Fachthemazurück

(GZ-19-2018)
gz fachthema

► Diesel-Beschluss der Bundesregierung:

 

Saubere Luft, keine Fahrverbote

 

Die Koalitionspartner in Berlin haben wichtige Beschlüsse zum Schutz der Diesel-Fahrer gefasst. Damit alle deutschen Städte die zulässigen Grenzwerte künftig nicht mehr überschreiten und Fahrverbote sowie Nachteile für die Betroffenen verhindert werden, stellt die Bundesregierung eine Milliarde Euro bereit für moderne Luftreinhaltepläne, kommunale Maßnahmen, wie z.B. die Umrüstung von Diesel-Bussen und Taxen, die Digitalisierung der Mobilität sowie den Ausbau der Elektromobilität. Laut Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer leisten die Automobilhersteller ihren Beitrag durch Software-Updates von bis zu 6,3 Mio. Diesel-Fahrzeugen.

In Städten, in denen die zulässigen Grenzwerte überschritten werden, werden weitere Fördermaßnahmen umgesetzt. Dazu zählen zunächst Hardware-Nachrüstungen bei schweren Kommunalfahrzeugen wie Müllwagen oder Straßenreinigungsfahrzeugen. Die staatliche Förderung soll ab Anfang 2019 80 % betragen. Das betrifft etwa 28.000 Fahrzeuge, die ständig im Stadtverkehr eingesetzt sind. Zudem stehen Hardware-Nachrüstungen bei Handwerker- und Lieferfahrzeugen von 2,8 t bis 7,5 t, die gewerblich genutzt werden, auf der Agenda. Auch hier soll die staatliche Förderung 80 % betragen. Wer die Kosten für den Restanteil übernimmt, wird die Bundesregierung mit den Automobilherstellern verhandeln.

Keine Belastungen für Betroffene

Sollte es dennoch zu Fahrverboten kommen, sollen Belastungen für hiervon Betroffene verhindert werden. Deutsche Automobilhersteller haben ein Tauschprogramm von Euro 4- und Euro 5- Diesel-Fahrzeugen mit attraktiven Rabatten und Umstiegsprämien für besonders belastete Städte und Regionen zugesagt, das auch den Wertverlust der Dieselfahrzeuge ausgleichen soll. Dabei soll auch der Tausch gegen ein anderes Gebrauchtfahrzeug möglich sein. Ausländische Hersteller sollen ihren Kunden vergleichbare Angebote machen.

Entscheidet sich ein Fahrzeughalter für eine Hardware-Nachrüstung seines Euro 5-Diesels, so erwartet die Bundesregierung vom jeweiligen Automobilhersteller, dass er hierfür die Kosten einschließlich des Einbaus übernimmt. Auch wird das Bundesimmissionsschutzgesetz geändert, damit PKWs, die weniger als 270 mg/km Stickoxid ausstoßen, weiterhin in belastete Städte fahren können.

Viele Fragen unbeantwortet

Nach Ansicht des Bayerischen Gemeindetags lässt das Konzept der Bundesregierung zur Lösung des Diesel-Streits viele Fragen unbeantwortet. „Da ist noch so viel offen, so dass wir im Grunde genommen momentan sehr enttäuscht sind von der großen Ankündigung des Verkehrsministeriums“, stellte Verbandssprecher Wilfried Schober gegenüber dem Radiosender Antenne Bayern fest. Unter anderem sei ungeklärt, ob sich alle Autohersteller bei den Vorschlägen der Koalition beteiligten und wie hoch die Umtauschprämie ausfalle.

Von der Bundesregierung forderte Schober, „dass das kein Konjunkturprogramm für die Autoindustrie sein darf, sondern eine Entschädigung für das, was die selber verbockt haben, nämlich massiven Betrug im Grunde genommen am Autokunden“. Die Kunden der Autohersteller dürften nicht drauf zahlen.

„Nach langen Diskussionen mit vielen Irrungen und Wirrungen zeigt die Bundesregierung ihre Bereitschaft, das Problem zu hoher Schadstoffwerte in zahlreichen Städten ernsthaft anzugehen. Die Beschlüsse des Koalitionsgipfels sind ein längst überfälliger Schritt, um wirksamer als bisher gegen zu hohe Stickoxidwerte und gegen drohende Fahrverbote vorzugehen. In besonders betroffenen Städten und Regionen werden Hardware-Nachrüstung und Umstiegsprämien für den Autokauf Effekte für eine sauberere Luft erzielen“, machte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, deutlich.

Hardware-Nachrüstungen

Der Deutsche Städtetag begrüßt, dass sich die Koalition endlich zu Hardware-Nachrüstungen durchgerungen hat. Das haben die Städte seit langem gefordert. Am besten wäre eine umfassende Nachrüstung für Euro 5-Dieselautos im ganzen Land. Das jetzt beschlossene Vorgehen sei jedoch immerhin ein Schritt, der helfen kann, Dieselfahrern weiter die Zufahrt in besonders belastete Städte zu ermöglichen.

Erfolgreich werden Dedy zufolge diese Hardware-Nachrüstung wie auch die angekündigten attraktiven Umstiegsprämien auf andere Fahrzeuge jedoch nur sein, wenn die Automobilindustrie jetzt endlich Verantwortung übernimmt. „Es muss unbedingt dabei bleiben, dass – wie vom Bund gefordert –, die Automobilhersteller die Kosten für die Nachrüstung übernehmen. Die Autohersteller haben das Problem eines zu hohen Stickoxid-Ausstoßes aus Dieselfahrzeugen verursacht und müssen deshalb jetzt auch für Abhilfe sorgen.“

Einheitliche Regelungen für alle Städte

Grundlegend gelöst werde das Problem zu hoher Stickoxid-Werte in zahlreichen Städten mit dem Paket der Koalition freilich nicht, erklärte der Verbandsvertreter. Es beschränke sich auf Städte mit besonders brisanter Lage. Ein schlüssiges Gesamtkonzept hätte jedoch weiter reichen müssen. „Wir erwarten nach ersten Erläuterungen des Bundes, dass in weiteren Städten, in denen Fahrverbote drohen, von Nachrüstungen und Umstiegsprämien Gebrauch gemacht werden kann. Denn es müssen einheitliche Regelungen für alle Städte gelten, für die Gerichte Fahrverbote verhängen.“

Bürokratischer Aufwand

Wie rasch die von der Koalition beschlossenen Maßnahmen greifen und ob sie wirksam genug sein werden, um von Gerichten verhängte Fahrverbote zu vermeiden, sei offen. Und wie praktikabel das Konzept – etwa bei der Überprüfung von Autos – sein wird, ebenso. Hier stellt sich nach Auffassung des Deutschen Städtetags zum Beispiel die Frage nach dem bürokratischen Aufwand, wenn jedes einzelne Auto durch Abgleich mit Daten im Zentralen Fahrzeugregister darauf geprüft werden soll, ob es ein schlechter oder ein sauberer Diesel ist.

„Für Polizei und Ordnungsbehörden, aber auch für die Fahrzeughalter halten wir die Einführung einer Blauen Plakette weiterhin für besser. Fragezeichen sehen wir auch bei der Absicht der Bundesregierung für neue Regelungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, die andere Grenzwerte als bisher beinhalten sollen.“ Ob die Verabredung der Koalition Rechtssicherheit für alle Beteiligten schafft, bleibt laut Dedy daher abzuwarten. 

DK

GemeindeZeitung

Fachthema

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung