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(GZ-14-2022)
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► Regierungserklärung zur Sozialpolitik:

 

Bayern. Gemeinsam. Stark.

In ihrer Regierungserklärung zur Sozialpolitik im Bayerischen Landtag hat Sozial- und Familienministerin Ulrike Scharf ein positives Bild der sozialen Lage im Freistaat gezeichnet. Bisher habe Bayern die Krisenzeiten gut gemeistert. „Das Fundament unseres sozialen Wohlstands ist stabil. Dies belegen die wissenschaftlichen Daten des neuen Sozialberichts.“

Ulrike Scharf. Bild: CSU
Ulrike Scharf. Bild: CSU

Laut dem fünften Sozialbericht der Bayerischen Staatsregierung hat der Freistaat die höchste Erwerbstätigenquote (2019: 79,9 Prozent) und die niedrigste Arbeitslosigkeit (2021: 3,5 Prozent) aller Bundesländer. Nirgendwo sonst in Deutschland nehmen weniger Menschen die Mindestsicherung in Anspruch (2020: 4,5 Prozent). Mit 12,6 Prozent hat Bayern zudem die niedrigste Armutsgefährdungsquote aller Bundesländer. „Neben der langfristigen Sicherung unseres Wohlstands und der Altersvorsorge wollen wir in der aktuellen Lage das Zukunftsversprechen erneuern, dass wir in Bayern für stabile Lebensverhältnisse sorgen und niemanden zurücklassen“, unterstrich Scharf.

„Bayern ist das Familienland Nummer 1“, fuhr die Ministerin fort. Mit insgesamt 4,16 Milliarden Euro würden beste Voraussetzungen für Familien geschaffen. Im Zeitraum von 2018 bis 2021 sei der Etat um 1,43 Mrd. Euro erhöht worden. Dies entspreche einer Steigerung um 53 Prozent.

Familienland Nummer 1

Kein anderes Bundesland unterstütze Familien besser. Damit knüpfe Bayern ein bundesweit einzigartiges Netz an Unterstützungsleistungen für Kinder, Jugendliche und Familien: In keinem anderen Bundesland gebe es ein Familiengeld in Höhe von 250 Euro pro Monat für Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr und ab dem dritten Kind sogar 300 Euro. Für eine Familie mit zwei Kindern seien dies 2.000 Euro zusätzlich. Bereits 660.000 Kinder hätten davon profitiert. Auch gebe es für alle Familien mit Kindern in der Krippe für jedes Kind zwischen dem ersten und dritten Geburtstag pro Monat 100 Euro Zuschuss auf die Elternbeiträge – bis zu einem Elterneinkommen von 60.000 Euro pro Jahr.

Mit Blick auf den Ausbau der Ganztagesbetreuung erklärte Scharf: „Nach der Fördergarantie des Freistaats an die Kommunen zur Förderung von Krippenplätzen aus dem Jahr 2013 setzen wir nun den nächsten Meilenstein für die Grundschulkinder im Alter von über sechs Jahren. Wir geben hier und heute ein neues Förder-Versprechen für die Kommunen: Für jeden Ganztagsplatz für Grundschulkinder, den die Kommunen bis zum Jahr 2029 schaffen, garantiert der Freistaat eine finanzielle Unterstützung bei den Investitionskosten. Wir unterstützen die Kommunen damit über die Leistungen des Kommunalen Finanzausgleichs hinaus kraftvoll und verlässlich. Das ist für die Familien und die Kommunen eine wichtige Nachricht für dieses Jahrzehnt. Unser Ganztagesversprechen ab 2026 wird zum Markenkern bayerischer Familienpolitik gehören wie das Familiengeld und das Krippengeld – im Dienste der Menschen, im Dienste unserer Kinder.“

Ausbildungserleichterungen

Beim Thema Fachkräfte für die Kinderbetreuung verwies die Ministerin darauf, „dass wir bereits die Ausbildung erleichtert haben. Jetzt wollen wir die Möglichkeiten zu Weiterbildung und Qualifizierung auf einem ganz neuen Niveau ausweiten. Wir wollen eine neue Fortbildungsakademie gründen, bestehende Angebote der etablierten Träger ergänzen und die digitalen Angebote massiv ausbauen. Damit geben wir gemeinsam einen neuen Schub für die Fort- und Weiterbildung.“

Jugendarbeit „so stark wie noch nie“

Mit insgesamt über 36 Mio. Euro soll zudem die Jugendarbeit „so stark wie noch nie“ unterstützt werden. Schließlich mussten junge Menschen in den vergangenen gut zwei Jahren unter anderem darauf verzichten, Freunde zu treffen, gemeinsam Sport zu treiben oder gemeinsam zu musizieren. Durch diese Belastungen seien die Unterstützungsbedarfe von Kindern und Jugendlichen stark gestiegen, erläuterte die Ministerin.

Seit vielen Jahren setzt sich Scharf bereits für die Gleichstellung von Frauen und Männern ein. Aus ihrer Sicht „ist und bleibt es ein Skandal, dass Frauen für die gleiche Leistung weniger entlohnt werden“. Bei allen Gleichstellungsfragen habe gerade der öffentliche Dienst eine besondere Vorbildfunktion. Deshalb soll das bayerische Gleichstellungsgesetz noch in dieser Legislaturperiode novelliert werden.

Gewalt und Gewaltschutz

Da im Bereich häuslicher und sexualisierter Gewalt der Gewaltschutz immer noch weitestgehend Frauenschutz sei, stelle Bayern einen zweistelligen Millionenbetrag zur finanziellen Unterstützung des Frauenhilfesystems zur Verfügung. „Wichtig ist mir, dass vor Ort weiterhin Frauenhausplätze geschaffen werden. Zudem sollen Frauen nach einem Aufenthalt im Frauenhaus baldmöglichst in eine eigene Wohnung ziehen können. Dafür planen wir, die sog. Second Stage-Modellprojekte zu verstetigen und streben an, diese noch weiter in die Fläche zu bringen“, erläuterte die Ministerin.

