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(GZ-1/2-2023)
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► Bayerische Krankenhausgesellschaft:

 

Kliniken in Existenznot

 

Eine sichere Finanzierungsbasis für die Kliniken im Freistaat hat die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) auf ihrer Mitgliederversammlung in München gefordert. Dafür sei es erforderlich, die jährliche Investitionssumme auf 900 Millionen Euro zu erhöhen. Zudem schlägt die BKG ein Sonderprogramm vor, um den anstehenden Transformationsprozess der Krankenhäuser gut umsetzen zu können.

Landrätin Tamara Bischof. Bild: Atelier zudem Dirk Nitschke
Landrätin Tamara Bischof. Bild: Atelier zudem Dirk Nitschke

Für die Krankenhausgesellschaft stehe außer Frage, dass eine aktivere Planung im Land notwendig sei, um die Versorgung bedarfsgerecht zu sichern. Das betreffe vor allem den ländlichen Raum, wo schon jetzt zum Teil eine Unterversorgung drohe und zu komplexe Strukturvorgaben den Betrieb von Krankenhäusern in der heutigen Form kaum noch zuließen, wie die erste BKG-Vorsitzende, Landrätin Tamara Bischof, betonte. Die Grundfrage, wie Krankenhäuser künftig ausreichend und verlässlich finanziert werden können, sei dringender denn je. Unterdessen haben sich die Bayerische Krankenhausgesellschaft und die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen für 2023 über einen Anstieg der Erlöse je Behandlungsfall in Höhe von 4,37 Prozent geeinigt.

Bundesgesundheitsminister treibt Kliniken in Existenznot

Laut BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen entspricht dies exakt dem Höchstwert, den der Bundesgesetzgeber maximal ermöglicht. „Damit ist es den Kliniken nicht ansatzweise möglich, die Inflationskosten aus 2022 und 2023 auszugleichen“, unterstrich Engehausen. „Wir verstehen nicht, warum der Bundesgesundheitsminister damit die Kliniken im nächsten Jahr in die Existenznot treibt und die Ökonomisierung weiter verschärft, während er öffentlich andere Dinge verspricht.“

Verschärfter Druck durch Bundesvorgaben

Für Bayerns Kliniken verschärft sich der wirtschaftliche Druck durch die Bundesvorgaben weiter. Aus Sicht der BKG wäre es sinnvoll gewesen, ein reduziertes Behandlungsvolumen bei etwas höheren Behandlungskosten je Patienten mit den Krankenkassen verhandeln zu dürfen, um den Mengendruck aus den Kliniken zu reduzieren; zu Gunsten der Qualität in der Patientenversorgung und der Arbeitssituation der Beschäftigten. Doch diese bisher im Gesetz ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit sei kurzfristig vom Bund untersagt worden, wodurch den Kliniken in Bayern ein dreistelliger Millionenbetrag verloren geht.

Versprechen gebrochen

„Der Bundesgesundheitsminister handelt entgegen seinem eigenen Versprechen, die Kliniken aus dem Hamsterrad vieler Behandlungsfälle herausführen zu wollen, sondern treibt das fatale Spiel nächstes Jahr sogar verstärkt weiter“, beschrieb der BKG-Geschäftsführer die Problemlage für 2023 und ergänzte: „Wir befürchten nun, dass die Kliniken nächstes Jahr unter verstärktem Druck stehen, zur wirtschaftlichen Existenzsicherung mehr Behandlungen durchführen zu müssen.“

Und es droht sogar weiteres Ungemach. Bayerns Krankenhausverantwortliche erwarten für die Tarifverhandlungen ab Frühjahr 2023 höhere Forderungen seitens der Gewerkschaften, die die Klinikträger gern ihren engagierten Beschäftigten auch zugutekommen lassen würden. „Aber für Gehaltsentwicklungen haben wir keinerlei Gegenfinanzierung für 2023 über die laufenden Betriebskosten“, unterstrich Engehausen.

19 Milliarden Euro Unterfinanzierung

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft beziffert die Unterfinanzierung bundesweit auf etwa 15 Mrd. Euro. Ein Teil dieser Betriebskosten-Unterfinanzierung soll durch einen Hilfsfonds vom Bund von bis zu 6 Mrd. Euro ausgeglichen werden. „Wir warten jedoch noch immer auf klare Regelungen, wie die 6 Milliarden Euro – davon knapp ein Sechstel für Bayern – bei den Kliniken ankommen sollen“, mahnte Engehausen an. „Wir befürchten, dass ein spürbarer Teil der vorgesehenen Mittel aufgrund komplizierter Detail-Bedingungen für die Kliniken letztlich verloren geht.“

