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(GZ-7-2018) 
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Elektronische Vergabe:

 

Pflicht ab Oktober 2018

Schon heute werden die meisten öffentlichen Aufträge elektronisch ausgeschrieben. Ab Oktober ist die E-Vergabe das alleinige Verfahren – das schreibt das EU-Vergaberecht vor. Was sich für Betriebe und Behörden verbessert und was nicht. 

Rund 12,5 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts machen Aufträge durch die öffentliche Hand aus – das entspricht einem Wert von etwa 350 Milliarden Euro pro Jahr. Damit sind Bund, Länder, Kommunen und öffentliche Institutionen die mit Abstand größten und marktmächtigsten Auftraggeber hierzulande. Um eine einheitliche, transparente Auftragsvergabe sicherzustellen und Vergaben aus sachfremden Gründen vorzubeugen, macht das Vergaberecht auf europäischer Ebene enge Vorgaben. Die Formalien sind klar definiert – und ebenso die gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeiten für Bieter, die nicht zum Zuge gekommen sind und sich in ihren Rechten verletzt sehen.

Formal sind die neuen EU-Vergaberichtlinien bereits seit dem 17. April 2014 in Kraft. Sie sind seitdem schrittweise in nationales Recht umgesetzt worden. Wesentlicher Regelungspunkt ist, dass Vergabeverfahren elektronisch durchgeführt werden müssen. Bislang war dies nur optional der Fall, die jeweilige Vergabestelle konnte sich also zwischen einem elektronischen und einem herkömmlichen Vergabeverfahren entscheiden. Seit April vergangenen Jahres ist prinzipiell die vollständig elektronische Vergabe für zentrale Beschaffungsstellen vorgeschrieben – Angebotsabgabe sowie Zusage- und Absagemitteilungen dürfen nur noch auf elektronischem Weg erfolgen. Ab Oktober dieses Jahres ist das für alle Vergabestellen verbindlich – bis dahin gilt noch eine Übergangsregelung.

Die positiven Aspekte des digitalen Vergabeverfahrens liegen auf der Hand: „Vergabestellen sparen Papier, Zeit und Geld“, erklärt Steffen Müller vom Auftragsberatungszentrum Bayern. Außerdem würden Ausschreibungsprozesse insgesamt schneller laufen, weil das Verfahren standardisiert und rechtssicherer über die Software abgebildet werden kann. So können beispielsweise Angebotsdaten automatisch berechnet werden. „Der Auftraggeber kann sich durch das Verfahren führen lassen oder mit weniger Unterstützung einen Auftrag vergeben. Bieter können elektronische Angebote bis zur letzten Minute der laufenden Angebotsfrist abgeben und das Versendungsrisiko minimieren.“

Die Kommunikation zwischen den Beteiligten, also der Vergabestelle und den Bietern, erfolgt über Online-Vergabeplattformen. Darüber wird zunächst die Bekanntmachung einer Ausschreibung elektronisch übermittelt. Potenzielle Bieter können über die Plattform die Auftragsunterlagen abrufen sowie ihre Angebote elektronisch einreichen. Dort erhalten sie nach Abschluss des Verfahrens dann auch die Zuoder Absage für das eingereichte Gebot. Für viele öffentliche Akteure ist das allerdings nicht wirklich neu: Metropolen wie Frankfurt am Main zeigen sich gern als moderne Verwaltung, die die E-Vergabe längst in ihre Prozesse integriert haben. Aber auch viele kleinere Kommunen und kommunale Eigenbetriebe haben sich und ihre Bieter schon vor Jahren in Pionierarbeit erfolgreich auf E-Vergabe eingelassen.

Der Digitalverband Bitkom wertet das elektronische Vergabeverfahren als großen Fortschritt. „Die Digitalisierung der Vergabe war ein längst überfälliger und wichtiger Schritt hin zu einem deutlich schlankeren und effizienteren Verfahren“, so Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. „Durch die digitale Vergabe reduziert sich der Aufwand für Behörden und Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben, erheblich.“ Dass der Gesetzgeber dabei auf die verpflichtende Verwendung der elektronischen Signatur verzichtet, ist aus Sicht des Bitkom ebenfalls begrüßenswert: So werde den Beteiligten im Vergabeverfahren unnötige Bürokratie erspart und die Akzeptanz für die E-Vergabe deutlich gesteigert.

E-Vergabe reduziert nicht die Komplexität des Vergaberechts  

Kritisch bewertet der Verband allerdings, dass der Gesetzgeber die gesetzliche Neuregelung nicht auch gleich dazu genutzt hat, um die Komplexität des Vergaberechts an sich zu reduzieren. So gelten in Bund und Ländern weiterhin teils unterschiedliche Regelungen für EU-weite und nationale Vergabeverfahren. Bitkom-Geschäftsführer Rohleder fordert, dass der Gesetzgeber hier künftig für eine Harmonisierung sorgt.

Dass die E-Vergabe künftig vorgeschrieben ist, bedeutet aber natürlich nicht, dass auch wirklich jeder noch so kleine öffentliche Auftrag zwingend ausgeschrieben werden muss. Vielmehr gelten bestimmte vergaberechtliche Schwellenwerte: Bei Bauaufträgen liegt die Schwelle seit 1. Januar 2018 bei einem Auftragswert von 5.548.000 Euro, bei klassischen Liefer- und Dienstleistungsaufträgen muss aber schon ab einem Auftragswert von 221.000 Euro zwingend eine europaweite Ausschreibung mit elektronischer Vergabe erfolgen.

Harald Czycholl/Infostream HWK MUC-Obb. 

RED

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