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(GZ-17-2018)
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► Aktuelle Finanzdaten der kommunalen Spitzenverbände:

 

Vorrang für Investitionen und Schuldenabbau

Eine aktuelle Prognose der kommunalen Spitzenverbände zeigt: Die gute wirtschaftliche Lage in Deutschland wirkt sich auch auf die Kommunalfinanzen aus. Im Durchschnitt stehen die kommunalen Haushalte derzeit gut da. Allerdings sind die derzeitige Situation und die guten Aussichten ausschließlich einer sehr guten wirtschaftlichen Entwicklung und verschiedenen Bundeshilfen geschuldet. 

Wie die Präsidenten des Deutschen Städtetages, des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Oberbürgermeister Markus Lewe, Münster, Landrat Reinhard Sager, Kreis Ostholstein und Bürgermeister Uwe Brandl, Abensberg, feststellten, „müssen Schuldenabbau und Investitionen jetzt Vorrang haben. Denn – das zeigt jede Erfahrung – eine gute wirtschaftliche Entwicklung dauert nicht ewig an. Daran sollten Bund und Länder denken, trotz der positiven Entwicklung bei den öffentlichen Haushalten. Eine Diskussion über höhere Leistungen, etwa im Sozialbereich ist nur dann zu verantworten, wenn klar benannt und geregelt wird, wie diese in wirtschaftlich schlechteren Zeiten noch finanziert werden können.“

7,6 Mrd. Euro Überschuss 

Im Ergebnis rechnet die Prognose der kommunalen Spitzenverbände für das laufende Jahr mit einem Überschuss von 7,6 Milliarden Euro. In den Folgejahren sind Finanzierungsüberschüsse zwischen 5 und 6 Milliarden Euro zu erwarten. Dabei ist jedoch zu beachten: Die Investitionen steigen trotz des Breitbandförderungsprogramms, des auf 7 Milliarden Euro aufgestockten Kommunalinvestitionsförderungsprogramms des Bundes und zahlreicher ergänzender Landesprogramme nicht in dem Ausmaß, wie es der Investitionsrückstand fordert und die Finanzlage letztlich zulassen würde.

Kapazitätsengpässe

Hintergrund hierfür sind Kapazitätsengpässe in der Bauindustrie, hierdurch stark gestiegene Preiserwartungen sowie zunehmende Personalknappheit bei kommunalen und privaten Planungsbüros.

Die guten Aussichten hängen am Tropf einer sehr guten wirtschaftlichen Entwicklung und verschiedener Bundeshilfen. Die kommunale Ebene vermag zwar derzeit Überschüsse zu erwirtschaften, krisenfest und aus sich heraus tragfähig sind die Kommunalfinanzen allerdings noch lange nicht. Trotz der aktuell guten Finanzlage zeigt die Prognose in allen durch die Kommunen steuerbaren Bereiche sehr moderate Ausgabenanstiege. Gerade der Kommunalpolitik ist vor dem Hintergrund vergangener Krisen bewusst, dass Ausgaben, die in konjunkturell guten Zeiten beschlossen wurden, auch in konjunkturell schlechteren Zeiten finanziert werden müssen.

Die kommunalen Spitzenverbände begrüßen es vor diesem Hintergrund, dass die Bundesregierung eine Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ eingerichtet hat, betonten Lewe, Sager und Brandl. „Unsere drei Verbände werden sich sehr intensiv in die Diskussionen der Kommission einbringen. Ziel ist es, dem Bund klar aufzuzeigen, wie unterschiedlich die Probleme und Möglichkeiten der Kommunen sind und wie stark beispielsweise Zukunftschancen junger Menschen in einzelnen Gebieten voneinander abweichen. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Herausforderungen, vor denen die einzelnen Städte, Kreise und Gemeinden stehen. Weder eine Geldverteilung nach dem Gießkannenprinzip noch Einheitslösungen werden da weiterhelfen.“

Steigende Sozialausgaben

Bei den Sozialausgaben erwarten die Kommunen für den gesamten Prognosezeitraum weiterhin deutliche Anstiege. In diesem Jahr werden voraussichtlich 60 Milliarden Euro überschritten. 2021 werden sogar mehr als 70 Milliarden Euro erwartet.

Insgesamt gehen die kommunalen Spitzenverbände davon aus, dass durch den Flüchtlingszuzug eine einmalige deutliche Niveauverschiebung stattgefunden hat. Ein Rückgang der fiskalischen Belastungen ist trotz der zurückgehenden Zahlen neu ankommender Flüchtlinge mittelfristig nur in geringem Umfang zu erwarten. Integration benötigt viel Zeit, und sie beansprucht über diesen gesamten Zeitraum fiskalische Ressourcen.

