg und Passau bietet bayernhafen der Flusskreuzfahrt-Branche fünf Standorte in Bayern aus einer Hand an. Bayernhafen-Geschäftsführer Joachim Zimmermann glaubt an eine mittelfristige Erholung der Flusskreuzfahrten: „Wir sind überzeugt, dass die Menschen auch zukünftig Flussreisen nachfragen werden und Kreuzfahrten ein wichtiges Segment im Tourismus bleiben werden. Daher investieren wir weiter in den Ausbau der Anlegestellen und Versorgungsmöglichkeiten für Flusskreuzfahrtschiffe. Die weitere Entwicklung von Flussreisen donauabwärts beobachten wir aufmerksam.“

So nahm bayernhafen im Oktober 2021 einen neuen Anleger im bayernhafen Aschaffenburg in Betrieb. Aufgrund der Lage direkt am Main eignet sich die Anlegestelle perfekt als Umsteigepunkt für Reedereien, deren Reisende die Sehenswürdigkeiten des Aschaffenburger Umlands mit dem Bus erkunden möchten. Außerdem sollen Landstromanlagen in Bamberg und Passau- Racklau geschaffen werden.

Während der Liegezeit können die Flusskreuzfahrtschiffe dann ihre Dieselgeneratoren abschalten, wodurch unter anderem CO2- und Feinstaub- Emissionen verringert werden. Perspektivisch ist die Errichtung von Kreuzfahrt-Terminals in Passau-Racklau und in Regensburg geplant, wo viele Kreuzfahrten beginnen und enden. Natürlich werden dabei auch die zusätzlichen Erkenntnisse aus der Pandemie miteinfließen.

 

 

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