Ergänzende Hilfe des Freistaats

Ein Lichtblick in dieser kritischen Lage sei eine ergänzende Hilfe des Freistaats Bayern für die Krankenhäuser, die nun zugesagt wurde. „Erfreulicherweise wird der Freistaat den bayerischen Kliniken zur Seite springen und einen Teil der Betriebskostenlücke mit einem 100 Millionen Euro-Paket ausgleichen, für deren auskömmliche Finanzierung eigentlich der Bund die Verantwortung trägt“, erklärte der Geschäftsführer. Diese Hilfe vom Freistaat sei für Bayerns Kliniken nach oben hin auf 2 Millionen Euro pro Krankenhausträger gedeckelt und in der Umsetzung einfach und verständlich ausgestaltet. „Wir erhoffen uns, dass mit dieser akuten Hilfe die Versorgung gerade im ländlichen Raum in Bayern und für manche spezialisierte Klinik wie beispielsweise auch Kinderkrankenhäuser besser abgesichert ist.“

Bei der BKG-Mitgliederversammlung hatte Engehausen darauf hingewiesen, dass die steigenden Behandlungszahlen und eine enorme Personalknappheit die Krankenhäuser weiterhin bundesweit und auch in Bayern belasteten. Im Freistaat hätten 2022 deutlich weniger Menschen eine Ausbildung in der Pflege angefangen als noch im Jahr zuvor. Die Zahl sei von rund 7.600 auf etwa 6.500 gesunken. Der Rückgang um mehr als ein Zehntel sei „katastrophal“.

Der Mangel an Pflegekräften stelle eines der Kernprobleme vieler Krankenhäuser dar, erläuterte der BKG-Geschäftsführer. Viele Betten könnten nicht belegt werden, weil Pflegepersonal fehle. Der Rückgang bei den Ausbildungsanfängern könne mit der Corona-Impfpflicht in Gesundheitseinrichtungen zusammenhängen. Aber vor allem habe sich das Image der Pflege deutlich verschlechtert, unterstrich Engehausen: „Wir schreiben die Pflege runter.“

Holetschek fordert konkrete Stärkung der Pflege

Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek hat im Zuge der geplanten Krankenhausreform des Bundes auch eine konkrete Stärkung der Pflege gefordert. Wie Holetschek darlegte, „spricht Bundesgesundheitsminister Lauterbach von einer ‚Revolution‘ für die Krankenhäuser. Was ich vermisse, und was wir aber dringend auch brauchen, ist eine Revolution in der Pflege. Uns nützen keine freien Krankenhausbetten, wenn die Pflegekräfte nicht da sind, die sich um die Menschen kümmern. Das hat uns auch die aktuelle Situation mit der RS-Welle in den Kinderklinken gezeigt. Deswegen fordere ich ein Aufgreifen des Megathemas Pflege auch in der angedachten Reform, die Beibehaltung der Pflegepersonalbudgets reicht nicht.“

Holetschek zufolge hat Lauterbach die Länder aufgefordert, auf seine vorgestellten Eckpunkte zu reagieren. „Das greife ich gerne auf. Klar ist für mich: Die Pflege muss im Gesundheitssystem einen höheren Stellenwert bekommen.“ Der Minister dringt darauf, vor allem die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte spürbar zu verbessern: „Ich höre in allen Bereichen aus den Kliniken, dass das Pflegepersonal nach knapp drei Jahren Corona-Pandemie am Limit ist. Die Arbeitsbedingungen – Vergütung, Arbeitszeitmodelle, Belastung – tragen leider nicht dazu bei, dass sich die Lage verbessert. Deswegen müssen wir verhindern, dass das Fachpersonal sich vom Pflegeberuf abwendet – und wir müssen noch einen Schritt weitergehen und dafür sorgen, dass wir mehr neue Fachkräfte gewinnen können.“

Holetschek räumte in diesem Zusammenhang ein, dass Imagekampagnen bisher nicht den erhofften Effekt hatten. Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und bei zuverlässigen Dienstplänen müssten alle Beteiligten noch mehr tun.

Laut Holetschek betrifft das Problem nicht nur die Pflegekräfte in den Krankenhäusern; auch in der Alten- bzw. Langzeitpflege stehe man vor immensen personellen Herausforderungen. Die Gründe sind die gleichen: „Die Arbeitsbedingungen sind belastend bis schlecht, und deswegen fehlt es dauerhaft am Personal. Wir müssen die Pflege endlich ganzheitlich denken. Unsere generalistische Pflegeausbildung in Bayern ist dazu ein erster wichtiger Baustein. Krankenpflege und Langzeitpflege sind zwei Seiten einer Medaille.“

DK


TV-Beitrag von TV-Bayern.


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