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(GZ-6-2022)
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► Bayerische Sparkassen:

 

Stabil und solide trotz schwierigem Umfeld

Zufriedenstellend verlief für die bayerischen Sparkassen das vergangene Jahr. Ihr Geschäftsmodell hat sich nach Auffassung des Präsidenten des Sparkassenverbands Bayern, Prof. Dr. Ulrich Reuter, auch 2021 trotz eines schwierigen und teilweise nervösen Umfelds wieder bewährt. Es sei aktueller denn je, denn gerade in angespannten Zeiten wie der Corona-Pandemie seien viele auf regionale Strukturen und Partnerschaften zurückgeworfen. „Wir sind auch in der Krise da!“, unterstrich Reuter auf der Jahrespressekonferenz in München.

Erneut auf Rekordniveau bewegte sich laut Reuter im vergangenen Jahr die Kreditnachfrage, der Einlagenzustrom war dagegen geringer als im Jahr zuvor. Ein massiver Passivüberhang von fast 35 Mrd. Euro, den die Sparkassen größtenteils zu einer negativen oder niedrigen Verzinsung im Markt investieren müssen, bleibt allerdings trotzdem. Die größte Kundengruppe der bayerischen Sparkassen bilden insgesamt 7,5 Mio. Privatkunden: Sie stehen für 26,2 % des Kreditvolumens und 77,4 % aller Einlagen (private Einlagen: 150,6 Mrd. Euro).

Gewachsenes Kreditvolumen

Das Kreditvolumen der bayerischen Sparkassen lag 2021 bei 159,9 Mrd. Euro, nachdem im Vorjahr erstmals die Marke von 150 Mrd. Euro überschritten worden war. Mit +6,2 % ist dies die höchste Wachstumsrate der vergangenen 15 Jahre. Weiterhin die größte Kundengruppe im Kreditgeschäft der bayerischen Sparkassen sind Unternehmen und Selbstständige, stehen sie doch für 54 % aller vergebenen Kredite. Gleichzeitig halten sie knapp 15 % der Einlagen bei den Sparkassen. Die tiefe Verwurzelung im mittelständischen Firmen- und Gewerbekundensegment nimmt Reuter zufolge immer noch zu, Handwerk und Selbstständige sehen ihre lokalen Sparkassen als erste Ansprechpartner in Finanzierungsfragen.

Ausweiten konnten die Sparkassen auch ihren Bestand an Unternehmenskrediten: um 5,8 % auf 85,9 Mrd. Euro. Auf Rekordniveau blieb das Kreditneugeschäft: Im Jahr 2021 wurden neue Darlehen in Höhe von 19,6 Mrd. Euro an Unternehmen und Selbstständige zugesagt. Das sind fast genauso viele wie im Corona-Jahr 2020, als die Darlehenszusagen um 18,2 % gestiegen waren. Auch die Darlehensauszahlungen an Unternehmen bleiben auf dem hohen Vorjahresniveau, sie betrugen erneut knapp 18 Mrd. Euro (-0,4 %).

Im Rahmen der Corona-Hilfe vermittelten die bayerischen Sparkassen von Mitte März 2020 bis zum Jahresende 2021 2,9 Mrd. Euro an Förderdarlehen. Insgesamt waren dies fast 14.000 bewilligte Anträge bei KfW, LfA und der Landwirtschaftlichen Rentenbank. 2021 hat sich das Tempo verringert, mit den Erleichterungen zur Jahresmitte ist auch das Antragsvolumen gesunken (rund 4.000 Anträge mit einer Fördersumme von knapp 800.000 Euro). Wie der Verbandspräsident betonte, „haben die bayerischen Sparkassen ihre Aufgabe in der Pandemie auch 2021 geräuschlos erledigt und die regionale Wirtschaft wirkungsvoll unterstützt. Hier hat sich das Hausbankprinzip erneut bewährt, Kreditentscheidungen konnten aufgrund der vielen bereits langwährenden vertrauensvollen Geschäftsbeziehungen schnell und ruhig getroffen werden.“

Abgeschwächt fortgesetzt hat sich im zweiten Pandemiejahr das Einlagenwachstum. Die Einlagen der bayerischen Sparkassen stiegen auf 194,5 Mrd. Euro, das Wachstum war mit +3,7 % zwar nur etwa halb so hoch wie im ersten Corona-Jahr 2020, dennoch bleibt ein deutlicher Einlagenüberhang. Die bayerischen Sparkassen sehen mit gemischten Gefühlen auf den hohen Überschuss – hohe Einlagen empfinden sie als Vertrauensbeweis der Kunden, doch ist er für sie in Negativzins-Zeiten mit Ertragsbelastung verbunden.

