Aus den Kommunenzurück

(GZ-17-2020)
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► Rekultivierung des ehemaligen südlichen Wackersdorfer Braunkohlereviers:

 

Rekultivierungsflächen bekommen grünes Kleid aufgesprüht

Bauabschnitt 02 auf dem Westfeld rund um den wieder erstandenen Irlacher See voll im Zeitplan

 

Die Arbeiten zur Rekultivierung des Westfelds bei Wackersdorf auf dem rund fünf Hektar großen nördlichen Bauabschnitt 02 unterhalb des Geotops nähern sich ihrem grünen Ende und liegen damit etwas vor dem Zeitplan.

Per Hochdruckschlauch wird die homogene Ansaat-Emulsion von einem Mitarbeiter der Spezialfirma aus Nordrhein-Westfalen auf die rekultivierten Flächen des Westfeld-Bauabschnitts 02 aufgesprüht. Da die Flächen an einigen Stellen recht steil sind, werden zur dauerhaften Sicherung gegen ungewollte Witterungseinflüsse Kokosmatten darübergelegt, die mit Holznägeln im Erdbereich befestigt sind. Die angesäten Pflanzen wachsen durch die Matten durch. 	Bild: Jan Kiver, 2020
Per Hochdruckschlauch wird die homogene Ansaat-Emulsion von einem Mitarbeiter der Spezialfirma aus Nordrhein-Westfalen auf die rekultivierten Flächen des Westfeld-Bauabschnitts 02 aufgesprüht. Da die Flächen an einigen Stellen recht steil sind, werden zur dauerhaften Sicherung gegen ungewollte Witterungseinflüsse Kokosmatten darübergelegt, die mit Holznägeln im Erdbereich befestigt sind. Die angesäten Pflanzen wachsen durch die Matten durch. Bild: Jan Kiver, 2020

Daher konnten die in den letzten rund 12 Monaten entstandenen Rekultivierungsflächen im Westfeld-Bauabschnitt 02 rund um den wieder erstandenen Irlacher See schon in der ersten Augustwoche ihr grünes Finish bekommen. Ziel ist ein extensiv zu bewirtschaftender, naturschutzfachlich wertvoller Magerrasen. Die Arbeiten zur großflächigen Nass-Ansaat werden im Auftrag von Uniper von einem darauf spezialisierten Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen ausgeführt.

Nass-Ansaat-Verfahren

Die jetzt zu begrünenden Flächen umfassen rund 40.000 m² (vier Hektar), die mit einem speziellen Landschafts-/Magerrasen-Substrat angesprüht werden. Über die Ansaatschicht werden Kokosmatten verlegt, die mit Holznägeln dauerhaft auf den Boden geheftet werden. Pro Quadratmeter werden rund 115 Gramm Nass-Ansaat-Emulsion auf die Rekultivierungsschicht gespritzt. Die homogene Emulsion besteht aus einem Gemisch von Saatgut (unter anderem mit Kräutern und Winterroggen), Dünger-, Bodenhilfs- und Bodenverbesserungsstoffen.

Das Nass-Ansaat-Verfahren zur Begrünung der Rekultivierungsflächen im Westfeld wurde deshalb gewählt, weil die entstandene Hügellandschaft schwer erreichbare und nicht befahrbare Flächen ausweist. Das grüne Deckkleid soll die Flächen zuverlässig und dauerhaft begrünen und vor Erosion schützten. Die entsprechende Begrünungsrezeptur ist auf den Standort angepasst worden. Von einem Hydroseeder (Spezial-LKW) aus spritzen Mitarbeiter mittels Schlauchleitungen und Strahlrohr über spezielle Düsen die Anspritz-Emulsion auf die Flächen. Für eine homogene Anspritzmasse sorgt ein Rührwerk auf dem LKW, so dass ein gleichmäßiges Begrünungsergebnis entsteht.

Mit der Begrünung der Flächen kann der Bauabschnitt 02 des WestfeldRekultivierungsprojekts an die schon seit einigen Jahren bestehenden Naturflächen des Bauabschnitts 01 angebunden, sowie in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild, integriert werden.

