Aus den Kommunenzurück

(GZ-3-2022)
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► Bezirkshaushalte im Freistaat:

 

Unterwegs in stürmischer See

Mit schwierigen Rahmenbedingungen rechnen die bayerischen Bezirke für das laufende Jahr. Bei der Verabschiedung der Bezirkshaushalte wurde dezidiert auf steigende Ausgaben aufmerksam gemacht. Trotz allem wollen die Bezirke auch künftig ein verlässlicher Partner für die Bürger sein und kommunalfreundlich gegenüber ihren Umlagezahlern bleiben.

Mit einem Gesamtvolumen von 2,27 Mrd. Euro hat der Bezirkstag von Oberbayern einen Rekordhaushalt verabschiedet. Wegen weiter steigender Ausgaben und den Folgen der Corona-Pandemie wird 2022 mit schwierigen Rahmenbedingungen gerechnet. Es sei aber gelungen, die Bezirksumlage nur moderat um 0,3 Prozentpunkte auf 22 Prozentpunkte erhöhen zu müssen.

95 Prozent der Ausgaben sind nicht verhandelbar

Laut Bezirkstagspräsident Josef Mederer fließen 2,14 Mrd. Euro, also 95 Prozent des Haushalts, in gesetzliche Aufgaben im sozialen Bereich. „Diese sind nicht verhandelbar. Wir stehen in sozialer Verantwortung gegenüber den leistungsberechtigten Personen. Hier gehen wir keine Kompromisse ein. Sparen auf Kosten von Menschen mit Beeinträchtigungen kommt nicht in Frage.“

Dem Hebesatz von 22 Prozentpunkten liegt ein ungedeckter Bedarf im Bezirkshaushalt von 1,9 Mrd. Euro zugrunde – ein Plus von 103 Mio. Der Hebesatz für 2022 wird auf Basis der oberbayerischen Umlagekraft 2020 in Höhe von 8,6 Mrd. Euro berechnet. Diese war trotz der Steuerausfälle durch die Corona-Pandemie um 4,3 Prozent gegenüber 2019 gestiegen, da Bund und Land die Gewerbesteuerausfälle bei den Kommunen kompensiert hatten. Die Mittel, die der Bezirk Oberbayern aus dem Kommunalen Finanzausgleich erhält, entlasten den Haushalt hingegen kaum. Sie steigen 2022 voraussichtlich nur um 320.000 Euro auf 79,5 Mio. Euro. Dies belastet den Bezirkshaushalt zusätzlich, da die Schere zwischen Kostensteigerungen und staatlichen Mitteln immer weiter aufgeht.

Auch über 2022 hinaus sieht sich der Bezirk Oberbayern Mederer zufolge weiter mit steigenden Ausgaben konfrontiert. Derzeit erhalten über 65.000 Menschen mit Behinderungen und/oder Pflegebedarf soziale Leistungen des Bezirks. Der Sozialhaushalt umfasst für 2022 rund 2,14 Mrd. Euro – ein Plus von rund 80 Mio. gegenüber dem Vorjahr. Allein in der Eingliederungshilfe wird mit Ausgaben in Höhe von 1,27 Mrd. Euro – plus 87,3 Mio. (7,4 Prozent) gerechnet. Auf die ambulante und stationäre Hilfe zur Pflege entfallen 289,7 Mio. Euro – 25,5 Mio. Euro (minus 8,1 Prozent) weniger als 2021. Verantwortlich ist das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung, durch das die Eigenanteile der Heimbewohner vorübergehend sinken – ein einmaliger Effekt im kommenden Jahr.

Der Umlagebedarf im Bezirk Niederbayern steigt von 326,7 Mio. Euro auf insgesamt 338,6 Mio. Euro. Rund 82 Mio. Euro stammen aus dem kommunalen Finanzausgleich des Freistaats. Die Umlagekraft steigt im Bezirk um 3,7 Prozent.

