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(GZ-22-2020)
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► CO2-neutrale Zukunft:

 

Wege zur Klimaneutralität

Jahrespressekonferenz der Bayernwerk AG: Dezentrales Energiekonzept als Fixpunkt

 

„Wir machen die Gestaltung eines CO2-neutralen Energiesystems zum Fixpunkt unserer künftigen unternehmerischen Ausrichtung“, stellte Reimund Gotzel, Vorstandsvorsitzender des Bayernwerks, bei der Jahrespressekonferenz in Regensburg fest. Als Energieunternehmen stehe man schließlich nicht nur in der Verantwortung, wenn es um eine sichere Versorgung geht. „Die Menschen wünschten sich für morgen und für kommende Generationen eine möglichst CO2-neutrale Zukunft und sie nehmen uns in die Pflicht“, so Gotzel.

Die Bayernwerk-Vorstände Dr. Egon Leo Westphal, Reimund Gotzel (Vorsitzender) und Andreas Ladda (v.l.) vor der „Flower-Power“-Illustration, die das Energiesystem der Zukunft darstellt. Bild: Uwe Moosburger, altrofoto/Bayernwerk AG
Die Bayernwerk-Vorstände Dr. Egon Leo Westphal, Reimund Gotzel (Vorsitzender) und Andreas Ladda (v.l.) vor der „Flower-Power“-Illustration, die das Energiesystem der Zukunft darstellt. Bild: Uwe Moosburger, altrofoto/Bayernwerk AG

Demnächst wird die dreihunderttausendste PV-Anlage an das Energienetz des Bayernwerks angeschlossen. 70 Prozent Erneuerbare Energie fließen heute schon in den Leitungen des Energieunternehmens. Die Integration hunderttausender regenerativer Anlagen, die Entwicklung der dazu notwendigen technologischen Meilensteine und der Erhalt einer hohen Versorgungssicherheit sind Gotzel zufolge die wesentlichen Wegmarken auf dem bisherigen Kurs in die bayerische Energiezukunft. Doch sei dies nicht genug, weshalb das Bayernwerk seine strategische Positionierung als Gestalter der Energiezukunft in Bayern weiterentwickelt.

„Wir richten unsere Arbeit vollumfänglich an Nachhaltigkeit und ökologischer Verantwortung aus. Dafür soll das Bayernwerk der Zukunft stehen wie kein anderes bayerisches Energieunternehmen“, betonte der Vorstandschef. „Als Bayernwerk-Gruppe wollen wir selbst bis spätestens 2030 klimaneutral sein. Unsere 1.500 Fuhrparkfahrzeuge fahren bis 2025 rein elektrisch. Neue Gebäude müssen sich an höchsten ökologischen Standards messen lassen und bautechnologische Vorbildfunktion haben. Bestehende Standorte werden, wo möglich, mit Photovoltaik ausgestattet.“

„Energie aus der Nähe“ stelle für das Bayernwerk die Energieform dieses Jahrhunderts dar. Sein Engagement im Münchner Werksviertel sei mittlerweile eine Erfolgsstory. Das Werksviertel habe sich mit seinem urbanen Zukunftskonzept zu einem Ort des Denkens, Entwickelns und Umsetzens innovativer Lösungen für das Leben der Menschen entwickelt. Dazu zählten Werksviertel-App, Siedlerkarte und die spürbare Verbindung zwischen Tradition und Moderne. „Unsere Werkkraft entwickelt sich in diesem Zug mehr und mehr zu einem Innovations-Hub für technologische Entwicklungen rund um Strom, Wärme und Mobilität. Das Wissen, das wir uns dort aneignen, bringen wir in der Fläche Bayerns zum Einsatz“, erläuterte Gotzel.

Nachhaltige Quartierslösung

Seine Expertise bringt das Unternehmen auch in eine nachhaltige Quartierslösung ein, die südlich von Regensburg in Thalmassing geplant ist. Dort komme ein wahrer Technologie-Strauß zum Einsatz: Photovoltaik, Stromspeicher, Wärmepumpen, Elektrolyse, Brennstoffzelle, E-Mobilität. Während untertägige Schwankungen im Strombedarf über den Stromspeicher ausgeglichen werden, könne der überschüssige Strom in Wasserstoff umgewandelt und so saisonal gespeichert und genutzt werden, machte der Vorstand deutlich.

Laut Gotzel wird das Leben in derartigen Quartieren mit hohen energetischen Standards immer mehr zum städtischen „LifeStyle“. Aktuell befasse sich das Bayernwerk mit sieben Neuprojekten, zum Beispiel dem „Seetor“ in Nürnberg. Dort sollen rund 200 Wohneinheiten über ein modernes Energiekonzept versorgt werden.

Lokaler Strommarkt

Was der Stadt ihr Quartier ist, ist dem Land der lokale Strommarkt. Diese lokalen Märkte seien von der Idee getragen, örtliche Erzeugungskapazitäten aus dezentralen Anlagen zu bündeln und aus deren Erzeugung die Menschen vor Ort zu versorgen. Gotzel: „Wir bringen Verbraucher und Erzeuger zusammen. Für dieses Konzept konnten wir schon viele Kommunen begeistern. Bis zum Ziel einer möglichst hohen und auch physikalischen Energieselbständigkeit vor Ort sind technologische Entwicklungen und der Ausbau Erneuerbarer Energie – bestmöglich unter Bürgerbeteiligung - notwendig.