Die Auswirkungen der Flüchtlingszuwanderung zeigen sich im Bereich der sozialen Leistungen durch verschiedene Effekte. Hierbei ist zunächst gedanklich der „Weg“ der Flüchtlinge über die verschiedenen rechtlichen Stationen mit der jeweils unterschiedlichen Kostenträgerschaft zu berücksichtigen: Direkt nach der Einreise und auch während der ersten 18 Monate des laufenden Asylverfahrens erhalten eingereiste Flüchtlinge Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Leistungsträger ist hierbei in der Regel die kommunale Ebene. Aus integrations- bzw. sozialpolitischen Gründen ist unabhängig vom rechtlichen Status der Flüchtlinge zudem bereits kurze Zeit nach der Einreise der Schul- und Kitabesuch für Flüchtlingskinder sinnvoll; auch dies führt zu fiskalischen Belastungen.

Im Fall einer Anerkennung verringern sich die kommunalen Auszahlungen, weil im Rahmen der Leistungen nach dem SGB II – die zunächst vom größten Teil der anerkannten Flüchtlinge bezogen werden dürften – die Kommunen vorrangig nur durch einen Teil der Kosten, den Kosten der Unterkunft, belastet werden. Das Bildungs- und Teilhabepaket führt ebenfalls zu kommunalen Ausgaben. Die (teilweise) Kompensation der verschiedenen Ausgabesteigerungen durch erhöhte Zuweisungen führt zu erhöhten Einnahmen und wird dementsprechend auch dort berücksichtigt.

Hierbei ist zu beachten, dass für die Jahre ab 2019 keine entsprechenden Zuweisungen seitens des Bundes an die Kommunen angesetzt sind. Noch offen ist, ob eine weitere dringend notwendige und sachlich gut begründete kommunale Forderung der Kommunen umgesetzt wird: Es gibt bislang keine ernstzunehmende Beteiligung des Bundes an denjenigen Kosten, die durch die geduldeten Flüchtlinge (z.B. Flüchtlinge, die gegen einen ablehnenden Bescheid klagen) entstehen.

Anstieg bei Einnahmen, Ausgaben ... 

Beim Blick auf die aktuelle Prognose zur Finanzlage der Städte, Landkreise und Gemeinden (ohne Stadtstaaten) in den Jahren 2018 bis 2021 ergeben sich folgende zentrale Fakten: Die kommunalen Spitzenverbände gehen im Jahr 2018 von kommunalen Einnahmen von 253,6 Milliarden Euro aus – das sind plus 4,0 Prozent. Sie rechnen mit Ausgaben von 246,0 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anstieg um 5,1 Prozent. Für 2019 wird eine Steigerung der kommunalen Einnahmen um 3,5 Prozent erwartet. Deutliche Steigerungen ergeben sich bei den Gewerbesteuereinnahmen im Jahr 2020. Dann laufen erhöhte Gewerbesteuerumlagen zur Beteiligung der Kommunen an den Kosten der Deutschen Einheit aus.

Der Finanzierungssaldo der Gesamtheit der Kernhaushalte der Städte, Landkreise und Gemeinden ist im Jahr 2018 positiv. Das Vorjahresniveau wird jedoch nicht erreicht. In den kommenden Jahren ist – mit Ausnahme des Jahres 2020 – mit sinkenden Finanzierungssalden zu rechnen.

Die Kassenkredite in den Kernhaushalten der Kommunen beliefen sich laut vorläufigen Zahlen zu Jahresbeginn auf 44,2 Milliarden Euro. Allerdings ist offen, inwiefern diese Zahl von methodischen Problemen beeinflusst ist und möglicherweise noch nach oben angepasst werden muss.

... und Investitionen

Bei den kommunalen Ausgaben für soziale Leistungen sind – ausgehend von einem sprunghaft angestiegenen Niveau im Jahr 2016 und einer leichten Gegenbewegung im Jahr 2017 – Steigerungen gegenüber dem Vorjahr von 3,6 Prozent zu erwarten. Auch wenn das Jahr 2016 sicherlich eine Ausnahme darstellte, so zeigen die Werte für 2017 und in der Prognose im Vergleich zu früheren Jahren ganz klar: Die Sozialausgaben bleiben – auch durch den Flüchtlingszuzug – auf einem hohen Niveau. Erhöhte Zuweisungen seitens des Bundes und der Länder werden auf der Einnahmenseite berücksichtigt. Ein separater Ausweis dieser Mittel ist nicht vollständig möglich. Daher kann auch keine Netto-Belastung der Kommunen mit Sozialausgaben ausgewiesen werden.

Bei den Investitionen wird für das laufende Jahr mit einem Wachstum von 7,8 Prozent auf 26,3 Milliarden Euro gerechnet, das sich in den kommenden Jahren in abgeschwächter Form fortsetzt. Die Investitionstätigkeit der Kommunen bleibt jedoch hinter dem Wünschenswerten zurück. Gründe dafür sind ausgelastete interne und externe Planungskapazitäten sowie die teilweise sehr hohen Preiserwartungen seitens der Bauwirtschaft.

DK

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