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(GZ-8-2021)
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► Bundesverband Geothermie:

 

Effizient gegen den Klimawandel

 

Der Bundesverband Geothermie hat ein Positionspapier zum aktuellen Stand der Forschung und dem Forschungsbedarf für die verschiedenen Anwendungsfelder veröffentlicht. Neben Tiefer und Oberflächennaher Geothermie wird auch der Stand zu Wärmeverteilernetzen, Energiespeichern im Untergrund sowie Umwelteinwirkungen, Nachhaltigkeit und Akzeptanz erläutert. Ziel ist es, den weiteren Ausbau der Geothermie durch bedarfsgerechte Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu fördern.

„Die Geothermie ist eine Schlüsseltechnologie für die Energie- und vor allem Wärmewende“, erklärt Prof. Dr. Horst Rüter, Sprecher des Fachausschuss Wissenschaft und Bildung des Bundesverbandes Geothermie. „Im Vergleich zu den anderen Erneuerbaren Energien ist die Geothermie jung. In den letzten Jahren gab es viele wichtige Projekte, welche die Geothermie weiter vorangebracht und als erfolgreiche Technologie etabliert haben. Um ihr Potenzial voll ausschöpfen zu können, besteht aber noch weiterer Forschungsbedarf.“

Tiefe Geothermie

Tiefengeothermische Anlagen nutzen die im Untergrund in etwa 1.500 m bis 5.000 m Tiefe vorhandene Wärme (Temperaturen über 60 °C) zur Bereitstellung von Wärme und/oder zur Erzeugung von Strom. Zusätzlich zeigt ein aktuelles Projekt in München auch die Möglichkeit der Kältebereitstellung durch die Tiefe Geothermie mittels Sorptionskältemaschinen auf.

In der Tiefen Geothermie wurden in den vergangenen 15 Jahren, nicht zuletzt durch öffentlich geförderte Forschung, wichtige Fortschritte erzielt, beispielsweise bei der Erkundung und der Reservoirerschließung, wodurch es heute möglich ist, an verschiedenen Standorten erfolgreich Nutzwärme bereitzustellen und/oder Strom zu erzeugen.

Neben der direkten lokalen Nutzung des Thermalwassers zu balneologischen Zwecken und zur Gebäudeheizung, die in Deutschland an mehr als 160 Standorten erfolgt, stellt die Belieferung von Fernwärmenetzen heute die vorrangige Nutzung tiefer geothermischer Reservoire dar. 24 Anlagen mit einer installierten thermischen Leistung von mehr als 400 MW stellten 2018 rund 1.500 GWh (5,4 PJ) Wärmeenergie bereit.

Die Wärmemenge der bestehenden Anlagen könnte bei einer besser angepassten Abnehmerstruktur doppelt so hoch sein. Durch Hochtemperatur-Wärmepumpen (z. B. extern beheizt durch Müllverbrennung) könnten auch leichter erschließbare flachere Horizonte hydrothermal genutzt werden.

Tiefengeothermische Anlagen im Süddeutschen Molassebecken haben bereits eine gewisse Marktreife erreicht, „so dass hier der Schwerpunkt auf projektbegleitende Maßnahmen zur Langzeitbeobachtung, Betriebsoptimierung und Kostenreduktion gelegt werden sollte“, heißt es in dem Bericht. Auf Basis des erreichten Stands der Technik bestehender Geothermieprojekte sollte ein Schwerpunkt die Entwicklung geothermischer Komponenten bilden.

Die bereits vorhandene Datenlage durch bestehende Geothermieprojekte liefere gute Voraussetzungen für weitere Forschungsarbeiten, zum Beispiel zum Wärmetransport im Reservoir mit Auswirkungen auf die Hydrochemie. Die Anreize durch das MAP hätten wesentlich zur Entwicklung beigetragen, und so seien das Marktanreizprogramm oder Nachfolgeprogramme eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung weiterer Projekte.

Forschungsbedarf besteht vor allem für die Entwicklung eines umfangreicheren Erkundungsprogramms, das geothermisches Potential in weiteren Gebieten bestimmen und nutzbar machen kann. Durch weitere Forschung im Bereich Energiebereitstellung und stoffliche Nutzung kann die Effizienz gesteigert werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Rohstoffgewinnung aus Thermalwasser. Hier gibt es weltweit bereits mehrere kommerzielle und wissenschaftliche Projekte zur Lithiumextraktion.

In der Oberflächennahen Geothermie sind die Kernthemen Kostenreduktion, Effizienzsteigerung, Erweiterung der Einsatzbereiche sowie der Grundwasserschutz. Oberflächennahe Erdwärme (erdgekoppelte Wärmepumpen) wird bereits heute in einer Vielzahl von Anlagen genutzt. Das große technische und geologische Potenzial dieses Verfahrens ist in Deutschland aber bei weitem noch nicht ausgeschöpft.

In Deutschland sind derzeit mehr als 400.000 oberflächennahe Erdwärmeanlagen mit einer Leistung von 4.400 MW installiert. Pro Jahr stellen sie rund 6.600 GWh Heizenergie bereit (Stand 2018).

Heute werden in Deutschland fast 20 % der Neubauten mit Erdwärme-Heizsystemen ausgestattet. Als Wärmequellen werden dabei meist Erdwärmesonden installiert. Der Rest verteilt sich auf andere Systeme (Grundwasseranlagen, Erdwärmekollektoren usw.). Vor allem im Bereich des Niedrig- und Passivhausbaus – und hier insbesondere bei der Klimatisierung (d. h. Heizung im Winter und Kühlung im Sommer) – ist diese Technologie technisch und wirtschaftlich bestens geeignet, z. B. auch in Kombination mit Solarthermie.

Oberflächennahe Geothermie

Auch im gewerblichen Wärmemarkt wird die Oberflächennahe Geothermie vermehrt eingesetzt, z. B. für die Klimatisierung von Bürohäusern und Einkaufszentren. Der Wärmeentzug kann zur Reduzierung der Untergrundtemperatur in städtischen Wärmeinseln beitragen.

Mangelhafte und ungenügende Qualität (d. h. handwerkliche Fehler) bei der Planung und Errichtung erdgekoppelter Wärmequellenanlagen haben die Technologie unnötig und ungerechtfertigt in Misskredit gebracht. Die Branche ist daher derzeit dabei, die notwendigen Qualitätsstandards weiterzuentwickeln und dafür zu sorgen, dass diese in der Praxis auch sicher umgesetzt werden.

Laut Dr. Erwin Knapek, Präsident des Bundesverbandes Geothermie, „befinden wir uns mitten in der Klimakrise und erleben jedes Jahr ihre immer stärkeren Auswirkungen. Jetzt besteht Handlungsbedarf.“

Mit den Erneuerbaren Energien habe man alle Werkzeuge in der Hand, die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Voraussetzung dafür sei aber eine effiziente und umfangreiche Nutzung. „Diese wird nur gewährleistet, wenn wir kontinuierlich an der Verbesserung der Technologien arbeiten und neue Nutzungsmöglichkeiten erschließen. Dafür brauchen wir eine bedarfsgerechte Forschung.“

DK

 

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