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(GZ-21-2019)
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► Digital-Gipfel der Bundesregierung:

 

Wegweiser in die Plattform-Ökonomie

 

Unter dem Titel „PlattFORM DIE ZUKUNFT“ fand in Dortmund der Digital-Gipfel der Bundesregierung statt. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier begrüßte hierzu rund 1.300 hochrangige Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Wissenschaft und Gesellschaft. Laut Altmaier „werden Daten der bedeutendste Rohstoff der Zukunft“. Die europäische Wirtschaft benötige dringend eine Infrastruktur, die Datensouveränität und breite Datenverfügbarkeit bei hohen Sicherheitsstandards gewährleistet. Deutschland und Europa dürften hier nicht nur Zuschauer sein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte, dass all unsere Werte auch in der digitalen Welt Gültigkeit haben müssen. Sie betonte vor allem die Arbeitswelt, Gesundheit und Ethik. „Die Humanität unserer Gesellschaft muss auch in der digitalen Welt selbstverständlich bleiben“, so die Kanzlerin.

Daten werden in Zukunft gleichwohl wirtschaftliche Produkte als auch gesellschaftliches Gut bleiben. Merkel warnte davor, sich bei der Speicherung und dem Austausch solch sensibler Informationen in die Abhängigkeit der großen Konzerne zu begeben. Vielmehr müsse der Ansatz sein, dass „Europa alles kann, eben auch eine eigene Datenstruktur erfolgreich zu entwickeln und zu betreiben“.

Projekt Gaia-X

Damit bezog sich die Kanzlerin auch auf das Projekt Gaia-X, das der Beauftragte des Bundeswirtschaftsministeriums für Digitale Wirtschaft, Thomas Jarzombek, vorstellte. Gaia-X ist eine vernetzte Dateninfrastruktur, also eine sogenannte Daten-Cloud, auf europäischer Ebene.

Der Bundesrepublik müsse es gelingen, die eigene Datensouveränität zu gewährleisten und dazu gehöre eine eigene Dateninfrastruktur, so Jarzombek. Der Vorteil an diesem Projekt sei dessen Interoperabilität, das heißt: Gaia-X ist schon als Alternative zu amerikanischen und chinesischen Anbietern gedacht, deren Mitwirkung und Kompatibilität zum europäischen Projekt soll aber weiterhin gegeben sein.

Auf dem Digital-Gipfel diskutierten hochrangige Mitglieder des umfangreichen Gipfel-Netzwerks zudem zahlreiche Aspekte der Plattformökonomie: Geschäftsmodelle, Sicherheit und Souveränität in der Plattformökonomie, digitale Plattformen in Arbeitswelt und Bildung und die Frage der Verantwortung digitaler Plattformen in der Demokratie.

Exponate der Gipfel-Plattformen zeigten, wie digitale Plattformen bei der intelligenten Vernetzung von Städten und Regionen helfen, die Logistik revolutionieren und Bürgerinnen und Bürger wieder zum Souverän ihrer eigenen Daten machen können. Mehr als 30 Infostände machten die Vielfalt digitaler Plattformen sichtbar.

Die Plattform-Welt erobern

Jedes Unternehmen sollte in den nächsten zwölf Monaten eine Strategie für den Einsatz digitaler Plattformen entwickeln, forderte der Präsident des Digitalverbands Bitkom, Achim Berg. „Wir haben in Deutschland und Europa eine Vielzahl von Unternehmen, die erfolgreich digitale Plattformen aufgebaut haben oder auf ihnen aktiv sind. In der Öffentlichkeit diskutieren wir aber lieber darüber, wo wir vermeintlich abgehängt sind und welche Gefahren Plattformen bergen könnten.

Deutschlands Unternehmen müssen sich die Plattform-Welt erobern“, so Berg. Digitale Plattformen seien viel mehr als ein zusätzlicher Vertriebskanal, sie veränderten die Wirtschaft grundlegend und stellten sie auf völlig neue Beine. Wer Verantwortung für ein Unternehmen trägt und heute noch keine Plattform-Strategie entwickelt hat, sollte jetzt damit anfangen.

Aktuell gibt jedes dritte deutsche Unternehmen ab 20 Mitarbeitern (35 Prozent) an, keine Strategie zum Einsatz von digitalen Plattformen zu verfolgen. Jedes Vierte (23 Prozent) hat eine zentrale Strategie, weitere 34 Prozent haben zumindest eine Strategie in einzelnen Unternehmensbereichen.

Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter 502 Unternehmen ab 20 Mitarbeitern im Auftrag des Bitkom. Vor allem kleinere Unternehmen bis 100 Mitarbeiter verzichten auf eine Plattform-Strategie (38 Prozent). Bei Unternehmen mit 500 bis 1.999 Mitarbeitern sind es dagegen nur 20 Prozent und von den Unternehmen ab 2.000 Mitarbeitern ist nur noch jedes zehnte (10 Prozent) ohne Plattform-Strategie.

