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(GZ-11-2021)
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► Sparkassen-Finanzgruppe:

 

Chefvolkswirte warnen vor drohenden Belastungen

 

Vor möglichen destabilisierenden Effekten der Bankenregulierung auf die Konjunktur warnen die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe. Sollten europäische und nationale Aufseher regulatorische Erleichterungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu früh zurücknehmen, drohten der Finanzbranche erhebliche Belastungen, die die wirtschaftliche Erholung unnötig bremsen würden, so die Ökonomen.

„Die Aufsicht darf, wenn die Konjunktur wieder anzieht, nicht zu früh das zuvor für die Kreditvergabe freigesetzte Eigenkapital wieder begrenzen. Damit würde sie letztlich die Wirtschaftsbelebung schwächen. Denn die Unternehmen brauchen Kapital für Investitionen. Sie müssen nicht nur aus der Krise herauskommen, sondern auch die Digitalisierung und die Transformation in Richtung nachhaltiger Wirtschaftsweisen vorantreiben“, betonte Dr. Reinhold Rickes, Leiter Volkswirtschaft beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV).

Als Hemmschuh für die Kreditvergabe könnte sich unter anderem eine übereilte Anhebung des antizyklischen Kapitalpuffers erweisen, der in der Corona-Pandemie abgesenkt worden war. Auch der Ende April 2021 erstmals aktivierte NPL-Backstop bei notleidenden Krediten droht die Möglichkeiten der Banken zur Kreditvergabe zur Unzeit zu beschränken. Nicht zuletzt würde die für 2023 vorgesehene Einführung von Basel IV, insbesondere durch den darin vorgesehenen Output-Floor, das Eigenkapital der Banken belasten und so den Aufschwung bremsen. Die Chefvolkswirte fordern daher besondere Wachsamkeit der Aufsicht und Regulierung.

Mit dem weiteren Anwachsen der weltweiten Schuldenberge nehmen auch die Gefahren für eine langfristig nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung zu. Dass in der Corona-Pandemie weltweit die Haushaltsdefizite und die Schuldenstände immer größer werden, ist dabei aus Expertensicht nur ein Teil des Problems. Die öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt hatte in vielen Ländern der Erde schon vor der Pandemie den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht.

Rickes zufolge ist die Covid-19-Pandemie nach der Finanzkrise bereits die zweite Krise in diesem Jahrhundert, die weltweit zu einem massiven Anstieg der öffentlichen Schuldenquoten geführt hat. Durch Notenbank-Interventionen und Niedrigzinsumfeld könnten viele Länder derzeit ihre Schuldenlast noch tragen. Doch wenn Konjunktur, Teuerung und Zins erst wieder anziehen, werde die notwendige Sanierung und Konsolidierung umso schmerzlicher.

Gebremstes Wirtschaftswachstum

Die Chancen, dass Staaten sich schnell durch kräftiges wirtschaftliches Wachstum ihrer Schulden entledigen können, halten die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe für gering: Die Wirtschaft in den Industrieländern dürfte zwar nach der Pandemie vorübergehend schneller wachsen, auf der anderen Seite bremsten aber die demografische Entwicklung mit vielerorts sinkender Zahl von Arbeitskräften, steigende, oft öffentlich getragene Gesundheits- und Rentenkosten und die zunehmende Fokussierung auf CO2-Reduktion das Wirtschaftswachstum. Bei der Aufnahme neuer Schulden gelte es daher heute mehr denn je, auf die wachstumsfördernde Wirkung ihres Verwendungszwecks zu achten.

Noch besorgniserregender als hierzulande sei die Situation in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Bis zum Beginn der Finanzkrise 2008 war es durch Programme des Internationalen Währungsfonds (IWF) und Entschuldungsinitiativen gelungen, die Staatsverschuldung dort deutlich zu reduzieren. Seit der Finanzkrise habe sich der Trend jedoch wieder umgekehrt und die Corona-Pandemie hat die problematische Entwicklung weiter beschleunigt.

DK

 

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