91 % der 2021 ausgereichten Kredite der Sparkassen an Privatpersonen waren Immobilienkredite (60,5 Mrd. Euro). Der Bestand nahm um 7,7 % zu, das ist die höchste Wachstumsrate seit 17 Jahren und macht 2021 zum erneuten Rekordjahr. 2021 konnte auch das Neugeschäft wieder gesteigert werden, allerdings nicht mehr so stark wie in den beiden Vorjahren: Die Zusagen für Wohnungsbaukredite an Privatpersonen wuchsen um 8,6 % auf 13,7 Mrd. Euro nach fast doppelt so hohen Wachstumsraten in den vorhergehenden beiden Jahren.

Zwei Drittel aller Immobilienkredite der Sparkassen laufen auf private Kreditnehmer. Der Immobilienmarkt verengt sich jedoch vor allem in Ballungsgebieten zusehends. Daher konnte auch die Sparkassen-Immobilien-Vermittlungsgesellschaft 2021 nur noch 7.691 (2020: 9.397) Objekte an Sparkassen-Kunden vermitteln. Eine gute Entwicklung verzeichneten die bayerischen Sparkassen im Bauspargeschäft, vermittelten sie doch 64.940 Bausparverträge bzw. eine Bausparsumme von 4,4 Mrd. Euro.

Wertpapiergeschäft

Fortgesetzt hat sich 2021 das Wachstum des Wertpapiergeschäfts: Der Umsatz stieg um 20,3 % auf 28,8 Mrd. Euro, diesmal wieder in erster Linie getragen durch den Handel mit festverzinslichen Wertpapieren und Investmentfonds. Im Jahr zuvor waren es Aktien und Optionsscheine gewesen, die für einen Spitzenwert im Wertpapierumsatz gesorgt hatten. Der Nettoabsatz im Gesamtjahr 2021 stieg um 49,2 %. Auch die Zahl der Wertpapierdepots, die bei den Sparkassen geführt werden, nahm zu: um 4,1 % auf 1,27 Mio. Der Kurswert je Sparkassen-Kundendepot stieg um 23,5 % auf rund 124.000 Euro.

Kunden, die ihre Wertpapier-Anlage nicht selbst strukturieren wollen, greifen auf die Beratung bei ihrer Sparkasse zurück oder nehmen Investmentfonds in ihr Depot. Diese Käufe haben 2021 sehr deutlich zugenommen: Sie stiegen um +46,6 % auf 8,2 Mrd. Euro (2020: +16,2 %, 2019: +11,3 %), der größte Teil davon waren Investmentfonds des Verbundpartners Deka.

Insgesamt legten die Kunden der bayerischen Sparkassen 13,2 Mrd. Euro neu auf ihren Konten, Depots, in Bausparverträgen und Lebensversicherungen an. 8,8 Mrd. Euro davon liegen bei privaten Kunden. Der Lockdown-bedingte Rekordwert von 2020 wurde damit nicht wieder erreicht (-4 Mrd. Euro), da der Zuflussdruck bei den Einlagen abgenommen hat, obwohl die Sparquote voraussichtlich auch für 2021 mit ca. 15 % ausgewiesen wird.

„Je mehr Lockerungen in Handel, Gastronomie und Tourismuswirtschaft umgesetzt werden, desto stärker wird sich die große Liquidität wieder anders verteilen und zur Erholung der Wirtschaft beitragen“, erwartet Reuter, warnte aber auch eindringlich vor den Folgen einer fortgesetzt steigenden Inflationsrate für das mühevoll angesparte Geldvermögen:

„Wir sehen jetzt einen Preisauftrieb in Kombination mit Niedrigst- bis Negativzinsen. Folglich verlieren Ersparnisse in Geldvermögen zusehends an Wert. Diese kontinuierliche Entreicherung trifft besonders die Mittelschicht und damit unsere Kunden. Die Gefahr ist jetzt groß und es wird höchste Zeit, dass die EZB bald die Zinswende einleitet, wenn sie nicht zu spät kommen will.“

Im Negativzinsumfeld sank der Zinsüberschuss um 1,6 % auf 3.105,2 Mio. Euro. Der bereits seit zehn Jahren anhaltende Negativtrend hat sich 2021 allerdings erstmals verlangsamt.

