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(GZ-7-2022)
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► Expertenanhörung im Umweltausschuss des Bayerischen Landtags:

 

Klimaschutz durch Moore

Auf Initiative der Landtags-Grünen fand im Umweltausschuss des Bayerischen Landtags eine Expertenanhörung zur Moorschutzstrategie der Staatsregierung statt. Dabei wurden Wege aufgezeigt, wie die Ziele der Staatsregierung zur Wiedervernässung der Moore und zum Erreichen der Klimaneutralität bis 2040 umgesetzt werden können. Erklärtes Ziel ist es dabei, 55.000 Hektar Moorfläche bis 2040 zu renaturieren und intakt zu halten. Tenor der Veranstaltung: Eine Renaturierung funktioniert nicht ohne den Menschen. Wichtig ist der Dialog mit der Bevölkerung.

Die Renaturierung der Moore ist in vielerlei Hinsicht von großer Bedeutung. Neben einer erheblichen Reduktion des Ausstoßes an Klimagasen lassen sich damit auch Ziele zum Erhalt der Biodiversität und zur Stabilisierung des Wasserhaushaltes erreichen. Weiterhin bilden sie Naturerlebnisflächen für die immer mehr zunehmende Naherholung. Um CO2-Emissionen auf null zu reduzieren, müssten laut Dr. Hans Joosten, emeritierter Professor der Universität Greifswald, alle trockengelegten Moore wieder vernässt werden. Damit müsse möglichst schnell begonnen werden. Wie Dr. Annette Freibauer von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft ergänzte, hätten Gespräche mit Landwirten gezeigt, dass „ein leises Umdenken“ stattfinde.

Regionale Eigenheiten berücksichtigen

Artenschutz und Klimaschutz dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, etwa wenn Solarparks in den Mooren installiert werden, berichtete aus seiner praktischen Erfahrung
Dr. Ulrich Mäck, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft schwäbisches Donaumoos. Eine Moorschutzstrategie müsse auf regionale Eigenheiten anwendbar sein, unterstrich der Projektleiter des Naturschutzgroßprojekts Allgäuer Moorallianz, Dr. Ulrich Weiland. Moorschutz müsse alle Funktionen der Moore berücksichtigen, nur in unterschiedlicher Gewichtung.

Hotspots der Biodiversität

Aus Sicht von Dr. Holger Magel, emeritierter Professor der TU München, darf das Thema nicht auf ökologische Fragen reduziert werden, da man sonst die Menschen nicht erreiche. Die Flurbereinigung könne helfen, wo Flächen nicht im Staatsbesitz sind. Moore seien herausragende Lebensräume mit vielen Funktionen, die man zusammen denken müsse, erklärte Dr. Christine Margraf vom BUND Naturschutz in Bayern. Beim Moorschutz als Klimaschutz solle man auch die Renaturierung als Ökosystem im Auge behalten. Als „Hotspots der Biodiversität“ wurden die Moore von Dr. Norbert Schäffer, Vorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz, bezeichnet. Wiedervernässung funktioniere nur in zusammenhängenden hydrologischen Einheiten.

Renaturierung bedeute, eine naturnahe Moorvegetation wachsen zu lassen, stellte Cornelia Siuda vom Gutachterbüro Moorrenaturierung fest. Solche Flächen könnten Hochwasserspitzen verzögern. Auch deshalb sollte man das Moor als Chance betrachten. „Nur unsere Generation kann Bayerns Moore noch wirksam schützen“, mahnte Patrick Friedl, Sprecher für Naturschutz und Klimaanpassung (Bündnis 90/Die Grünen) im Anschluss an die Stellungnahmen der Experten. Diese letzte Chance gelte es, zu nutzen. Nur 32.427 Hektar von insgesamt rund 221.000 Hektar Mooren in Bayern befänden sich im Besitz des Freistaats.

