Aus den Kommunenzurück

(GZ-24-2022)
gz aus den kommunen
GZ-Plus-Mitgliedschaft

► Barrierefreiheit:

 

Eine Homepage für (fast) alle

Internetauftritt der Odenwald-Allianz kommt Vorbildfunktion zu

Die digitale Expansion schreitet voran: Immer mehr Angebote und Informationen werden ins Web verlagert. Gerade auch Kommunen bemühen sich, einen möglichst breiten Bürgerservice über das weltweite Netz anzubieten. Dadurch allerdings wächst die Gefahr, dass manche Menschen ausgegrenzt werden. Zum einen diejenigen, die kein Internet haben. Zum anderen Bürger mit einem Handicap. Durch ein spezielles Tool schaffte es nun die Odenwald-Allianz, ihren Online-Auftritt weitgehend barrierefrei zu gestalten.

Barrierefreiheit ist ein weites Feld. Vor allem im digitalen Raum. Es geht nicht nur darum, eine Webseite für sehbehinderte Menschen zugänglich zu machen. Auch Bürger, die eine Lernbehinderung oder Probleme mit der deutschen Sprache haben, sollen im weltweiten Netz klarkommen. „Wir haben uns für eine zu einem sehr fairen Preis angebotene Assistenzsoftware mit vielen Funktionen entschieden“, sagt Viktor Gaub von der Odenwald-Allianz. Durch diese Software kann ein Nutzer die Ansicht der Webseite verändern. Sie lässt sich zum Beispiel via Zoom vergrößern. Außerdem ist es per Screenreader möglich, sich die komplette Seite oder einzelne Texte vorlesen zu lassen.

Tab-Navigation und Barrierearmut

Die Homepage der Odenwald-Allianz ist nun außerdem mit einer „Tab-Navigation“ versehen. Das bedeutet, dass ein Nutzer keine Maus benötigt, um durch die Seiten zu wandern. Die Tastatur genügt. Eine erste Seite ist inzwischen in Leichter Sprache übersetzt. Viele Inhalte allerdings sind noch nicht „leicht“ verständlich. „Jede Information auch in Leichter Sprache anzubieten, würde einen gewaltigen Aufwand bedeuten“, sagt Gaub. Barrierearmut, so der Allianzmanager, beginnt ohnehin früher: „Nämlich damit, dass Informationen auf einer Seite leicht aufgefunden werden können.“ Eben darum bemüht sich die im Amorbacher Rathaus angesiedelte Allianz.

Papier wird nicht verwehrt

Amorbachs Bürgermeister Peter Schmitt forciert das Projekt für mehr Inklusion in der digitalen Welt, wiewohl er weiß, dass es in Amorbach nach wie vor viele Bürger gibt, die nichts von der Digitalisierung halten. „Einige unserer Senioren besitzen keinen Computer, sie haben auch keine Angehörigen, die für sie etwas auf digitalem Weg erledigen könnten“, sagt er. Diese Bürger wollen wie gewohnt ein Papier in Händen halten. Und das wird ihnen auch nicht verwehrt. Gleichzeitig ließ der Bürgermeister die Assistenzsoftware der Odenwald-Allianz auch auf der Homepage seiner Kommune installieren.

Viele Senioren entnehmen Ankündigungen von Terminen bis heute lieber der Presse oder dem Mitteilungsblatt, als danach im Internet zu suchen. „Wir versuchen deshalb, viele Wege zum Transport von Informationen zu gehen“, sagt Sebastian Geißlinger, evangelischer Pfarrer von Kleinheubach. Ein möglichst barrierearmes Internet sei fraglos wichtig. Doch auch der Schaukasten bleibt für den Pfarrer unverzichtbar. Vor welche Hürden das Internet stellt, merkte Geißlinger während der Corona-Krise. So sollten sich die Gläubigen für den Weihnachtsgottesdienst online anmelden: „Einige verstanden das Formular nicht.“

Darüber kann die junge Generation natürlich nur schmunzeln. „Doch es geht wirklich schnell, dass man die Leute überfordert“, hat der Pfarrer erlebt. Er bemüht sich, so zu kommunizieren, dass er „maximal verstanden“ wird und möglichst viele Menschen erreicht. Digitale Barrierearmut ist für ihn einer von vielen Bausteinen auf dem Weg in eine inklusive Welt. Mindestens so wichtig bleibe es, bauliche Barrieren zu beseitigen: „In unserem Gemeindehaus gibt es zum Beispiel eine Rampe.“ Was Kirchengebäude anbelangt, setze der Denkmalschutz oft Schranken.