Zugleich forderte Berg eine Politik, die die Chancen der Plattform-Ökonomie in den Mittelpunkt rückt: „Wir brauchen einen Rechtsrahmen, der neue, plattformbasierte Geschäftsmodelle fördert und sie nicht erschwert“, sagte der Bitkom-Präsident. Dazu gehöre, Regulierung nur dort vorzunehmen, wo bestehende Gesetze und Regeln nicht greifen.

Außerdem dürfe man die oft sehr unterschiedlichen Plattformen nicht über einen Kamm scheren. Mit Blick auf die Vorschläge der Datenethikkommission zur Algorithmenregulierung warnte Berg zudem vor Regulierungswut: „Algorithmen sind Werkzeuge. Es kommt auf die Anwendungen an, in denen sie eingesetzt werden.“

Das auf dem Digital-Gipfel vorgestellte Projekt GAIA-X für eine europäische Cloud- und Dateninfrastruktur kann nach Ansicht des Bitkom „ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der digitalen Souveränität und der Datensouveränität“ werden. GAIA-X sollte von Anfang an europäisch gedacht werden. Zudem müssten Funktionalität, Nutzerfreundlichkeit und Kosten im Wettbewerb bestehen können. „Wenn GAIA-X zum Erfolg werden soll, muss die öffentliche Hand eine Vorreiterrolle einnehmen“, unterstrich Berg.

Unverzichtbare Glasfaser

Der BREKO als Mitglied der Digital-Gipfel-Plattform „Digitale Netze und Mobilität“ rief die Politik anlässlich des Digital-Gipfels noch einmal dazu auf, alle Weichen klar in Richtung direkte, zukunftssichere Glasfaser zu stellen, damit Deutschland die beste digitale Infrastruktur – und damit die Grundlage für weiteres Wachstum und die Sicherung sowie den Ausbau von Wohlstand – erhält. „Ohne Glasfaser ist alles nichts“, brachte es BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers auf eine einfache Formel.

„Nur mit zukunftssicherer Glasfaser bis in alle Gebäude können innovative digitale Plattformen mit ihren vielfältigen Anwendungsszenarien überhaupt erst Realität werden und leistungsfähig betrieben werden.“

Noch in diesem Jahr will die Bundesregierung mit der Überarbeitung des Telekommunikationsgesetzes („große TKG-Novelle“) starten. Mit der TKG-Novelle werden nicht nur die Regelungen einer zentralen europäischen Richtlinie – des so genannten TK-Kodex – in deutsches Recht umgesetzt, sondern auch weitere wichtige Rahmenbedingungen für die Zukunft gestellt.

Für den BREKO ist klar: Das neue TKG muss unmissverständlich die richtigen Rahmenbedingungen zugunsten direkter Glasfaseranschlüsse vorgeben, damit das Ziel „Glasfaser für alle“ möglichst schnell und effizient erreicht werden kann. Hier werde es insbesondere auch darauf ankommen, dass der künftige Glasfasermarkt zwar mit weniger, aber nicht ganz ohne Regulierung auskommen wird. Der Telekommunikationsmarkt braucht auch weiterhin eine starke Bundesnetzagentur, die als „neutraler Schiedsrichter“ eingreift, wenn Vielfalt und Wettbewerb gefährdet sind.

TKG-Novelle

Nicht zuletzt sollte die TKG-Novelle auch dazu genutzt werden, schädliches „Trittbrettfahren“ beim Glasfaserausbau endgültig zu beseitigen, bei dem Wettbewerber ihre Leitungen kostengünstig mitverlegen, wenn kommunale Unternehmen zukunftssichere Glasfasernetze eigenwirtschaftlich und ohne Fördergelder ausbauen. Dadurch komme es nicht nur zu einem volkswirtschaftlich unsinnigen Über-/Doppelausbau von bei weitem noch nicht überall verfügbarer Glasfaser, sondern vielfach auch dazu, dass ein gesamtes Glasfaserausbauprojekt nicht mehr wirtschaftlich realisiert werden kann, da hierfür eine bestimmte Anschlussquote von Haushalten und Unternehmen erreicht werden muss.

In punkto künftige Glasfaser-Förderung hält es der BREKO für wichtig, künftig auch eine sog. Nachfrageförderung durch Glasfaser-Gutscheine („Voucher“) einzuführen, um die Nachfrage nach zukunftssicheren Glasfaseranschlüssen bis in die Gebäude und bis direkt in die Wohnungen anzukurbeln.

Daneben müsse es bei der künftigen Ausrichtung der Förderung eine klare Priorisierung geben: Bevor über die Schließung „grauer Flecken“, also Gebieten, in denen zwar schnelles Internet, aber noch keine gigabitfähigen Netze vorhanden sind, nachgedacht wird, müssten zunächst die besonders schlecht versorgten Gebiete von weiteren Fördermaßnahmen profitieren.

Denn angesichts knapper Kapazitäten beim Tiefbau und fehlender Fachkräfte werde der Glasfaserausbau nicht dadurch beschleunigt, dass (immer mehr) staatliches Geld in den Markt gepumpt wird. „Der klare Vorrang des eigenwirtschaftlichen Ausbaus muss weiterhin Bestand haben“, ist der BREKO überzeugt.

DK

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