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(GZ-13-2022)
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Depressiv und ein kleines Kind

„Familienhaus“ für seelisch kranke Mütter entsteht

Kinder, die mit einer depressiven Mutter aufwachsen, brauchen besondere Unterstützung. Aus dieser Erkenntnis heraus startete die Würzburger Diakonie vor zwölf Jahren das deutschlandweit beachtete Fachberatungsangebot „Gute Zeiten – schlechte Zeiten“ für Kinder mit seelisch kranken Elternteilen. Aktuell ist der Wohlfahrtsverband dabei, das erste „Familienhaus“ für psychisch kranke Mütter in der Region zu schaffen. Im Sozialausschuss des unterfränkischen Bezirkstags wurde es kürzlich vorgestellt.

Der Vorschlag der Verwaltung, das Projekt zu unterstützen, wurde ohne Gegenstimme angenommen, obwohl es sich um eine freiwillige Leistung handelt. „Wir sehen jedoch, dass die Einrichtung überaus wichtig ist, denn es gibt immer mehr Mütter mit einer seelischen Behinderung“, erläuterte Sozialreferentin Eva-Maria Löffler. Der Bezirk ist demnach bereit, die Kosten für Mütter ab dem 27. Lebensjahr zu tragen. Die Kosten für jüngere Mütter sowie für Kinder, die im Alter bis zu 6 Jahren aufgenommen werden, tragen die Jugendämter. Der Tagessatz wird nach aktueller Kalkulation für Mutter und Kind bei knapp 360 Euro liegen.

Das geplante „Familienhaus“ wird das dritte seiner Art in Bayern sein, informierte Löffler. Das nächste Projekt befindet sich in Nürnberg. Dort betreibt der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) die Mutter-Kind-Einrichtung „Haus Agnes“. Hier lernen bis zu acht intensiv betreute, psychisch kranke Mütter, auf ihre eigenen Bedürfnisse und auf die ihrer Kinder einzugehen. Während ihres Aufenthalts sollen sie außerdem befähigt werden, Schwierigkeiten selbständig zu lösen, auf eigenen Beinen zu stehen sowie offen und verantwortungsbewusst mit ihrem seelischen Leiden umzugehen. Die Dauer des Aufenthalts richtet sich nach dem individuellen Bedarf von Mutter und Kind.

Auch in Würzburg ist eine kleine Einheit in der ehemaligen Übergangseinrichtung Agnes- Sapper- Haus für psychisch kranke Menschen in der Friedenstraße geplant. Bis zu zehn Mutter- Kind- Appartements sollen hier entstehen. Auch bei dem Würzburger Projekt wird es darum gehen, dass die seelisch erkrankte Mutter einen guten Umgang mit ihrer Beeinträchtigung erlernt. Die Mütter sollen während ihres Aufenthalts in dem „Familienhaus“ außerdem auf eine selbständige Lebensführung mit dem Kind vorbereitet werden. Der Aufenthalt dient nicht zuletzt dazu, die Mutter-Kind-Beziehung zu stärken und die Entwicklung des Kindes zu fördern.

Novum in der Region

Bereits seit März 2015 werden einzelne Eltern mit psychischer Erkrankung vom Team des Evangelischen Beratungszentrums in Würzburg ambulant in ihren Wohnungen betreut. Ziel dieser Initiative ist es, Klinikaufenthalten der Eltern aufgrund einer Phobie, Panikstörung, Depression oder Zwangserkrankung vorzubeugen. Schon dieses Angebot war seinerzeit ein Novum in der Region, und zwar vor allem deshalb, weil sich bei derartigen Projekten zwei Rechtskreise berühren: Die Kinder- und Jugendhilfe sowie die Eingliederungshilfe für behinderte Erwachsene. Damals war es gelungen, beide Hilfen zusammenzuführen.

Fachleute, die sich um seelisch kranke Eltern kümmern, betonen, dass auch diese Väter und Mütter gute Eltern sein möchten. Doch es gibt krankheitsbedingt Phasen, in denen sie nicht mehr so gut für ihre Kinder sorgen können. Die stationären Projekte, die in den letzten Jahren entstanden sind, richten sich an Mütter und Väter, die bereits alle ambulanten Maßnahmen ausgeschöpft haben. Trotzdem besteht weiterhin die Gefahr, dass Eltern und Kind getrennt werden, weil es dem Kind bei dem Elternteil nicht gut geht. So sind seelisch kranke Mütter oft in ihrer Möglichkeit eingeschränkt, sich dem Kind empathisch und feinfühlig zuzuwenden.

Pat Christ

 

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