Aus den Kommunenzurück

(GZ-6-2023)
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► In Unterfranken existieren inzwischen mehr als 500 Stiftungen:

 

2022 gab es nur zwei „Neue“

Groß war vielerorts die Not in der Kulturszene, doch dann ging immerhin ein kleiner warmer Regen nieder: 57.000 Euro schüttete die Aschaffenburger Bürgerstiftung 2021 für lokale Kultureinrichtungen aus. Theater, Museen und Orchester in Unterfranken können außerdem Geld von der Kulturstiftung des Bezirks erhalten. Stiftungen sind heute nicht mehr wegzudenken aus der Region. Über 500 gibt es aktuell in Unterfranken. Jedes Jahr kommen neue hinzu. 2022 allerdings gab es fast keine Zuwächse.

Der Hauptgrund dafür, dass im vergangenen Jahr lediglich zwei neue Stiftungen an den Start gingen, dürfte in den aktuellen Krisen zu suchen sein. Bereits im Schuldenkrisen-Jahr 2012 gab es mit sechs neuen Stiftungen nur einen ausgesprochen geringen Zuwachs. Auch 2020 wurden lediglich fünf neue Stiftungen gegründet. 2019 hingegen war ein Boomjahr: Nach Auskunft der Regierung von Unterfranken kam es zu 28 Neugründungen. Auch in den Jahren davor ging es in der Stifterszene lebhaft zu. 2017 wurden 21, 2018 insgesamt 20 neue Stiftungen gegründet.

Die Bedingungen für Stifter waren in letzter Zeit alles andere als ideal. „Durch die bisherige Niedrigzinsphase und die aktuellen Teuerungen haben Stiftungen fast ausnahmslos Probleme, das Grundstockvermögen im realen Wert zu erhalten“, sagt Johannes Hardenacke, Pressesprecher der Regierung von Unterfranken.

Doch das ist keineswegs die einzige Schwierigkeit, mit denen Stiftungen im Moment kämpfen. Viele Stifter stellen laut Hardenacke fest, dass sie „plötzlich“ alt sind und kein Nachfolger bereitsteht: „Oft ist es sehr schwierig, hier jemanden zu finden.“ Das weiß die Regierung, weil sie Stifter berät.

Gerade wegen der niedrigen Zinsen befinden sich viele Stiftungen dieser Tage auf der Jagd nach Zuwendungen. Das können Spenden, Zustiftungen oder Nachlässe sein. Die 2008 gegründete Aschaffenburger Bürgerstiftung hatte diesbezüglich in letzter Zeit viel Glück.

„Wir haben drei Erbschaften bekommen“, berichtet Meinhard Gruber. In allen drei Fällen handelte es sich, inklusive Immobilien, um Zuwendungen in Höhe von jeweils mehr als einer Million Euro. Der finanzielle Zuwachs erfreut die Stiftungsverantwortlichen sehr: „Allerdings kostet es uns enorm viel Kraft, die Erbschaften abzuwickeln.“ Zwei Erbschaften konnten inzwischen erfolgreich in die Stiftung integriert werden.

Reiche Stiftungslandschaft

Insgesamt verfügt die Region laut Eugen Ehmann, Regierungspräsident von Unterfranken, über eine „reichhaltige Stiftungslandschaft“. Die Stiftungsgeschichte beginnt im Jahr 1305. Damals wurde die landesherrliche Hospitalstiftung Stadtprozelten als älteste bekannte Stiftung gegründet. „Die Stiftung Bürgerspital zum Hl. Geist von 1319 ist die älteste Stiftung eines Bürgers in Unterfranken“, informiert Johannes Hardenacke. Deutlich jünger ist das Würzburger Juliusspital. Es wurde 1576 von Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn gestiftet. 100. Geburtstag kann heuer die Stiftung „Wilhelm-Conrad-Röntgen-Fonds“ der Universität Würzburg feiern.

Bei manchen Stiftungen lässt sich der Stiftungszweck mit ein paar Sätzen umreißen. Die 1996 gegründete IHK-Stiftung Fachhochschule Aschaffenburg zum Beispiel fördert, wie der Name verrät, Forschung und Lehre an der FH. 2021 etwa wurde der Aufbau eines Literaturbestands für den neuen Studiengang Wirtschaftspsychologie mit 11.000 Euro unterstützt. Andere Stiftungen sind thematisch sehr breit aufgestellt. So ist das zum Beispiel mit der 2017 gegründeten „Glattbacher Stiftung“. Die fördert ganz verschiedene Projekte, die der Gesellschaft, der Völkerverständigung, der Umwelt, der Jugend und der Kultur dienen.

Stiftungsleiter Gerhard Zang aus Hösbach ist auf all diesen Gebieten inzwischen sehr versiert. Dabei hatte er früher, als er noch berufstätig war, mit sozialen und ökologischen Themen nichts zu tun. „Ich komme aus der IT-Branche“, so der 72-Jährige. Die „Glattbacher Stiftung“ zu leiten, ist ihm, wie er sagt, ein Herzensanliegen. Aktuell beschäftigt ihn die neue Stiftungsidee, jedes Jahr einen mit bis zu 5.000 Euro dotierten Umweltpreis namens „Score“ zu vergeben. Ausgezeichnet werden können zum Beispiel Projekte, die sich mit Innovationen rund um das Thema „Erneuerbare Energien“ befassen. Insbesondere Studentinnen und Studenten sind angesprochen, sich zu bewerben.

Weitgehendes Wirken im Verborgenen

Im Internet kann man sich viele Bilder ansehen, die einen Eindruck davon vermitteln, was die „Glattbacher Stiftung“ alles tut. Sogar Videos sind eingestellt. Das ist längst nicht selbstverständlich. Etliche der mehr als 500 unterfränkischen Stiftungen arbeiten weitgehend im Verborgenen. Andere sind sehr präsent, weil sie wichtige Einrichtungen für ganz Unterfranken betreiben. Dazu zählt etwa die 1836 als „Taubstummenstiftung“ gegründete „Stiftung Hör-Sprachförderung“ in Würzburg. Sie ist Trägerin eines Internats, einer Heilpädagogischen Tagesstätte, des Cochlea Implantat Centrums Süd und einer Therapieabteilung mit verschiedenen Fachdiensten.

Der Verein „Fundare“ zur Förderung des Stiftungswesens lud Ende Februar alle Interessierten zum 17. Stiftungsrechtstag unter der Überschrift „Stiftung und Krise“ ein. Die Veranstaltung fand hybrid an der Uni Bochum statt.In den Vorträgen ging es um eine krisensichere Gestaltung von Stiftungen sowie um das Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrecht.

Pat Christ

 

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