Klimaschutz-Schätze heben

Friedl zufolge sind „unsere Moore echte Klimaschutz-Schätze direkt vor unseren Haustüren, die es zu heben gilt. Wenn wir ihnen wieder ihre ursprüngliche Funktion zurückgeben, sind sie wesentlich effektiver als zum Beispiel die Aufforstung von Wäldern. Die Söder-Regierung agiert auch hier viel zu zaghaft und langsam. Instrumente, finanzielle Mittel und die Personalsituation sind mangelhaft.“

Eric Beißwenger, stellvertretender Ausschussvorsitzender und umweltpolitischer Sprecher der CSU-Fraktion, hob die Vorreiterrolle Bayerns beim Schutz der Moore hervor, „denn wir haben schon seit Jahrzehnten zahlreiche Renaturierungsprojekte und hier beachtliche Erfolge vorzuweisen. Unsere Moore sind wahre Multitalente für den Klimaschutz: sie sind perfekte CO2 -Speicher, verzögern und verhindern Hochwasser und fördern die Artenvielfalt. Unser Ziel ist, die Maßnahmen weiter auszubauen und zu intensivieren.“

Investitionen im Donaumoos

Vor allem in Bayerns größtem Moorgebiet, dem Donaumoos, werde massiv in Renaturierung und Schutzmaßnahmen investiert: 200 Millionen Euro stünden hierfür bis 2030 zur Verfügung. Zusätzlich solle die moorverträgliche landwirtschaftliche Nutzung weiter vorangebracht werden, etwa durch Paludikulturen, d.h. Pflanzen, die auf vernässten Moorböden gedeihen und vermarktet werden können. „Moorschutz geht nicht mit der Brechstange, sondern immer nur im Austausch und gemeinsam mit Betroffenen und Betrieben. Dafür machen wir uns stark“, so Beißwenger.

Auch Benno Zierer (Freie Wähler) sprach sich dafür aus, die Eigentümer frühzeitig anzusprechen. „Nur wenn attraktive Nutzungsalternativen zur Verfügung stehen und der Umstieg durch eine langfristige Förderung unterstützt wird, können wir die Bauern beim Moorschutz mit ins Boot holen.“ Im Rahmen der Anhörung hätten Experten bestätigt, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Moorschutzmaßnahmen zur CO2-Vermeidung sehr gut ist. Steuermittel würden im Vergleich zu anderen Klimaschutzaktivitäten effizient eingesetzt – auch für den Ankauf von Flächen durch die öffentliche Hand. „Das entkräftet im Übrigen auch die Kritik des Obersten Rechnungshofes an der angeblichen Ineffizienz staatlicher Maßnahmen“, machte Zierer deutlich.

Im Donaumoos hätten Landwirte ihm ihre Mitwirkung zugesichert, wenn auch ihre Kinder in Zukunft ihre Existenz mit dem Hof sichern könnten, berichtete Florian von Brunn (SPD). Auch für Prof. Dr. Ingo Hahn (AfD) ist es unumgänglich, die Menschen miteinzubeziehen, die die Landschaft kennen. Politik in Bayern könne nicht ohne seine Bürger gemacht werden. Laut Christoph Skutella (FDP) braucht es klare Definitionen, Zielsetzungen und Erfolgskontrolle.

Die Landwirte einbinden

Agrarministerin Michaela Kaniber hatte im Rahmen des jüngsten CARMEN-Forums darauf hingewiesen, dass Moorbodenschutz auf lange Sicht nur mit wirtschaftlichen Perspektiven für die Landwirte gelinge, denn die Flächen seien ihre Lebensgrundlage. Auch nach der Wiedervernässung müssten sie darauf Wertschöpfung erzielen können, um ihr Einkommen zu sichern. „Wir erreichen die Akzeptanz neuer Bewirtschaftungsformen nur, wenn wir die Bauern von Anfang an einbinden“, stellte die Ministerin fest.

Die Anhebung des Grundwasserstands auf entwässerten Moorböden und die weitere landwirtschaftliche Nutzung der Flächen sei eine komplexe Herausforderung, die nur mit einer großen gemeinsamen Anstrengung gelingen könne. Die Forschung müsse hier noch viele Antworten für die praktische und wirtschaftliche Umsetzung liefern. „Mit dem Moorbauernprogramm werden wir unseren Landwirten ab 2023 unsere tatkräftige Unterstützung anbieten. Unser Ziel ist es, mit diesem freiwilligen Angebot bis zum Jahr 2030 auf 20.000 Hektar moorverträgliche Bewirtschaftungsformen zu etablieren“, so Kaniber.

DK

 

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