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(GZ-9-2022)
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► NieTro²:

 

Niedrigwasser und Trockenheit besser managen

In dem vom BMDV geförderten Forschungsprojekt „Nachhaltige und praxistaugliche Implementierung eines Entscheidungshilfesystems für Niedrigwasser und Trockenheit (NieTro²)“ werden Innovationen aus Hydrologie und Datenanalyse miteinander kombiniert. Ziel des Projektes ist es, für Akteure in Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft ein softwarebasiertes System zu entwickeln, das auf aktuellen Daten und belastbaren Prognosen basiert und sie bei Entscheidungen zum Umgang mit Trockenperioden unterstützt.

Wetterextreme stellen Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung vor große Herausforderungen und können durch den Klimawandel zukünftig sogar vermehrt auftreten. Niedrigwasser behindert die Schifffahrt und gefährdet damit Lieferketten, es kann zu Störungen industrieller Prozesse mit großem Kühl- oder Brauchwasserbedarf und zur Verschlechterung der ökologischen Gewässereigenschaften und Wasserqualität kommen, zum Beispiel durch erhöhte Stoffkonzentrationen und thermische Belastungen.

Auch Bodenwasserspeicher und Grundwasserneubildung werden durch lang anhaltende Trockenheit negativ beeinflusst, was zu Schwierigkeiten für Trinkwasserversorgung und Landwirtschaft führt. All diese Fragen sind in der Regel nochmals vielfach komplexer, wenn man sich in dynamischen Bergbaufolgelandschaften befindet, wie sie zum Beispiel in den Braunkohlerevieren von Brandenburg und Sachsen zu finden sind.

Projekt NieTro² soll Entscheidungshilfen liefern

Daher arbeitet das im Dezember 2021 gestartete Verbundforschungsvorhaben „Nachhaltige und praxistaugliche Implementierung eines Entscheidungshilfesystems für Niedrigwasser und Trockenheit (NieTro²)“ an modellgestützten Entscheidungshilfen für Landesämter und Landkreise, für Versorgungsunternehmen und Wasserverbraucher, ebenso wie für interessierte Bürger. Mithilfe moderner hydrologischer Modelle, aktueller Daten und Wettervorhersagen sowie benutzerfreundlicher Werkzeuge zur Datenanalyse, Datenvisualisierung und Planungsunterstützung sollen ein zuverlässiges Lagebild und verlässliche Prognosen zur Entwicklung von Indikatoren wie Wasserverfügbarkeit, Bodenfeuchte usw. zielgruppenspezifisch angeboten werden. Mobile Apps sollen das System abrunden, um bei der Datenerfassung vor Ort und bei der Sensibilisierung für die Thematik zu unterstützen. Das Projekt NieTro² wird im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND über den Zeitraum von Dezember 2021 bis Mai 2024 mit insgesamt ca. 956.000 Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert.

Im Kern der geplanten Softwarelösung steht ein ständig laufendes, landesweites Wasserhaushaltsmodell, welches das Büro für Angewandte Hydrologie (BAH Berlin GmbH) bspw. für das Land Brandenburg seit vielen Jahren betreibt. Das Modell basiert auf dem Modellierungssystem ArcEGMO-PSCN, einem öko-hydrologischen Modellierungssystem zur räumlich und zeitlich hochaufgelösten, physikalisch fundierten Simulation aller maßgeblichen Prozesse des Gebietswasserhaushaltes und des Abflussregimes.
ArcEGMO-PSCN deckt ein sehr breites Anwendungsspektrum mit vielseitigen Einsatzmöglichkeiten für verschiedene wasserwirtschaftliche, aber auch landesplanerische Fragestellungen ab. In NieTro² wird das landesweite Modell für den Niedrigwasserbereich weiter optimiert, wesentlich in der Betrachtungsgüte und hinsichtlich der Beschreibungsindikatoren erweitert und durch die neuesten Vorhersagedienste des Deutschen Wetterdienstes (DWD) verbessert. Dies soll zu detaillierten Daten zur aktuellen Situation sowie kurz- und mittelfristigen Prognosen zur hydrologischen Lage führen.