Massiver Einsatz von Rücklagen

Nach den Worten von Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich bleibt der Hebesatz für die Umlagezahler stabil bei 20 Prozent. Es sei zu erwarten, dass die Umlagekraft in den kommenden Jahren sinken wird, auch wenn der Freistaat Bayern den Städten und Gemeinden nochmals 50 Prozent des Gewerbesteuerausfalls erstatten sollte. „Diesem Einbruch wird der Bezirk Niederbayern durch den massiven Einsatz von Mitteln aus der allgemeinen Rücklage entgegenwirken“, so Heinrich.

Der Gesamthaushalt für den Bezirk Niederbayern hat ein Volumen von 773,4 Mio. Euro (inklusive aller Wirtschaftspläne der Bezirkskrankenhäuser Mainkofen, Landshut und Straubing sowie des Sozialpsychiatrischen Zentrums Mainkofen und des Gutshofs Mainkofen). Dabei beträgt der Verwaltungshaushalt 520,9 Mio. Euro und wächst um rund 15,1 Mio. Euro (+ 3,0 Prozent) zum Vorjahr. Mit 467,2 Mio. Euro machen die Ausgaben für Sozialhilfe den mit Abstand größten Anteil des Bezirkshaushalts aus.

Trotz erheblicher Ausgabenminderung durch das Pflegereformgesetz steigt der Zuschussbedarf im Sozialhaushalt um rund 12,5 Mio. Euro. Hauptursache hierfür sind jährlich steigende Kosten für die Unterbringung in Heimen und Förderstätten.

Der Bezirk Oberpfalz plant für 2022 einen Haushalt in Höhe von 479,4 Mio. Euro – 33,2 Mio. Euro weniger als im Rekordjahr 2021. Anders als der Bezirk Niederbayern rechnet der Bezirk Oberpfalz etwa die Wirtschaftspläne seiner medizinischen Einrichtungen (Medbo) nicht mit zum Bezirkshaushalt. „Der Bezirk konnte seinem Auftrag der sozialen Sicherung auch unter den besonderen Bedingungen des Jahres 2021 gerecht werden“, betonte Bezirkstagspräsident Franz Löffler.

Weil die Umlagekraft des Bezirks – berechnet unter anderem aus dem kommunalen Steueraufkommen des Jahres 2020 – im Vergleich zum aktuellen Haushalt um rund 15 Prozent gestiegen ist, kann der Bezirk die Bezirksumlage von aktuell 19,3 Prozent auf 17,8 Prozent senken. So wird mit 300,6 Mio. Euro gerechnet.

94 Prozent der Ausgaben des Verwaltungshaushalts entfallen auf den Sozialetat, der rund 447 Mio. Euro beträgt. Davon sind 280 Mio. Euro für die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung vorgesehen, 82 Mio. Euro entfallen auf Pflegehilfe. Für Kultur und Bildung gibt der Bezirk zwölf Mio. Euro aus.

Der Haushalt 2022 kommt ohne neue Schulden aus. Jedoch werden 3,5 Mio. Euro aus der Rücklage, die derzeit 18,5 Mio. Euro beträgt, entnommen.

Die Umlage des Bezirks Mittelfranken bleibt laut Bezirkstagspräsident Armin Kroder im vierten Jahr stabil bei 23,55 Prozent. Zum einen ist dies einer höheren Umlagekraft als ursprünglich kalkuliert zu verdanken. Zum anderen trägt ein erneuter kräftiger Griff in die finanziellen Reserven (über 20 Mio. Euro) dazu bei. Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestrücklage von 9,5 Mio. Euro darf allerdings nicht unterschritten werden, 2022 ist dies noch gewährleistet. Zur Deckung des Haushalts ist auch eine Kreditaufnahme von etwa einer halben Mio. Euro vorgesehen.

Über eine Milliarde Euro wird der Gesamthaushalt des Bezirks im nächsten Jahr betragen. Die Einnahmen aus der Bezirksumlage belaufen sich dabei auf knapp 637 Mio. Euro. Der Verwaltungshaushalt hat ein Volumen von rund 990 Mio. Euro, wobei über 882 Mio. Euro auf Sozialausgaben entfallen. Allein die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung und die Hilfe zur Pflege summieren sich zusammen auf knapp 696 Mio. Euro. Zweitgrößter Posten im Verwaltungshaushalt ist der Schuletat. Er fällt mit vergleichsweise niedrigen 5,9 Prozent (rund 58 Mio. Euro) ins Gewicht.

