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(GZ-5-2022)
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► Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Solar-Initiativen:

 

Energiewende im Landkreis Freising

„Ziel: Klimaneutralität – Wir haben‘s in der Hand“: Unter diesem Motto stand die Online- Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Solar-Initiativen (ABSI) in Verbindung mit dem 3. Rosenheimer Klimafrühling. Auf der Agenda der zweitägigen Konferenz standen unter anderem die Themenblöcke „Klimaveränderungen/Status Quo der Energiewende“ und „Nachhaltige Energieerzeugung in Quartieren und Kommunen/Klimaneutralität“. Parallel dazu lieferten Sessions einen „Handwerkskasten zur Umsetzung der Energiewende“.

Mit der Frage, wie viele Windenergie- und Photovoltaik-Anlagen im Landkreis Freising für eine vollständige Energiewende benötigt werden, befasste sich der Vorstand der Bürger Energie Genossenschaft Freisinger Land, Andreas Henze. Laut Energiewendebeschluss des Landkreises soll dort bis 2035 alle Energie aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden. Dieser Zeitpunkt entspricht den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf höchstens 1,5 °C zu begrenzen.

Laut Henze kommen grundsätzlich alle wissenschaftlichen Studien einhellig zu dem Ergebnis, dass Strom die Schlüsselenergie wird. „Wir werden etwa zwei- bis dreimal so viel Strom brauchen wie bisher.“ Der Ausbau der Erneuerbaren Energien werde hauptsächlich durch Solar- und Windenergie erfolgen. Nur auf diese Weise könne signifikant mehr Strom erzeugt werden als heute.

Für Bayern ergibt sich derzeit ein optimales Verhältnis von ca. 55 % Wind und 45 % Sonne, also rund 20 % mehr Windstrom als Solarstrom im Strommix, um den Speicherbedarf und damit die volkswirtschaftlichen Kosten zu minimieren. Wasserkraft und Biomasse können einen Teil der tages- und jahreszeitlichen Schwankungen ausgleichen und reduzieren den Speicherbedarf.

Überträgt man den erwarteten bundesweiten Anstieg des Strombedarfes auf den Landkreis Freising unter der Annahme, dass der Landkreis weder zum Netto-Stromimporteur aus Nachbarlandkreisen oder dem Ausland, noch zum Netto-Stromexporteur zur Strombedarfsdeckung der Metropolregion München wird, so erhöht sich laut Henze der Strombedarf von rund 824 Mio. kWh des Basisjahres 2019 auf das ca. Zwei- bis Dreifache auf dann 1.648 Mio. kWh bis zu 2.475 Mio. kWh, um die Energiewende zu erreichen. Darin enthalten sind alle Strommengen, die zur Sektorkopplung und damit zur Dekarboniserung in den Bereichen Mobilität, Wärme und der Grundstoffprozesse (Chemie, Stahl, Zement etc.) benötigt werden.

Photovoltaik mit größtem Zuwachs

Etwa zur Halbzeit zwischen dem Energiewendebeschluss des Landkreises 2007 und dem Zieljahr 2035 konnten die EE ihre Stromerzeugung von 2008 auf 2020 um 165 Mio. kWh auf 610 Mio. kWh ausbauen. Den größten Zuwachs seit 2008 verzeichnet mit Abstand die Photovoltaik mit einem Plus von 166 Mio. kWh. Die 2013 und 2015 errichteten Windenergieanlagen (WEA) erzeugen im Mittel rund 11 Mio. kWh. Zwei moderne WEA könnten an den gleichen Standorten sogar ca. 30 Mio. kWh erzeugen.

Die EE-Lücke zwischen EE-Erzeugung (610 Mio. kWh) und dem für die Energiewende prognostizierten Strombedarf von 1.650 Mio. bis 2.500 Mio. kWh beträgt damit rund 1.000 Mio. bis 1.900 Mio. kWh. Da aber nur Sonne und Wind (2020 in Summe 197 Mio. kWh) das entsprechende Potenzial haben, müssen sie in den nächsten 14 Jahren sechs- bis elfmal so viel Strom erzeugen. Insgesamt wurden zur Halbzeit des Energiewendebeschlusses knapp 20 % der Energiewende im Landkreis geschafft.

Wie Henze darlegte, sei Windenergie im Landkreis Freising gut nutzbar. Die WEA in Kammerberg als Referenzanlage liefere z.B. seit 2016 im Mittel 12,3 % mehr Strom als prognostiziert. Gleichzeitig könne die Windenergie aber wegen des Flughafens und der Radaranlage Haindlfing in großen Teilen ohne Änderungen der Abstands- und Höhenbeschränkungen heute nicht genutzt werden. Folglich müssten alle nicht durch Windenergieanlagen erzeugbaren Strommengen dann durch zusätzliche Photovoltaikanlagen auf Dächern und Freiflächen erzeugt werden.

Je nachdem, ob die Energiewende 200 % oder 250 % des heutigen Stromverbrauchs benötigt, werden Studien zufolge zwischen 21 und 43 zusätzliche Windräder im Landkreis gebraucht. Je nach Szenario bedarf es zwischen 154 ha und 727 ha PV-Freiflächenanlagen (PV-FFA). Auszugehen ist also von einem mittleren Flächenbedarf für PV-FFA von ca. 400 bis 500 ha.

Henze zufolge liegen 61 % der an Autobahn und Schienenwegen liegenden technischen Potenzialflächen in Landschaftsschutzgebieten. Die derzeit nutzbare Fläche reiche zum Erreichen des Energiewendezielesnicht aus, um die benötigten Photovoltaik-Freiflächenanlagen bauen zu können. Deshalb wird den Kommunen empfohlen, mögliche Standorte für Windräder und PV-FFA systematisch zu identifizieren und im Flächennutzungsplan als Sondergebiete auszuweisen.

DK

 

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