Kommunalverbändezurück

(GZ-22-2016)
Kommunalverbände
KPV-Sondersitzung in München:
 
Langer Atem für Wirtschaft und Bildung
 
22 2016 kpv

Von links: Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle; Alois Rainer, MdB; Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, KPV-Vorsitzender und Landrat Stefan Rößle; KPV-Landesgeschäftsführer Jörg Kunstmann, Landrat Georg Huber und Landkreistagspräsident Landrat Christian Bernreiter.

Im Rahmen einer erweiterten Sondersitzung des Landesvorstandes und Hauptausschusses der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) der CSU mit allen CSU-Landräten und -Oberbürgermeistern wurden aus aktuellem Anlass die Themen Wirtschaft und Bildung eingehend erörtert. KPV-Landesvorsitzender Landrat Stefan Rößle hieß hierzu Staatsministerin Ilse Aigner, MdL und Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle, MdL willkommen.

„Die Integration von Flüchtlingen in den bayerischen Arbeitsmarkt ist auf einem guten Weg“, konstatierte eingangs Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. Der Anteil von Ausländern an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liege im Freistaat bei derzeit 11 % - ein hoher Wert, so die Ministerin.

Arbeitsmarktintegration

Seit dem Abschluss der Vereinbarung „Integration durch Ausbildung und Arbeit“ konnten bereits 40.000 Flüchtlinge in Praktika, Ausbildung und Arbeit integriert werden. Das für 2016 angestrebte Ziel von 20.000 Flüchtlingen sei somit bereits verdoppelt worden. Dies unterstreiche Erfolg und Notwendigkeit der Initiative. Kein anderes Bundesland hat Aigner zufolge vergleichbare Ansätze zur Arbeitsmarktintegration von bleibeberechtigten Flüchtlingen auf den Weg gebracht. Bis Ende 2019 sollen bayernweit 60.000 Arbeitsmarktintegrationen stattfinden.

„Gleichwohl brauchen wir einen langen Atem“, hob die Ministerin hervor. Zahlreiche Integrationen auf dem Arbeitsmarkt erfolgten in einfache Helfertätigkeiten. Eine weitere Qualifizierung der Flüchtlinge werde noch viel Zeit und finanzielle Ressourcen in Anspruch nehmen.

Wettbewerbsfähigkeit erhalten und Wachstumspotentiale nutzen – im Zeitalter der Digitalisierung ist das vor allem für kleine und mittlere Unternehmen eine große Herausforderung. Oft fehlt es an Zeit und Geld, um notwendige Investitionsentscheidungen zu treffen, Entwicklungsarbeiten anzugehen oder die Umstellung auf neue digitale Systeme und Geschäftsmodelle zu stemmen.

Digitalbonus

Mit dem Mitte Oktober gestarteten Förderprogramm Digitalbonus will der Freistaat Bayern laut Aigner die kleinen und mittleren Unternehmen unterstützen, sich für die Herausforderungen der digitalen Welt zu rüsten. Der Digitalbonus ermöglicht den Unternehmen, sich durch Hard- und Software zu digitalisieren und die IT-Sicherheit zu verbessern. Das Förderprogramm ist bis zum 31. Dezember 2020 befristet. Die Abwicklung der Förderung für die Zuschussvarianten liegt bei den Bezirksregierungen; ein Digitalkredit wird von der LfA Förderbank Bayern in Zusammenarbeit mit der Hausbank gewährt.

Null-Zins-Politik

Apropos Kreditvergabe: Der Basler Ausschuss für die Bankenaufsicht bereitet derzeit international verbindliche neue Regeln für die Risikobewertung bei der Kreditvergabe vor. Europas Banken - einschließlich der bayerischen Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken - leiden aber ohnehin unter der Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank, da sie bei der Kreditvergabe kaum noch Geld verdienen und kaum noch Möglichkeiten zur gewinnbringenden Geldanlage haben.

Vor diesem Hintergrund zeigte sich Aigner besorgt, dass eine weitere Verschärfung der Bankenregulierung ein Hemmnis für Neuinvestitionen und neue Arbeitsplätze in Bayern bedeuten könnte, hätten es die Unternehmen doch schwerer, an Kredite zu kommen. Das bayerische Kabinett hat aktuell eine Abmilderung von Aufsicht und Eigenkapitalanforderungen für kleine regionale Finanzinstitute gefordert, die als Finanzierer des Mittelstands eine tragende Rolle für den Wohlstand in Bayern spielen. Dazu wurde eine Bundesrats-initiative beschlossen.
Mit Blick auf energiepolitische Frage- und Weichenstellungen übte Aigner Kritik am Plan der Grünen, von 2030 an keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr in Deutschland neu zulassen zu wollen. Sie gab zu bedenken, dass ein Verbot von Diesel- und Benzinmotoren nicht nur die Automobilindustrie, sondern auch die überwiegend mittelständischen Zulieferer beträfe.

Beim Thema Windkraft meinte Aigner: „Die 10H-Regelung ist das Eine - aber ich brauche einen Investor, der unter den jetzigen Bedingungen überhaupt noch zubaut.“ Ihr Fokus richtet sich dabei auf Bürgerenergiegenossenschaften. Gemeinsam mit Innenminister Joachim Herrmann will sie demnächst an die Kommunalpolitiker herantreten, um mit ihnen Handlungsmöglichkeiten zu erörtern.

