Aus den Kommunenzurück

(GZ-9-2020)
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► Heimatpfleger-Treffen in Essenbach – Dr. Robert Graf und Stefan Rieder referierten:

 

Archäologische Entdeckungen von Weltrang

 

Auf dem Gebiet der Marktgemeinde Essenbach sind archäologische Funde gemacht worden, die in der Wissenschaft weltweit Berühmtheit erlangt haben – und man darf gespannt sein, was die Forschungen von international renommierten Experten noch alles erbringen werden: Dies legte der Archäologe Dr. Robert Graf vor zahlreichen Zuhörern beim 15. Heimatpfleger-Treffen im Heimatmuseum dar, zu dem Monika Weigl, Kreisheimatpflegerin für Archäologie, eingeladen hatte.

Erster Bürgermeister Dieter Neubauer sowie der Kreisheimatpfleger und Marktrat Stefan Rieder brachten ihre Freude darüber zum Ausdruck, dass sich so viele engagierte Heimatforscher zu Gedankenaustausch und Diskussionen unter Gleichgesinnten eingefunden hatten. Kreisheimatpflegerin Monika Weigl dankte der Marktgemeinde Essenbach, dass sie ihr Museum für zahlreiche kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung stellt.

Oktoberfest, Bayern München und Altheimer Kultur

Sie hielt auf dem 15. Treffen dieser Art eine kurze Rückschau auf die jahrzehntelange Arbeit von Heimatforschern von Ergoldsbach bis Vilsbiburg (sie selbst ist seit gut 35 Jahren in der Archäologie tätig): Von Ortsforschern über Archiv- und Familienforscher, Sammler von Lebensläufen und Sterbebildern bis zu Volksmusik-Bewahrern reiche das Spektrum engagierter Geschichtsfreunde, die sich bei solchen Treffen austauschten, sagte Weigl.

Weltweiter Bekanntheitsgrad

Funde, die in Essenbach gemacht wurden, sind bei Fachleuten und bei Geschichtsfreunden buchstäblich weltweit bekannt, erläuterte der Archäologe Dr. Robert Graf, der Projektmanager des geplanten Essenbacher Archäologie-Museums: Wenn man etwa geschichtlich gebildete Südkoreaner frage, was sie mit Bayern verbinden, erhalte man drei Begriffe als Antwort. Das seien das Oktoberfest, der Fußballklub Bayern München – und die Altheimer Kultur, erklärte der Archäologe, der unter anderem Lehraufträge an den Universitäten von Madrid, Manchester und Seoul (Südkorea) hat. Hierzulande sei die Fundstätte und die ganze Kultur-Epoche, der sie den Namen gab (Altheimer Kultur, etwa 3800 bis 3200 vor Christus), dagegen weitgehend unbekannt.

Erdwerk, Bronzezeit-Fürst und Römer-Gutshöfe

Das künftige Essenbacher Archäologie-Museum wird zugleich als „Kulturhistorisches Vermittlungs-Zentrum“ konzipiert, führte Graf mit Hinweis auf die zentrale Rolle aus, die dem Museum durch den britischen Experten Dr. Nigel Mills zugedacht worden ist, der ein Museumskonzept für den Landkreis erarbeitet hat. Schwerpunkte der Präsentation werden nach Grafs Worten das rund 5.700 Jahre alte Altheimer Erdwerk, der Bronzezeit-Fürst von Essenbach (3200 Jahre altes Grab mit reichen Beigaben) und die römische Zivilsiedlung von Essenbach-Ammerbreite.

Prachtfunde aus dem „Staatsbegräbnis“

Bereits jetzt laufe die Zusammenarbeit mit renommierten Experten, legte er dar: So seien die Prachtfunde aus dem „Staatsbegräbnis“ (Dr. Graf) des Bronzezeit-Fürsten (wie Zeremonialwagen, Bronzeschwert, Goldring) im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg zur Restaurierung und Untersuchung.
Die Grabstätte habe einen kompletten Satz an Wiege-Gewichten enthalten – ein Fundensemble, wie man es bislang nur aus den Hochkulturen am Mittelmeer und im Vorderen Orient kannte.

Und auf den Feldern von Altheim hat der Regensburger Universitätsprofessor Dr. Thomas Saile mit Ausgrabungs-Teams nicht nur neue Funde geborgen; er beginnt auch, den Schleier der Geheimnisse um das dreifach gestaffelte Wall-Graben-Bauwerk zu lüften: Es war wohl eine Begräbnis- und Kultstätte und ein Himmels-Observatorium, eine nach astronomischen Gesichtspunkten ausgerichtete Anlage – nach den Zyklen des Mondes.

Heimatgeschichte: Leben von Otto Normalbürger

Mit dem Römer-Experten und Münchner Universitätsprofessor Dr. Salvatore Ortisi hat Dr. Graf einen Partner für die wissenschaftliche Aufarbeitung der Funde der römischen Zivilsiedlung gefunden: Die Siedlung an einer Isartal-Straße und die Gutshöfe waren Teile der militärischen Infrastruktur der Römer und dienten der Versorgung der Grenztruppen an Donau und Limes.

Kreisheimatpfleger Stefan Rieder unterstrich die Rolle, die die Schulen dabei spielen, Geschichts- und Heimatkunde-Wissen zu vermitteln. Dasselbe gelte, wenn es darum gehe, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig es ist, historische Gebäude und Stätten zu pflegen und zu erhalten, um die Identität der Heimatregion zu bewahren.

Heimatforscher leisten Kärner-Arbeit

Rieder arbeitet derzeit an einer Zusammenstellung von historischen Stätten, Museen und anderen Kristallisationspunkten der Heimatgeschichte als Handreichung für Lehrer aller Schularten. Besonders hob er die Kärrner-Arbeit hervor, die engagierte Heimatforscher in den Archiven leisteten:

Das sei wahre Grundlagenforschung. Während „die 30. Biographie irgendeines Königs“ kaum neue Erkenntnisse erbringe, werfen die Heimatforscher nach Rieders Worten Schlaglichter „auf das Leben jener 98 Prozent der Menschen“ in alten Zeiten, die Bauern, Bürger, Handwerksleute waren.

 

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