Zur prototypischen Realisierung einer effizienten, skalierbaren und benutzerfreundlichen Gesamtlösung arbeitet die Disy Informationssysteme GmbH, Karlsruhe, im Projektkonsortium mit. Disy schafft mit seinen Softwarelösungen die Grundlage datenbasierter Entscheidungen, gerade in komplexen Fachgebieten mit Orts- und Raumbezug, wie Umwelt, Wasser, Land- & Forstwirtschaft, Infrastruktur und Verkehr.

Im Zentrum der meisten Disy-Lösungen steht die Datenanalyse-Plattform disy Cadenza. In NieTro² soll disy Cadenza Datenmanagement und Schnittstellen anbieten, es soll die hydrologische Modelltechnik von BAH ansteuern und dafür benutzerfreundliche, verständliche Informationszugänge mit interaktiven Visualisierungen und Datenanalyse-Dashboards für verschiedene Zielgruppen realisieren. Außerdem sollen szenariobasierte Planungsmethoden erforscht werden, um eine echte Entscheidungshilfe für die zukünftige Maßnahmengestaltung zu ermöglichen.

Das Projekt NieTro² wird akademisch begleitet und technisch abgerundet durch die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Frank Fuchs-Kittowski an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin). In NieTro² erforscht die HTW Berlin den Einsatz zielgruppenspezifischer mobiler Apps für das Projekt. So können beispielsweise aktuelle Daten über Landnutzung und Vegetationsstand mit mobilem Sensing gesammelt werden, gerade in dynamischen Bergbaufolgelandschaften, um die Wasserhaushaltsmodelle mit aktualisierten Daten zu versorgen. Aber auch die Bürgerinformation vor Ort soll durch mobile Apps unterstützt werden, um die Sensibilisierung für Extremereignisse und Klimawandel zu ermöglichen sowie das Verständnis von Trockenheitsphänomenen zu erleichtern.

Pilotregion Landkreis Dahme-Spreewald

Die wissenschaftlich-technischen Innovationen von NieTro² sollen anhand realer Beispieldaten und -szenarien entwickelt, demonstriert und bewertet werden. Dazu wird das vom BAH Berlin bereits betriebene Wasserhaushaltsmodell für das Land Brandenburg genutzt und verfeinert. Als assoziierte Projektpartner ohne Förderung durch das BMDV arbeiten der Landkreis Dahme-Spreewald, das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg und die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) im Projekt mit.

Landesniedrigwasserkonzepte rücken in verschiedenen Bundesländern immer stärker in den Fokus, wie zum Beispiel in Brandenburg und Sachsen. Auch die Trinkwasserversorgung von Berlin ist direkt betroffen. Ausgetrocknete Flussbetten zum Beispiel an der Schwarzen Elster, sehr niedrige Pegel an Spree, Dahme, Oder, Havel und an vielen Seen sind keine Seltenheit. Abgestimmte Maßnahmen verschiedenster Akteure, wie untere und mittlere Wasserverwaltung, Landestalsperrenverwaltung, Schifffahrtsverwaltung, Versorgungsunternehmen etc. sind nötig, um gesamtvolkswirtschaftlich und ökologisch nachhaltig agieren zu können.

„Entscheidungen zur Bewirtschaftung des Landschaftswasserhaushalts müssen vorbereitet, getroffen und den Betroffenen vermittelt werden. Vorbereiten heißt u.a. Prüfen der hydrologischen, der klimatischen Verhältnisse und der Wetterlage im Einzugsgebiet des zu bewirtschaftenden Flussgebiets. Um dann Entscheidungen zu treffen, benötigt man kurzfristige Prognosen und dazu modellgestützte Szenarien im Sinne `Was wäre wenn´. Um die Entscheidungen den Betroffenen, den politischen Gremien und interessierten Bürgern vermitteln zu können, bedarf es der Visualisierung. Die transparente und verständliche Kommunikation von Problemen und unliebsamen Entscheidungen ist wichtig“, so Helge Albert, Leiter der Unteren Wasserbehörde im Landkreis Dahme-Spreewald.

 

 

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