Im vergangenen Jahr erzielten die bayerischen Sparkassen ein Betriebsergebnis vor Bewertung von rund 1.668,8 Mio. Euro. Damit liegt es um 3,6 % bzw. 59 Mio. Euro über dem Vorjahresergebnis. Maßgeblich für diese Entwicklung war, dass die Erosion des Zinsüberschusses in 2021 verlangsamt werden konnte (2021: -50,8 Mio. Euro; -1,6 %. 2020: -3,1 %) und gleichzeitig mit einer deutlichen Steigerung der Provisionsüberschüsse (+102,2 Mio. Euro; +7,1 %) kompensiert werden konnte. Entsprechend hat sich auch die Cost-Income-Ratio der bayerischen Sparkassen von 65,5 % in 2020 auf 64,7 % in 2021 leicht verbessert, die Sparkassen werden effizienter.

Ihr operatives Ergebnis sinkt bereits seit Beginn der Niedrigzinsphase vor zehn Jahren. Inzwischen deckt der Zinsüberschuss bei den meisten Sparkassen gerade den Verwaltungsaufwand, bei etwa der Hälfte der Institute liegt er bereits darunter. Reuter zufolge „kann von Entwarnung also keine Rede sein, auch wenn sich der Negativtrend zuletzt abgeschwächt hat. Es wird weiterhin notwendig sein, alle Register der Effizienzsteigerung, Kostenoptimierung und Geschäftsintensivierung zu ziehen, um das Betriebsergebnis solide zu stabilisieren.“

Höheres Betriebsergebnis

Nach Abzug der Risikovorsorge im Kreditbereich und Korrekturen im Wertpapierbereich wird für 2021 voraussichtlich ein leicht besseres Betriebsergebnis nach Bewertung als 2020 stehen (2020: 857,3 Mio. Euro). Nach den noch vorläufigen Berechnungen wird nach Steuern am Ende auch der Jahresüberschuss leicht über der Summe von 2020 liegen (2020: 290,3 Mio. Euro, 2019: 379,2 Mio. Euro).

Auch im laufenden Jahr 2022 erwarten die bayerischen Sparkassen ein solides Wachstum im Kredit- und im Wertpapiergeschäft mit weiteren positiven Effekten auf die Ertragslage durch weitere Effizienzsteigerungen, gutes Provisionsgeschäft, Maßnahmen zur Begrenzung des Zinsaufwands und in Teilen auch durch die Zunahme zinsunabhängiger Erträge.

Reuter aber warnte: „Am Ende des Tages entscheidet die geldpolitische Ausrichtung der EZB. Faktisch hat inzwischen die Zinswende auf den Renten- und Anleihemärkten schon begonnen, die Preise für Immobilienkredite kommen in Bewegung, die Inflationsrate steigt. Jetzt muss auch die EZB mitziehen.“ Bei allen anstehenden Diskussionen um den weiteren Weg bleibe aber unumstößlich, dass im Mittelpunkt aller Anstrengungen der Sparkassen nicht politische Fragen, sondern immer ihre Kunden und deren Wünsche stehen, hob der SVB-Präsident hervor.

Roland Schmautz, Vizepräsident des Sparkassenverbands Bayern, hieb in dieselbe Kerbe: „Wir stehen für digitale wie für analoge Teilhabe – die bayerischen Sparkassen wollen Partner für jeden und jede sein.“ Auch im zweiten Jahr zeige sich die Corona-Pandemie als kontinuierlicher Beschleuniger für nahezu alle Entwicklungstrends der Sparkassen.

Nach Schmautz‘ Angaben spielen die bayerischen Sparkassen eine dauerhafte Rolle als Unternehmer und Steuerzahler in ihren Geschäftsgebieten. Mit knapp 35.000 Beschäftigten zählten sie zu den vier größten Arbeitgebern in Bayern. Als regionale Steuerzahler führten sie gewinnabhängige Steuern ab, darunter mehr als eine halbe Million Euro an Gewerbesteuern pro Tag, die die bayerischen Kommunen stärken.

Förderer der Gesellschaft

Als Kreditinstitute mit einem öffentlichen Auftrag spielen die Sparkassen auch eine besondere Rolle als nachhaltige Förderer der Gesellschaft im Freistaat: Neben Sponsoring und Spenden haben die 64 bayerischen Sparkassen und der Sparkassenverband 2021 insgesamt 115 Stiftungen unterhalten, mit denen sie soziale Zwecke, Umwelt, Kultur und Sport in ihren Geschäftsgebieten fördern. Insgesamt haben die Sparkassen 2021 41 Mio. Euro für gemeinnützige Zwecke und Einrichtungen bereitgestellt. Gewichtig ist aber auch ihre Rolle als Finanzierer beim ökologischen Umbau der bayerischen Wirtschaft.