Arbeitsschutzanforderungen

Die Begrünung der Rekultivierungsflächen des Bauabschnitts 02 im Westfeld bildet den baulichen Schlusspunkt der im Frühsommer 2019 begonnenen Arbeiten. Die Oberpfälzer Firma Kassecker hat mit großer Sorgfalt und Termintreue unter Beachtung der bei Uniper geltenden hohen Arbeitsschutzanforderungen, die durch die CoVid- 19-Pandemie noch zusätzlich verschärft wurden, die Rekultivierungsarbeiten bis aufwendige Restarbeiten vorzeitig fertiggestellt.

Sichtbare Zeichen sind die neu modellierte, sanfte Hügellandschaft rund um den in einem befestigten Becken wiedererstanden ehemaligen Irlacher See, an der mit rund 30 Meter tiefsten Stelle des Westfelds. Der Irlacher See dient als Sickerwassersammler. Diese Wässer werden über die vier hochmodernen, neuen Saugpumpenschächte in die Wasseraufbereitungsanlage gepumpt und von dort, entsprechend den behördlichen Vorgaben, gereinigt in den Knappensee weitergeleitet.

Gestaltung einer neuen Landschaft

Während der vergangenen eineinhalb Jahren wurde systematisch eine neue Landschaft im Bauabschnitt 02 gestaltet. Dabei wurden die ehemaligen intensiv industriell und bergmännisch genutzten Flächen abgedichtet und die Oberfläche durch einen in Schichten angelegten Aufbau des Rekultivierungsbodens neu gestaltet, mit dem Ziel, der Region ökologisch wertvolle Landschaften zurückgeben zu können.

Natürliche Abdichtung mit geotextilem Verbundstoff

Für den Aufbau der Abdichtung und Modellierung des Bauabschnitts 02 wurde zu Beginn mit 50.000 m³ Material eine Befahrungsschicht unterhalb der Dichtungsebene angelegt. Als Ausgleichsschicht für die Dichtungsmatten wurden 6.000 m³ Material verbaut. Darüber kamen auf 35.000 m² sogenannte geosynthetische Ton-Dichtungsbahnen aus Bentonit.

Dieser geotextile Verbundstoff hat sich als natürliche Abdichtung gegen Flüssigkeiten, wegen seiner schnellen und sicheren Dichtwirkung und durch die sehr gute Quellfähigkeit, bewährt. Ein Zentimeter der Dichtungsbahn aus Bentonit (einem vulkanischen Tonmineral) ersetzt eine herkömmliche Tonabdichtung mit einer Stärke von rund einem halben Meter.

Über die dichtende Matte wurden in bis zu 1,2 Meter Stärke verschiedene Bodenschichten, wie rund 4.000 m³ mineralische Sand-Schutzschicht, 8.000 m³ Wurzelhemmschicht und 40.000 m³ Bewuchsschicht (Oberpfälzer Mutterboden) aufgetragen.

240.000 Tonnen Rekultivierungsböden

Insgesamt mussten aus der Region rund 240.000 Tonnen Rekultivierungsböden per LKW antransportiert werden. Die Transportwege konnten im Sinne von Klimaschutz und Ressourcenschonung kurzgehalten werden. Die Böden wurden vor dem Einbau entsprechend der behördlichen Auflagen systematisch geprüft und gegebenenfalls zusätzlich aufbereitet. Zur Abdichtung der neben den Befahrwegen verlaufenden Gräben wurden 7.000 m² Kunststoffdichtungsbahnen verlegt und mit Wasserbausteinen gesichert. Die Böschungen des wieder erstandenen Irlacher Sees sind mit rund 12.000 Tonnen Wasserbausteinen gesichert worden.

Investitionen von über zehn Millionen Euro

Über zehn Millionen Euro investierte Uniper allein in diesen zweiten Rekultivierungsabschnitt. Neben diversen regionalen Zulieferfirmen waren rund 20 Mitarbeiter von Kassecker, Uniper, sowie den Gutachter-, Planungs- und Überwachungsbüros mit den Arbeiten vor Ort beschäftigt. Auch der eingesetzte Maschinenpark, zur Qualitätskontrolle, zum großen Teil satellitengesteuert, war beeindruckend:

Mehrere Radlader in unterschiedlichen Gewichtsklassen für den Massenumschlag und zur Bodenaufbereitung, Kettenbagger mit diversen Anbauwerkzeugen, ein kalibrierter Walzenzug mit GPS-überwachter Verdichtungskontrolle, eine „Schneekanone“ und Traktoren mit Wassertanks zur Befeuchtung und Staubbindung, sowie die bei Großbaustellen obligatorische Reifenwaschanlage für die Transportfahrzeuge waren im Einsatz.