Zudem bedarf es im weiteren Entwicklungsprozess des Aufbaus von Speicherkapazitäten und der Integration von E-Mobilität.“ Der nächste lokale Strommarkt gehe in Kürze im niederbayerischen Viechtach an den Start.

„Wenn regenerative Erzeugung die Basis unseres Energiesystems sein soll, dann müssen wir die regenerativen Energiequellen auf dem Land bündeln und mit nahegelegenen städtischen Räumen optimal vernetzen“, erläuterte der technische Vorstand des Bayernwerks, Dr. Egon Westphal. Laut einer Studie des Bayernwerks leben im Jahr 2030 bilanziell über 60 Prozent der Bayern in Gebieten mit einem Erzeugungsüberschuss.

Im Lastzentrum – also in städtischen Regionen - wohnt und arbeitet vermehrt der Kunde, der nicht nur Strom bezieht, sondern diesen auch selbst erzeugt und mit seinen Ladestationen, Speichern und Wärmepumpen flexibel bereitstellen kann. Jetzt gelte es, die Strukturen zu vernetzen, so Westfal: zum einen physisch über das Energienetz, zum anderen digitalisiert über die Streuung der einzelnen Einheiten.

Bayern als energetische Blumenwiese

„Bayern wird in Zukunft zu einer energetischen Blumenwiese, in der sich Kunden je nach individuellen Bedürfnissen mit ihrer heimischen Energie versorgen können. Jede Stadt wird von den umliegenden Gebieten abhängig sein, wie ein Blütenkelch von seinen Blütenblättern. Aus dem Bild heraus haben wir dieses Konzept auch ‚Flower-Power‘ getauft“, hob der Technikvorstand hervor.

Die Vorteile des Konzepts seien gravierend: Die Erhöhung des lokalen Nutzungsgrades Erneuerbarer Energie und kürzere Verteilstrecken führten zu einer Verbesserung der CO2-Bilanz. Auch würden zusätzlicher regionaler und überregionaler Netzausbau reduziert und das Übertragungsnetz durch Reduzierung überregionaler Leistungsflüsse entlastet.

Die Versorgungssicherheit werde verbessert und Stromimporte aus dem Ausland zu Zeiten geringer EE-Speisung, die maßgeblich aus Kohle- und Kernkraftwerken stammen, verringert. Zudem erhöhe die Schaffung lokaler Energiesysteme die Wertschöpfung vor Ort.

Mit „Flower-Power“ werde das Verteilnetz zur digitalisierten Vernetzungs-Plattform der Energiewende. Bereits heute fänden sich mehr als 160.000 Wärmepumpen, Direkt- und Speicherheizungen, 30.0000 Kleinspeicher und 1.600 Ladepunkte im Bayernwerk-Netz. Für 2030 erwarte man in Bayern rund zwei Millionen elektrische PKW, 660.000 Wärme pumpen und ca. 380.000 Kleinspeicher.

Mobilität und Stromnetz

Um die Vernetzung zwischen Mobilität und Stromnetz auf den Weg zu bringen, arbeite das Bayernwerk aktuell in unterschiedlichen Forschungsprojekten unter anderem intensiv mit der bayerischen Automobilindustrie zusammen.

Wie Westphal darlegte, seien die Perspektiven und Anwendungsmöglichkeiten spannend. Bereits heute wiesen Elektroautos Batteriekapazitäten von rund 40 kWh in der Kompaktklasse und bis zu 100 kWh bei Premiumfahrzeugen auf. Ein Vier-Personen-Haushalt ohne besondere elektrische Anwendungen weise einen mittleren elektrischen Energiebedarf von rund 10 kWh pro Tag auf.

„Ein Elektroauto wäre also in der Lage, einen Vier-Personen-Haushalt mehrere Tage mit elektrischer Energie zu versorgen. Zudem kann die Energie an jedem Ort bereitgestellt werden, den das Fahrzeug erreichen kann.“

Dass die strategische Weiterentwicklung auch die Arbeitswelt im Unternehmen umfasst, darauf verwies Andreas Ladda, Personalvorstand des Bayernwerks. Da in einer komplexer werdenden Welt die Lösung für Herausforderungen immer seltener bei einzelnen Funktionen oder Bereichen liege, „fördern wir aktiv die Vernetzung der Organisation, das Erlernen neuer Methoden und sogenanntes crossfunktionales Arbeiten.

Zudem entwickeln wir unsere Führungs- und Achtsamkeitskultur konsequent weiter“, erklärte Ladda. Große Herausforderungen seien der demografische Wandel und das Aneignen neuer Kompetenzen, die in der Arbeitswelt von morgen und im Energiesystem der Zukunft unerlässlich seien.

Gutes Rüstzeug

Mit der Transformation und der Weiterentwicklung der strategischen Ausrichtung sieht Ladda das Bayernwerk gut gerüstet: „Wir haben eine spannende Position am Arbeitgebermarkt. Durch die Einbindung in die E.ON-Familie vereinen wir die Innovationskraft eines Konzerns mit regionaler Nähe. Mit unseren Innovationen sind wir aktiver Gestalter und Treiber eines CO2-neutralen Energiesystems in Bayern und bieten als Energieunternehmen ein spannendes Umfeld mit unverzichtbaren Tätigkeiten, auf die man stolz sein kann:

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichern die Energieversorgung und sind systemrelevant für sieben Millionen Menschen, Industrie und Gewerbe in weiten Teilen Bayerns – und das vor, während und nach der Pandemie.“

DK

 

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