Zeichen für die Völkerverständigung

Da auch die Völkerverständigung „ein Zeichen in dieser Zeit“ sei, wird Scharf im September gemeinsam mit den Verbänden der Heimatvertriebenen nach Tschechien reisen – „zur Erneuerung unseres Bekenntnisses für die europäische Einheit in Frieden, Vielfalt und Verständigung“. „Wir dürfen uns niemals mit Unrecht, Krieg und Hass abfinden. Verteidigen wir gemeinsam die Stärke des Rechts gegen das Recht des Stärkeren. Stehen wir zusammen gegen Krieg und Hass, gegen Flucht und Vertreibung. Das sind wir unserer deutschen Geschichte und unseren eigenen Kindern und Kindeskindern schuldig“, hob die Ministerin hervor.

„Der Freistaat ist ein wirtschaftlich und sozial starkes Land. Wir als Freie Wähler-Fraktion stehen auch für eine inklusive Gesellschaft, in der alle Menschen an sämtlichen Bereichen des Lebens selbstbestimmt und gleichberechtigt teilhaben können – egal ob mit oder ohne Behinderung“, betonte Robert Riedl, Sprecher für Arbeit und Senioren der FW-Fraktion. „Eines unserer Kernanliegen ist es, die Bedeutung von Barrierefreiheit sowohl im Privat- und Berufsleben als auch im Freizeitbereich zu vermitteln. Daher wollen wir unsere Umwelt möglichst barrierefrei gestalten. Im Zuge dessen gilt es, die Potenziale älterer Menschen zu nutzen und ihre Teilhabe zu fördern.“

Chancengerechtigkeit beginnt bei den Kleinsten

Oppositionsführerin Katharina Schulze (Bündnis 90/Die Grünen) vermisste in der Regierungserklärung die Einordnung der sozialpolitischen Lage und vor allem die politischen Ableitungen daraus: „Ob wir in Bayern gemeinsam stark sind, hängt auch davon ab, ob die starken Schultern mehr tragen, um die schwachen Schultern zu entlasten. Dafür zu sorgen, ist die Aufgabe dieser Regierung. Daran werden wir Sie auch messen.“

„Chancengerechtigkeit beginnt bei den Kleinsten: Mehr Erzieherinnen und Erzieher bedeuten bessere Kitas - und bessere Kitas führen zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, erklärte die Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Jugend und Familie, Doris Rauscher (SPD). In Bayern fehlten überall Kitaplätze – auch, weil es an Fachkräften mangle. Die Kitas und damit die Familien steuerten auf einen Kollaps zu. „Das darf in einem so wohlhabenden Bundesland wie Bayern einfach nicht sein!“ Damit mehr junge Menschen in Kitas arbeiten wollen, müsse der Beruf attraktiver werden.

Bayerisches Entlastungspaket gefordert

Die SPD-Fraktion fordert ein bayerische Entlastungspaket, das das Paket der SPD-geführten Bundesregierung flankiert: „Das Leben in Bayern ist schön, aber besonders teuer. Bayern hat Steuermehreinnahmen von fast zwei Milliarden Euro: Einen Teil des Geldes kann man den Menschen jetzt zurückgeben, etwa mit 100 Euro pro Kind und 50 Euro Klima- und Energiegeld pro Kopf.“

Laut Julika Sandt, Sprecherin der FDP-Fraktion für Arbeit, Soziales, Jugend, Familie, Frauen und Menschen mit Behinderung, ist mit Blick auf die derzeit stark anwachsenden Herausforderungen im sozialen Bereich – Folgen der Corona-Pandemie, Auswirkungen des Ukraine-Konflikts, Inflation, viele Geflüchtete – eine sehr starke und profilierte Sozialpolitik gefordert: „Jetzt hätte ich starke Lösungen erwartet. Ein Profil statt Beliebigkeit!“ Wichtig sei es, Chancen zu schaffen für die Menschen in diesem Land, etwa durch eine Fachkräfte- und Qualitätsoffensive in der frühkindlichen Bildung. Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben forderte Sandt auch für Menschen mit Behinderung, etwa durch barrierefreie Mobilität, barrierefreies Internet und ein Gehörlosengeld.

Fehlende Frauenhausplätze

„Statt Chancen zu schaffen, erfüllt die Staatsregierung nicht mal ihren selbst gesetzten Anspruch einer verlässlichen Sozialpolitik“, hob die Politikerin hervor. Beispielhaft hierfür sei das „Schneckentempo beim Ausbau von Frauenhausplätzen“. Bei der aktuellen Langsamkeit werde Bayern die Vorgaben der Istanbul-Konvention erst im Jahr 2035 erreichen, bei Plätzen für Frauen mit Kindern werde es sogar bis 2059 dauern. Deshalb Sandts Frage an die Ministerin: „Auf wen sollen sich Frauen, die täglich Gewalt erfahren, in den nächsten 12 bis 27 Jahren verlassen?“

Armutsgefährdung auch im Freistaat

AfD-Fraktionsvorsitzender Ulrich Singer kritisierte schließlich, dass die Staatsregierung in den vergangenen Jahren eine Spaltung in Bayern betrieben habe. Was die soziale Lage anbelangt, gehe es Bayern in vielen Bereichen immer noch besser als anderen Bundesländern. Gleichwohl dürfe man nicht verhehlen, dass die Quote der Armutsgefährdung im Freistaat in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen sei – „seit 2015 um knapp 10 Prozent“.

DK

 

 

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