Hintergrund

Insgesamt sieben Jahrzehnte war das Wackersdorfer Braunkohlerevier von bergmännischer Nutzung geprägt. Die Rekultivierung der Westfeld-Flächen lag bei der ehemaligen Bayerischen Braunkohleindustrie (BBI), dem Bayernwerk und E.ON, von der Uniper die Aufgabe übernommen hat. Das Rekultivierungsprojekt wurde 2002 gestartet. Der Abschluss ist bis Ende 2022 in mehreren Etappen vorgesehen.

Auf dem insgesamt gut 80 Hektar großen, ehemals weitgehend ebenen südlichen Wackersdorfer Braunkohle-Tagebaugebiet Westfeld wurden während der Betriebszeit des Kraftwerks Schwandorf-Dachelhofen (1930-2002) der im Kraftwerk benötigte Brennstoff Braunkohle erst abgebaut und in Teilbereichen später eigene und tschechische Braunkohlelieferungen gelagert. Die ausgekohlten Tagebaugruben wurden mit Abraum aus dem Braunkohleabbau und mit Kraftwerksasche sowie im Bereich des heutigen Westfeld-Damms mit Bauschutt und Abbruchmaterial einer ehemaligen Brikettfabrik und des Schwandorfer Kraftwerks verfüllt. Seit 2009 dient das Areal des Westfeld-Damms zum Teil als Lagerplatz für die benötigten Baumaterialien zur Rekultivierung des Westfeldes.

Im Zuge des Rekultivierungsvorhabens wird insbesondere auch das vorhandene Entwässerungssystem und die Sickerwasseraufbereitung für das Westfeld grundlegend modernisiert und ausgebaut. Neben dem Sickerwassersammelbecken (kurz: Sickerwassersammler bzw. Irlacher See), das sich an der tiefsten Stelle des Westfelds (-30 Meter) befindet, wurden vier großvolumige Saugpumpenschächte mit modernen Hochleistungs-Saugpumpen installiert.

Auch die Aufbereitung von verunreinigtem Sickerwasser möchte Uniper soweit wie möglich energie- und ressourcenschonend gestalten. Dazu unterstützt Uniper am Standort Westfeld ein zukunftsweisendes Umweltforschungsprojekt der Base Technologies GmbH, einem Umwelttechnologiespezialisten aus München, in Kooperation mit der Universität Bayreuth und mit Förderung der renommierten Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Ziel des Projektes ist die Einführung und Weiterentwicklung einer naturnahen und nachhaltigen Technologie zur Wasseraufbereitung unter vollständigem Verzicht auf den Einsatz von Energie und Chemikalien.

Eine innovative mehrstufige Versuchsanlage arbeitet seit 2017 auf dem Westfeld und belegt die Möglichkeit eines dauerhaften, sicheren Betriebs einer solchen passiven Reinigungsanlage unter realen Bedingungen. Uniper beabsichtigt die Beantragung einer deutschlandweit ersten passiven Großanlage als nachhaltige Alternative zur bestehenden Sickerwasseraufbereitungsanlage. Mit der vorliegenden Datenbasis konnte durch Base Technologies in enger Kooperation mit den zuständigen Behörden bereits die Genehmigungsplanung angestoßen werden.

Auch für die Regenwassersammlung werden drei neue Pumpenschächte zur Sammlung des Oberflächenwassers in den Rekultivierungskörper gesetzt. Über diese wird künftig das saubere Regenwasser zum Teil mit Pumpen in Regenrückhaltebecken gesammelt und über den Entwässerungsgraben Nord weiter in das Naturschutzgebiet Hirtlohweiher geleitet.

Das Grabensystem in Richtung Hirtlohweiher wird durch Rückbau von Verrohrungen und Überbauungen umgestaltet. Dadurch verbessern sich dessen Gestalt und die Gewässerökologie spürbar. Zudem wird es als wichtiger Baustein zu Verbesserung des Hochwasserschutzes, z. B. bei Starkregenereignissen, für das Gemeindegebiet Wackersdorf mit Herstellung naturnaher Retentionsräume und Überschwemmungsflächen im Westfeldgelände angepasst und ausgebaut.


JK

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