Photovoltaik

Aigner informierte zudem über die vom Bundeskabinett beschlossene „Verordnung zur Einführung von Ausschreibungen für die finanzielle Förderung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen“, die seit diesem Jahr vorsieht, dass auf Ackerflächen in benachteiligten Gebieten bis zu zehn Photovoltaikanlagen errichtet werden dürfen.

Konkret sollen Photovoltaik-Freiflächenanlagen mit einer Spitzenleistung von 1,2 Gigawatt neu gebaut und von der Bundesnetz-agentur (BNetzA) per Auktionsverfahren ausgeschrieben werden. Bis Ende 2017 soll über die Flächenfrage neu verhandelt werden. 

Nicht aus den Augen lassen sollten die Kommunalpolitiker aus Aigners Sicht das Thema „Energetische Gebäudesanierungen“. Der Gebäudesektor sei im neuen Klimaschutzplan prozentual am stärksten gefordert, erklärte Aigner, die sich für eine steuerliche Förderung aussprach. Diese Förderung trage sich selber, eine Gegenfinanzierung sei nicht nötig – im Gegenteil: Dadurch würden erhebliche Investitionen im heimischen Handwerk ausgelöst und Steuereinnahmen generiert.

Die Geothermie wiederum bezeichnete Aigner als Thema der Zukunft, insbesondere mit Blick auf die Wärmenetze als wichtiges Handlungsfeld. Eine konsequente Ausrichtung der Wärmeverteilung auf Niedertemperaturwärmenetze sei aus Effizienzaspekten sinnvoll und erleichtere die Integration der tiefen Geothermie.

Bayern ist Primus

Über die Umsetzung der neuen Regelung zum acht- bzw. neunjährigen Gymnasium berichtete im Anschluss Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle. Nach seinen Ausführungen ist Bayern der Schulprimus, wie erst kürzlich wieder Vergleichstests für die Schulfächer Deutsch und Englisch in der 9. Klasse ergeben hätten. Der Grund hierfür liege in der Weiterentwicklung des differenzierten bayerischen Bildungswesens. Hier seien notwendige Schritte wie die Einführung der sechsstufigen Realschule und die Weiterentwicklung der Hauptschule zur Mittelschule erfolgt.

Tragfähiges Modell

Minister Spaenle will „ein langfristig tragfähiges Modell für die Zukunft des Gymnasiums entwickeln, das der heterogenen Schülerschaft und unterschiedlichen Schulstandorten Rechnung trägt“. In der Vergangenheit habe man dieses Ansinnen bereits mit der Erweiterung der  Lernzeit – siehe Flexibilisierungsjahr – in Angriff genommen.

Bei der Weiterentwicklung des Gymnasiums, dessen Übertrittsquote sich laut Spaenle seit gut fünf Jahren bei rund 40 Prozent, in Ballungsräumen bei 50 Prozent bewegt, sollen folgende Eckpunkte einbezogen werden: Das Gymnasium verfügt über einen einheitlichen Rahmen z. B. mit Fächerkanon und LehrplanPLUS und weist eine einheitliche zweijährige Qualifikationsphase der Oberstufe und eine Abiturprüfung mit denselben Bedingungen und Qualitätsanforderungen auf. Einheitlich wird nach Jahrgangsstufe 10 die Mittlere Reife verliehen.
Basierend auf einer Grundkonzeption von acht Jahren solle, falls Staatsregierung und Regierungsfraktion dies so beschließen, die einzelne Schule über ihr Lernzeitangebot und den Zeitpunkt der Entscheidung mitbestimmen, erläuterte der Minister. Die Lernzeit sei in den Gesamtkontext der qualitativen Weiterentwicklung des Gymnasiums eingebunden. Die politische Verantwortung – auch für die Einzelentscheidung – werde beim Ministerium und dem Minister liegen.

Weiterentwicklung des Gymnasiums

Bei der Weiterentwicklung des Gymnasiums geht es Minister Spaenle insgesamt um „Verlässlichkeit und Planbarkeit“: „Die Weiterentwicklung des Gymnasiums will ich aufgrund der enormen Tragweite mit größter Sorgfalt angehen – gerade auch angesichts der Tatsache, dass die Vorgehensweise bei der Einführung des G8 eher suboptimal war.“

„Wir werden uns die nötige Zeit nehmen“, versprach Spaenle, der unter anderem Gespräche mit den Sachaufwandsträgern ankündigte, um in der Folge eine entsprechende Grundsatzentscheidung in der Landtagsfraktion herbeizuführen.  Grundlegende Entscheidungen erwartet er zum Jahreswechsel 2016/2017. Veränderungen in den Schulen gebe es nicht vor dem Schuljahr 2018/2019. Die Schulen haben damit knapp zwei Jahre Zeit.

Nach einem lebhaften Meinungsaustausch formulierte der KPV-Landesvorstand und Haupt-ausschuss zum Abschluss der Sondersitzung folgenden Standpunkt: „Wir begrüßen den Dialogprozess und nehmen das neue Modell zur Kenntnis. Im Falle von Mehraufwendungen (siehe bauliche Maßnahmen, Schülerbeförderung etc.) fordern wir, dass der Freistaat dafür auch aufkommt.“

DK

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