Sieht man sich die profane und säkulare Gemeindelandschaft in Miltenberg an, bleibt festzustellen: Die wenigsten Internetauftritte sind bereits barrierearm gestaltet. „Gestaltungsmittel wie das Vorlesen von Texten, das Abändern der Schriftgröße oder ein Farbenblindheitsmodus sind auch auf unserer Homepage noch nicht eingebunden“, bestätigt Thomas Köhler, Bürgermeister von Kleinwallstadt. Der Markt gehört dem Kommunalen Behördennetz an und arbeitet in puncto Software mit dem Landratsamt zusammen. „Wir als Gemeindeverwaltung haben lediglich die Möglichkeit, den Inhalt der einzelnen Seiten zu ändern, nicht die grundlegende Struktur“, erklärt Köhler.

Aktivitäten im Landratsamt

Der Bürgermeister weiß, dass es auch Menschen mit Handicap schätzen, gemütlich zu Hause an ihrem Gerät zu sitzen und Behördenangelegenheiten online zu erledigen. „Bisher gab es in unserer Gemeinde hinsichtlich der Barrierefreiheit unserer Homepages aber noch keine Anfragen oder gar Beschwerden von den Bürgerinnen und Bürgern“, sagt er. Kleinwallstadt wolle sich dennoch mit dem Landratsamt in Verbindung setzen, um das Thema „barrierefreie Homepage“ zu forcieren.
Dort ist man bereits mit der Thematik beschäftigt, so Pressesprecherin Susanne Seidel, eine barrierearme Homepage werde vorbereitet. Beispielsweise werde über den Einsatz von Tools zum Vorlesen und Verändern der Optik diskutiert. Man sei sich der Problematik bewusst: „Und wir treiben die Umsetzung voran.“ Erkenntnisse darüber, wie Bürger mit Beeinträchtigungen mit der aktuellen Homepage klarkommen, gebe es nicht.

Infos: www.odenwald-allianz.de

Stichwort: Digitale Barrierefreiheit

Laut der Bayerischen Verordnung über die elektronische Verwaltung und die barrierefreie Informationstechnik sind Gemeinden und Landratsämter verpflichtet, Webseiten barrierefrei zu gestalten. Schulen und Kitas wird dies empfohlen. Weiter heißt es: „Öffentliche Stellen können von einem barrierefreien Angebot im Sinne dieser Vorschrift im Einzelfall absehen, wenn die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen eine unverhältnismäßige Belastung darstellt.“ Die Ausnahme wird stark kritisiert.

1. Menschen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen haben durch die neue Assistenzsoftware die Möglichkeit, sich die Inhalte der Amorbacher Homepage zu erschließen.

2. Menschen mit Sehbehinderung können die Webseite durch den Kontrastmodus optimal auf ihre Bedürfnisse anpassen.

3. Mit Hilfe der Funktion „Tap Navigation“ können Nutzer nur mit Hilfe der Tastatur durch die Webseite navigieren.

4. Durch die neue Assistenzsoftware können sich sehbeeinträchtige Nutzer die Inhalte einer Seite vorlesen lassen.

5. Der Webauftritt der Odenwald-Allianz ist laut Peter Schmitt, Bürgermeister von Amorbach, sowie Umsetzungsmanager Viktor Gaub barrierearm zugänglich.

Pat Christ

 

Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?

Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!

 

GemeindeZeitung

Aus den Kommunen

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung