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(GZ-1/2-2022)
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► VKU, BDE und BDEW:

 

Positionierungen zum „Fit für 55“-Paket

Mit ihrem „Fit für 55“-Paket will die EU-Kommission die Energie- und Klimapolitik auf die neuen EU-Klimaschutzziele ausrichten. Konkret ist vorgesehen, den Treibhausgasausstoß im Vergleich zu 1990 bis 2030 um 55 Prozent zu verringern und bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Die Vorschläge sind auch für kommunale Unternehmen von richtungsweisender Relevanz. VKU, BDE und BDEW haben sich nun zu allen relevanten Gesetzgebungsvorschlägen positioniert und Kernbotschaften an die Entscheidungsträger übermittelt.

Peter Kurth. Bild BDE
Peter Kurth. Bild BDE

Der VKU hat den Prozess von Anfang an eng begleitet und sich aktiv in den Konsultationsprozess eingebracht. Unter anderem wurde ein Papier mit folgenden zentralen Forderungen erarbeitet: Es muss sichergestellt werden, dass ein realistisches, marktgerechtes und EU-weit integriertes CO2-Preissystem entsteht. Technologieoffenheit und Flexibilität müssen bei der Auswahl der effizientesten Erzeugungs- und Versorgungsoptionen sichergestellt werden.

Kommunale Unternehmen sind sich ihrer Vorbildfunktion bei Energieeffizienz bewusst. Im Wettbewerb mit privaten Dritten dürfen sie nicht schlechter gestellt werden. Auch müssen auf Quartiersebene ganzheitliche Ansätze zur CO2-Einsparung realisiert und der Fokus auf Einzelgebäude aufgehoben werden. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist zentral, weshalb Planungs- und Genehmigungsprozesse verschlankt und beschleunigt werden müssen. Zugleich sollte jede anderweitig nachhaltig und treibhausgasneutral erzeugte Energie angerechnet und mit erneuerbaren Energien gleichgestellt werden.

Das europäische Wettbewerbs- und Beihilferecht muss eine zeitlich befristete Abwägung zugunsten des Klimaschutzes zulassen, um zügig Investitionen in saubere sowie energieeffiziente Technologien tätigen zu können, die zu einer schnelleren CO2-Einsparung führen.

Der Green Deal benötigt einen kohärenten Rechtsrahmen, in dem die energie-, klima- und umweltpolitischen Instrumente miteinander im Einklang stehen. Der BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser und Rohstoffwirtschaft sieht im EU- Klimaschutzpaket „Fit für 55“ eine ambitionierte Agenda, für deren erfolgreiche Umsetzung alle Akteure ihren Beitrag leisten müssen. Dabei werde die Kreislaufwirtschaft eine entscheidende Rolle spielen.

Für Präsident Peter Kurth ist die Annahme der Stellungnahmen des Bundesrates zum EU-Klimaschutzpaket „ein folgerichtiger Schritt im Einsatz für mehr Klimaschutz in Deutschland“. Dieses Votum der Länderkammer ergänze die Vorhaben der neuen Bundesregierung, die Treibhausgasreduzierungen zu beschleunigen und eine Klimaneutralität fünf Jahre früher, also schon 2045, zu erreichen.

In Europa und Deutschland, in Bund und Ländern, stünden die Zeichen auf ambitionierten Klimaschutz. In der praktischen Umsetzung müsse die Kreislaufwirtschaft eine tragende Säule sein, um ihre positiven Effekte für den Klimaschutz voll zur Entfaltung zu bringen. Die entsprechenden Absichten im Koalitionsvertrag seien vielversprechend. „Jetzt wird es darauf ankommen, dass Bund und Länder Projekte der Kreislaufwirtschaft mit klugen politischen Rahmenbedingungen nachhaltig unterstützen. Denn es ist klar: Umfassender Klimaschutz ist ohne eine funktionierende Kreislaufwirtschaft nicht denkbar“, so Kurth.