Der Vermögenshaushalt umfasst knapp 26 Mio. Euro. Mit 11 Mio. Euro liegt der Schwerpunkt der Investitionen im Schulbereich.

Trotz Rekord-Haushalt sinkt Bezirksumlage

Mit einem Gesamtvolumen von 908,2 Mio. Euro beschloss der Bezirk Unterfranken einen Rekord-Haushalt. Dennoch wird die Bezirksumlage um 0,2 Punkte auf dann 20,0 Prozent sinken. Zu verdanken sei dies unter anderem der steigenden Steuerkraft, wie Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel erläuterte. Jetzt komme es darauf an, „Strukturen zu schaffen, die über die Pandemie hinausreichen“.

Insgesamt fließen rund 512,7 Mio. Euro in den Sozialbereich. Den Ausgaben, insbesondere für die Eingliederungshilfe und die Hilfe zu Pflege, stehen hier rund 183,5 Mio. Euro zu erwartende Einnahmen gegenüber. Der Zuschussbedarf beläuft sich demnach auf rund 329,2 Mio. Euro – fast sieben Prozent mehr als im Jahr 2021. Von der Corona-Krise direkt betroffen sind naturgemäß die Krankenhäuser. Dennoch werden die großen Kliniken des Bezirks das laufende Geschäftsjahr mit positiven Erträgen abschließen.

Beim Bezirk Schwaben pendelt sich der Verwaltungshaushalt bei 900 Mio. Euro ein, der Hebesatz bleibt stabil. Insgesamt beträgt das Haushaltsvolumen knapp 920 Mio. Euro. Die Ausgaben für die Soziale Sicherung betragen 95,14 Prozent.

„Als Träger der überörtlichen Sozialhilfe ist es unser Auftrag, Bürgerinnen und Bürger in schwierigen Lebenslagen zu unterstützen“, bekräftigt Bezirkstagspräsident Martin Sailer. „Dabei ist es unser Anspruch, heute und auch in Zukunft ein verlässlicher Partner zu sein: für unsere Bürgerinnen und Bürger, für die Werk- und Förderstätten sowie verschiedenste Einrichtungen und natürlich unsere Umlagezahler.“ Der Hebesatz soll daher 2022 erneut 22,9 Prozent betragen. Er bleibt damit im zweiten Jahr stabil und soll auch 2023 nicht steigen.

Die Lücke im Verwaltungshaushalt 2022 fiel dabei zunächst geringer aus als erwartet: Sie betrug 5,2 Mio. Euro und wird über die allgemeine Rücklage ausgeglichen. Das ist unter anderem auf Mehreinnahmen aus der Umlagekraftsteigerung sowie die Nettoentlastung durch die Pflegereform zurückzuführen.

Neben den Ausgaben im sozialen Bereich finanziert der Bezirk im Verwaltungshaushalt 2022 mit rund 13,5 Mio. Euro auch kulturelle Aufgaben. Hierbei plant der Bezirk im kommenden Jahr, zahlreiche innovative und inklusive Ausstellungen umzusetzen sowie weitere digitale Formate zu entwickeln.

Um den Schritt in Richtung Digitalisierung weiter voranzutreiben, entsteht beim Bezirk 2022 eine eigene „IT“-Abteilung, die gemeinsam mit der Stabstelle Digitalisierung ein „IT-Haus“ beziehen wird. Ziel der Umstrukturierung ist es, den Bezirk digital zukunftsfähig zu machen und seine Verwaltung auch im Jahr 2022 konsequent weiter zu modernisieren.

Hinweis: Das Zahlenwerk für den Bezirk Oberfranken wurde bereits in der GZ-Ausgabe 24/2021 veröffentlicht.

DK

 

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