Nach wie vor pflegen die 64 bayerischen Sparkassen ein dichtes Netz von insgesamt 2.494 Geschäftsstellen (2020: 2.626), darunter 14 gemeinsame Geschäftsstellen mit Genossenschaftsbanken und 623 Selbstbedienungs-Geschäftsstellen (2020: 617). Damit steht in über 90 % der bayerischen Gemeinden eine Sparkassen-Geschäftsstelle. Dazu kommen 3.406 Geldautomaten (2020: 3.542), die auch Nicht-Kunden offenstehen. Damit bleiben die Sparkassen in der Fläche nachhaltig stark präsent und sind auch für Bevölkerungsgruppen erreichbar, die die vielfältigen digitalen Angebote und Zugangswege der Sparkassen aus unterschiedlichen Gründen nicht nutzen können. Wie der Vizepräsident erläuterte, „erreichen 90 % der Menschen in Süddeutschland die nächste Sparkasse in weniger als zehn Minuten. Dort, wo die Versorgungs-Infrastruktur für die Menschen ist, gehört immer auch die Sparkasse dazu.“

Bereits heute, vor allem aber perspektivisch, spielen Filialen und das persönliche Gespräch die wichtigste Rolle nicht im Tagesgeschäft, sondern vor allem dann, wenn es um langfristige oder komplexe finanzielle Entscheidungen geht, die eine spezialisierte Beratung erfordern. Die bayerischen Sparkassen unterhalten dazu nicht nur größere Geschäftsstellen mit Spezialisten, sondern auch über 350 spezielle Beratungscenter wie Private Banking-Center, S-Firmen- und Gewerbekundenzentren, S-Immobilienzentren und S-Vermögensmanagement-Zentren. Schmautz bekräftigte den steigenden Bedarf nach solchen Kompetenz-Centern. Daneben haben die bayerischen Sparkassen auch 2021 weiter in Kundenservice-Center für direkte Kundenkontakte per Telefon, Chat oder Video sowie in Digitale Beratungscenter investiert.

Für immer mehr Sparkassenkunden in Bayern ist das Online-Banking zu einer komfortablen Normalität geworden, die es Kunden erlaubt, ihre Finanzgeschäfte bequem und sicher online zu erledigen. Die Internet-Filiale ist inzwischen die größte Geschäftsstelle der Sparkassen. Eine steigende Anzahl von Kunden nutzt inzwischen auch aktiv die Sparkassen-App, mit der sie ihre Bankgeschäfte komfortabel mobil erledigen können. Die App wurde Anfang Januar 2022 von der Stiftung Warentest erneut als Testsiegerin ausgezeichnet.

Wie der Verbands-Vize darlegte, diskutierten inzwischen auch Zentralbanken weltweit über die mögliche Einführung von digitalem Geld. Auch im Euro-System laufe die intensive Prüfung, wo und wie ein digitaler Euro sinnvoll eingesetzt werden kann. Schmautz stellte heraus, wie wichtig es ist, sich spätestens jetzt intensiv mit den zugrundliegenden Technologieansätzen und Einsatzmöglichkeiten zu befassen: „Die Zukunft kann auch im Zahlungsverkehr komplett anders aussehen, als wir es bisher gewohnt sind und zwar ganz unabhängig von sogenannten Kryptowährungen. Darum müssen wir verstehen, welche Optionen sich hier eröffnen, wenn wir in Europa mit der Entwicklung Schritt halten oder uns sogar mit an die Spitze setzen wollen.“

Digitale Services und persönliche Nähe

Ein digitaler Euro würde letztlich den Übergang der europäischen Wirtschaft in das digitale Zeitalter unterstützen und Innovationen im Massenzahlungsverkehr aktiv vorantreiben. Das Potenzial für den Finanzsektor, die Versicherungswirtschaft, die Energiewirtschaft und weitere Branchen, sei immens. „Hier kommen ganz neue Rollen auf uns zu“, unterstrich Schmautz. Mit der digitalen Transformation werden sich aus seiner Sicht das Geldwesen und das Banking noch rascher verändern. Die bayerischen Sparkassen seien hier aber gut dabei – „auf einem Weg, der auch weiterhin zeitgemäße digitale Services mit der gewohnten persönlichen Nähe verbindet“.

DK

 

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