Konkrete Maßnahmen und Instrumente

Auch der BDEW begrüßt, dass die Kommission mit dem „Fit für 55“-Paket nun konkrete Maßnahmen und Instrumente vorgelegt hat. Sowohl die Zielrichtung als auch die Gesamtarchitektur des Pakets seien unterstützenswert und gingen in die richtige Richtung. Dies betreffe unter anderem die ambitionierte Fortschreibung des bestehenden EU-Emissionshandels (EHS), ausgerichtet an den neuen EU-Klimazielen, und den Vorschlag für die Schaffung eines separaten EHS für Inverkehrbringer von Brennstoffen in den Bereichen Gebäude und Straßenverkehr, aber auch die Anhebung des Ambitionsniveaus in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II), um den Ausbau der Erneuerbaren Energien in ganz Europa mit der erforderlichen Geschwindigkeit voranzutreiben.

Auch die Umstellung auf einen leistungsbezogenen Ansatz für die Zielvorgaben zum Ausbau der Ladeinfrastruktur, basierend auf der tatsächlichen Anzahl neu registrierter E-Fahrzeuge, wird positiv bewertet. In einzelnen Aspekten gibt es nach Auffassung des BDEW freilich noch Verbesserungsbedarf. Von dem grundsätzlich positiven Bild des „Fit für 55“-Pakets hebt sich nach Ansicht des BDEW der Vorschlag zur Neufassung der Energieeffizienz-Richtlinie (EED) ab:

Die Verschärfung der Definitionen für energieeffiziente Fernwärmesysteme und hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) gefährde den zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor erforderlichen Ausbau der Fernwärmeversorgung sowie deren Dekarbonisierung. Aufgrund langer Projektrealisierungszeiträume seien sie innerhalb des von der Kommission vorgesehenen Zeitrahmens nicht zu erreichen.

Zudem dürfe das „energy efficiency first“-Prinzip nicht dazu führen, dass andere energiepolitische Ziele wie Versorgungs- und Systemsicherheit, Bezahlbarkeit und die Integration Erneuerbarer Energien in die Energiesysteme in den Hintergrund treten. So gefährde das Vorhaben, die Verringerung der Netzverluste zum treibenden Kriterium für Netzplanung, -ausbau und -betrieb zu machen, die Vertiefung des Energiebinnenmarkts und damit die Erreichung der Klimaziele.

Klimafreundliche Projekte nicht entwerten

Darüber hinaus dürften bereits von der Energiewirtschaft umgesetzte klimafreundliche Projekte im Sinne der Energiewende durch das „Fit für 55“- Paket nicht entwertet werden. Dies betreffe unter anderem Elektrolyse-Projekte, basierend auf der Nutzung von Erneuerbare-Energien-Bestandsanlagen, Biogasanlagen oder die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität.

Der Hochlauf neuer und der Umbau bestehender Technologien müssten erleichtert und nicht durch zusätzliche bürokratische Hürden erschwert werden. Hierzu sei eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren dringend notwendig. Zudem dürften die Kriterien für erneuerbaren Wasserstoff den Hochlauf einer europäischen Wasserstoffwirtschaft nicht ausbremsen, bevor er überhaupt Fahrt aufnehmen kann.

Die Taxonomie-Verordnung und die EU-Beihilfevorschriften müssen laut BDEW Investitionen in die Energiewende ermöglichen und, wenn notwendig, angemessen unterstützen. Dazu zählen auch gasbasierte Energieerzeugungsanlagen und die entsprechende Infrastruktur, in der Übergangszeit auf Basis von Erdgas sowie auf dem Weg zur Klimaneutralität zunehmend unter Einbindung dekarbonisierter und erneuerbarer Gase.

Freiwillige Zusatzbeiträge der Mitgliedstaaten, wie beispielsweise das nationale Emissionshandelssystem Deutschlands für Gebäude und Verkehr, sollten in das „Fit für 55“- Paket integriert werden, ohne dass damit Nachteile für die jeweiligen Mitgliedstaaten entstehen.

In Brüssel haben der Ministerrat und das Europäische Parlament mit der Erarbeitung ihrer jeweiligen Standpunkte zu den Kommissionsvorschlägen begonnen. Es ist davon auszugehen, dass dieser Prozess noch einige Monate in Anspruch nehmen wird, bevor die Kompromissverhandlungen beginnen können. Nach derzeitigem Stand ist damit nicht vor Mitte 2022 zu rechnen. Auch die Kompromissverhandlungen können einige Monate, voraussichtlich bis 2023, andauern.

DK

 

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