Fachthemazurück

(GZ-21-2021)
gz fachthema

► Staatsminister Thorsten Glauber StMUV:

 

Wasserkraft und Ökologie - Die Zukunft braucht beides!

Legt man alte und aktuelle Landkarten nebeneinander, sticht der Unterschied sofort ins Auge: Wir haben unsere Gewässer in den letzten Jahrhunderten stark verändert. Wir haben Flüsse ausgebaut, Auwälder trockengelegt, Bäche begradigt und Wasserkraftwerke errichtet.

Thorsten Glauber. Bild: ©STMUV
Thorsten Glauber. Bild: ©STMUV

Der Nobelpreisträger Paul Crutzen nennt unsere Epoche daher „Anthropozän“, das Zeitalter, in dem der Mensch den maßgeblichen ökologischen Faktor darstellt. Das bringt einerseits Vorteile für uns: Wir profitieren von schiffbaren Flüssen, von Feldern, die nicht überschwemmt werden, von regenerativem Strom aus Wasserkraft. Diese Eingriffe und Veränderungen mehrten zunächst Sicherheit und Wohlstand. Oft hat unser Handeln aber auch eine Kehrseite: zugebaute Überschwemmungsflächen haben das Schadenspotenzial bei Hochwasser enorm gesteigert, Querbauten beeinträchtigen Fische, weil sie Flüsse und Bäche nicht mehr hindernisfrei durchschwimmen können.

Und so stoßen wir bei der Wasserkraft – wie so oft im Umweltbereich – auf konkurrierende Ziele: Wir wollen einerseits den Klimawandel bremsen. Dafür brauchen wir die Wasserkraft als nahezu CO2-neutrale und heimische Energiequelle! Andererseits wollen wir unsere Gewässer als wertvolle und komplexe ökologische Systeme erhalten. In diesem Zielkonflikt gilt es, klug und weitsichtig abzuwägen!

Modernisierung der Wasserkraftanlage Jettenbach-Töging als gutes Beispiel

Der Klimawandel ist das Thema unserer Zeit. Wenn wir das nicht schnell und nachhaltig in den Griff bekommen, dann brauchen wir uns um Fischdurchgängigkeit irgendwann keine Gedanken mehr zu machen! Daher ist meine oberste Priorität: Wir müssen den Klimawandel bremsen! Aber: Dorthin führen viele Wege. Wir dürfen dafür nicht eines unserer empfindlichsten, kostbarsten und rarsten Güter opfern: unsere natürlichen und naturnahen Gewässerstrecken. Ist eine Fischart verdrängt, kommt sie kaum mehr zurück, ist ein sensibles Ökosystem gestört, findet es vielleicht nie mehr ins Gleichgewicht! Der gute ökologische Zustand unserer Gewässer ist ein hohes Gut. Verschlechterungen müssen wir vermeiden – auch wenn es für einen guten Zweck wäre. Selbstverständlich wollen wir bestehende Wasserkraftwerke soweit wie möglich nutzen und große Werke ökologisch verträglich ausbauen.

Daher sage ich: Wasserkraftnutzung ja, aber immer im Einklang mit der Gewässerökologie! Lassen Sie uns nach Lösungen suchen, die beide Ziele erreichen. Ein gutes Beispiel ist die Modernisierung der Wasserkraftanlage Jettenbach-Töging: Hier konnte man die Leistung steigern und gleichzeitig wegweisende ökologische Konzepte umsetzen. Das ist zukunftsfest!

Umweltverträgliche Erweiterung der Wasserkraftnutzung

Wenn wir die Wasserkraft umweltverträglich nutzen wollen, gibt es zwei Leitplanken: die Europäische Wasserrahmenrichtlinie und die völkerrechtlichen Vereinbarungen zum Klima-, Gewässer- und Naturschutz. Damit ist der Weg der Wasserkraftnutzung in Bayern klar: Wir wollen vorhandene Anlagen und Wasserkraftstrukturen erhalten, wir wollen die kleinen Anlagen anpassen und wir wollen die großen Anlagen ökologisch optimieren und ausbauen – soweit das umweltverträglich und möglich ist.

Unser Vorgehen entspricht den Richtlinien des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes: Bestehende Wasserkraftanlagen erhalten. Auch für die umweltverträgliche Erweiterung der Wasserkraftnutzung hat der Bundesgesetzgeber im neugefassten Wasserhaushaltsgesetz eine gute Idee aufgenommen: Wenn es bereits Querbauwerke an Gewässern gibt, die langfristig nicht rückgebaut werden, so ist zu prüfen, ob dort zusätzlich eine Wasserkraftnutzung möglich ist. Damit wird das Ziel verfolgt, das Wasserkraftpotenzial für den Klimaschutz auszuschöpfen. Außer in Ausleitungsstrecken: Dort sollen auch künftig keine neuen Wasserkraftnutzungen mehr entstehen. Und Ausleitungsstrecken ohne festgesetztes Mindestwasser sollen rasch ein ausreichend bemessenes Mindestwasser erhalten.

Die Grundsätze zur umweltverträglichen Wasserkraftnutzung haben wir in der „Bayerischen Strategie zur Wasserkraft – 10-Punkte-Fahrplan für eine ökologische und naturverträgliche Wasserkraftnutzung“ festgehalten. Damit stellen wir die Wasserkraft für die Zukunft bestens auf. Und sie kann das sein, was sie für den Menschen als eine der ältesten Formen der Energiegewinnung seit Jahrhunderten ist: gute Einnahmequelle für die Kraftwerksbesitzer, zuverlässiger Energielieferant für die Gesellschaft und umweltfreundlicher Baustein für den Klimaschutz!

Thorsten Glauber - Bayerischer Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz

 

Dieser Artikel ist im Sonderdruck „Heimische Energie aus Wasserkraft“ erschienen, der am 05.11.2021 der Ausgabe 21/2021 der Bayerischen GemeindeZeitung beilag.

Der Sonderdruck kann hier komplett heruntergeladen werden.

 

Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?
Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!

GemeindeZeitung

Fachthema

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung