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(GZ-5-2020)
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► Klimaschutz:

 

Generationenprojekt Klimawende

Neues Positionspapier des Deutschen Landkreistags zu Klimawandel und erneuerbaren Energien

 

Kaum ein anderes Thema bewegt die Gemüter derzeit so wie der Klimaschutz. Klimaschutzkonzepte, Nutzung von Elektromobilität bei den Verwaltungsflotten, energetische Vorgaben bei Bauvorhaben, Bildungsarbeit und viele Einzelmaßnahmen, wie die Aufforstung von Waldgrundstücken, sind fester Bestandteil nachhaltiger Kreispolitik.

Laut einer aktuellen Umfrage des Deutschen Landkreistags verfügen 77% der Landkreise bereits über eine ausformulierte Strategie für den Klimaschutz oder die Nutzung erneuerbarer Energien. Weitere 14% der Landkreise beschäftigen sich mit der Aufstellung einer solchen Strategie.

In knapp drei Vierteln der Kreisverwaltungen gibt es zudem eine Einheit, die sich schwerpunktmäßig mit dem Klimaschutz beschäftigt. Umso wichtiger ist es aus Sicht des DLT, dass die bundes- und europapolitischen Akteure der Klimawende bei ihren Beschlüssen die Praktiker vor Ort nicht vergessen.

Anlässlich eines jüngst veröffentlichten Papiers des Deutschen Landkreistags zum Thema mahnte dessen Präsident, Landrat Reinhard Sager:

„Die Klimawende kann nur mit den ländlichen Räumen gelingen, ohne sie steht das Generationenprojekt auf tönernen Füßen. Auf dem Land befinden sich die meisten Anlagen für Windkraft, Bioenergie und Solarstrom. Daher brauchen die ländlichen Räume einen Ausgleich mit dem Ziel einer gerechten Lastenverteilung. Das heißt vor allem, die Investitionen z.B. im Bereich der digitalen Infrastruktur, der medizinischen Versorgung, beim Verkehr oder im Hinblick auf die Dezentralisierung von Bundes- und Landesbehörden hochzufahren.“

Dies bekräftigte auch der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Landrat Christian Bernreiter, der federführend an der Erarbeitung des Positionspapiers auf Bundesebene mitgewirkt hat:

„Voraussetzung für das Gelingen der Klimawende ist die Akzeptanz vor Ort. Die nationalen Klimaschutzziele oder auch der europäische Grüne Deal mögen sich gut lesen lassen und sind zweifelsohne gut für unseren Planeten. Für die Umsetzung brauchen wir aber unsere Bevölkerung. Deswegen darf niemand überfordert und einseitig benachteiligt werden. Klimawende und Erhalt unserer wirtschaftlichen Lebensgrundlagen müssen in Einklang stehen. Wir müssen gemeinsam hinschauen, was wir im ländlichen Raum und in den Ballungsgebieten tun können und müssen.“

Überbordene Bürokratie

Der DLT wirbt dafür, die Rahmenbedingungen deutlich zu verbessern. „Wir leisten uns im deutschen Förderdschungel eine überbordende Bürokratie und bremsen so dringend notwendige Entwicklungen aus, die eigentlich auf der Überholspur realisiert werden müssten“, gab Präsident Sager zu bedenken. Neben der Anlagenplanung betreffe das etwa auch den Bau neuer Stromtrassen.

Darüber hinaus seien die Länder aufgefordert, kommunale Klimaschutzaktivitäten dauerhaft und grundlegender zu finanzieren. Von immer neuen Projektfinanzierungen sei Abstand zu nehmen. Sager berichtete außerdem aus der Umfrage des Landkreistages, dass vor Ort noch immer zum Teil erhebliche Akzeptanzprobleme, beispielsweise im Hinblick auf Windkraftanlagen, bestünden.

„53% der Landkreise haben uns das mitgeteilt.“ Eine Verständigung auf eine Abstandsregelung zu vorhandenen Siedlungsstrukturen sei in dieser Hinsicht ein richtiger Schritt.

„Aufgrund der unterschiedlichen Betroffenheit vor Ort sollte diese Regelung dann landesbezogen oder sogar für jede Gemeinde gesondert ausgestaltet und zugeschnitten werden.“

Darüber hinaus gehe die vorgesehene Einführung eines gesonderten Hebesatzes bei der Grundsteuer für Windenergieanlagen in die richtige Richtung und zudem seien Bürgerenergieprojekte ein guter Weg, um die Einwohner in die Energiewende vor Ort einzubinden. Sie müssten wieder stärker als zuletzt unterstützt werden.

Für ein stärker CO2-freies Energiesystem sei die Kopplung von Sektoren eine Grundvoraussetzung. Strom aus Windenergie müsse in größerem Maßstab als bisher beispielsweise zur Produktion erneuerbarer Gase („Power-to-Gas“) genutzt werden. Dies könne einen Beitrag zur Wertschöpfung aus erneuerbaren Energien in den Landkreisen leisten. Durch verbesserte technische Lösungen bei der Flugsicherung könnten zudem zusätzliche geeignete Flächen
für Windrad-Neubauten gewonnen werden.

Gerade auch im Bereich der Solarenergie sowie der Geothermie bestehen laut DLT noch erhebliche Potenziale, die es weiter auszubauen und zu nutzen gilt. So sehen 96% der teilnehmenden Kreisverwaltungen nach der aktuellen Umfrage des Deutschen Landkreistages noch Potenzial für den Ausbau der Solarenergie (Photovoltaik/Solarthermie) und fast drei Viertel (72%) für die Nutzung von Geothermie. Um hier mehr Potenzial zu haben, sollte landesrechtlich vermehrt die Nutzung von Dachflächen bei Neubauten für Photovoltaik vorgesehen werden.

Mit Blick auf die Frage einer CO2-Bepreisung, die vor allem für die Bevölkerung in ländlichen Räumen spürbar werden würde, meinte Verbandschef Sager:

„Die Menschen in den Landkreisen sind in aller Regel auf den eigenen Pkw angewiesen. Es ist deshalb notwendig, für die Betroffenen nach einem finanziellen Ausgleich zu suchen. Hierbei geht es auch darum, nicht einen Wegzug aus dem ländlichen Raum noch zu befördern, sondern diesem entgegenzuwirken. Wir fordern daher eine dauerhafte Entlastung bei der Pendlerpauschale, und zwar vom ersten Kilometer an und nicht wie derzeit geplant ab dem 21. Kilometer.“

Auch würde die CO2-Bepreisung die Mobilität der Bevölkerung etwa mit Blick auf Einkäufe, Arztbesuche oder sonstige Besorgungen verteuern, was durch die Anhebung der Kfz-Steuer noch verschärft würde. „Auch hier müssen individuelle Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger erfolgen.“

DK

 

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