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(GZ-3-2022)
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► IW-Studie zur Sicherung des Arbeitskräftebedarfs in Fachkraftberufen:

 

Deutschland braucht Einwanderer

Wie flächendeckend präsent Migranten und zunehmend auch Geflüchtete auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind, analysieren die Autoren einer aktuellen Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Basierend auf aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit wird ersichtlich, dass gerade mit Blick auf einzelne Berufe und Regionen ein Funktionieren der Arbeitsmärkte ohne diese Fachkräfte nicht mehr möglich wäre.

Die Untersuchung konzentriert sich ausdrücklich auf Fachkraftberufe, d.h. Berufe, für deren Ausübung in der Regel eine abgeschlossene zwei- bis dreijährige Berufsausbildung benötigt wird. Auch nimmt sie die sogenannten Engpassberufe in den Blick, bei denen rein rechnerisch nicht alle Stellen besetzt werden können.

Engpassberufe

Waren 2013 erst 19,2 Prozent der Migranten und 14,9 Prozent der Geflüchteten in Engpassberufen auf Fachkraftniveau beschäftigt, stieg ihr Anteil bis 2019 auf 49,4 bzw. 42,2 Prozent. Dabei zeigt sich, dass sich der Anteil von in Engpassberufen beschäftigten Migranten und Geflüchteten bis 2019 immer mehr dem der deutschen Beschäftigten angenähert hat. 2020 sank der Beschäftigtenanteil in Engpassberufen krisenbedingt über alle Gruppen hinweg. Besonders stark davon betroffen waren Migranten und Geflüchtete.

Mehr ausländische Ausbildungsanfänger

Deutlich wird auch, dass in fast allen Bundesländern die Quote der Ausbildungsanfänger ohne deutsche Staatsangehörigkeit bzw. mit Fluchthintergrund in den besonders nachgefragten Berufen höher ist als die der Deutschen. Damit dürften Migranten und Geflüchtete hier künftig noch präsenter werden.

Mit Blick auf den Anteil von Migranten und Geflüchteten an allen Beschäftigten in Fachkraftberufen zeigen sich deutschlandweit sehr unterschiedliche Zahlen. Mit 15,1 Prozent liegt der Anteil von Migranten in Baden-Württemberg am höchsten, am geringsten ist er in Sachsen-Anhalt (3,5 Prozent). Ein ähnliches Bild ergibt sich für den Anteil der Geflüchteten, der logischerweise deutlich unter jenem der Migranten liegt.

In Bayern beträgt laut Studie der Anteil von Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft an allen Beschäftigten in Fachkraftberufen 14,9 Prozent, der Anteil der Migranten 13,5 Prozent und der Anteil der Geflüchteten 0,7 Prozent. Letztere arbeiteten als Servicekraft in der Gastronomie oder im Objekt-, Werte- und Personenschutz.

Über 406.000 Migranten waren in Fachkraftberufen beschäftigt. Damit ist Bayern in absoluten Zahlen bundesweiter Spitzenreiter. Die meisten Migranten arbeiteten als Berufskraftfahrer und als Servicekraft in der Gastronomie.

Größte Fachkräftelücken in der Alten-, Gesundheits- und Krankenpflege

Die größten Fachkräftelücken herrschten 2020 in Bayern in der Altenpflege mit 2.873, gefolgt von der Gesundheits- und Krankenpflege mit 2.737 nicht zu besetzenden Stellen. Der Anteil beschäftigter Migranten in diesen Berufen betrug 2020 13,6 Prozent bzw. 13,1 Prozent. Über alle Fachkraftberufe hinweg verzeichnet der Freistaat mit mehr als 36.000 offenen Stellen bundesweit die größte Fachkräftelücke.

Den höchsten Anteil offener Stellen in Fachkraftberufen hatte im Jahr 2020 der Arbeitsagenturbezirk Ansbach-Weißenburg mit 56,2 Prozent, der damit bundesweit auf Platz drei rangierte. Selbst in München waren aber noch 23,6 Prozent aller offenen Stellen nicht zu besetzen. Der Anteil von Migranten und Geflüchteten an allen Ausbildungsanfängern lag 2020 bei 12,8 Prozent bzw. 4,3 Prozent.

Migranten und Geflüchtete beginnen ihre Ausbildung eher in Engpassberufen. Hier lag der Anteil der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge 2019 mit 83,3 Prozent bzw. 87,4 Prozent über dem der deutschen Staatsangehörigen (79,1 Prozent).

Insgesamt blieben 2020 bayernweit 15,3 Prozent der gemeldeten Ausbildungsstellen zum 30. September unbesetzt. Damit lag der Freistaat über dem bundesweiten Durchschnitt von 11,3 Prozent. Den höchsten Wert verzeichnete Deggendorf mit 21,4 Prozent, den niedrigsten Aschaffenburg mit 6,1 Prozent.

Fazit: Zwar gab es durch die Corona-Pandemie einen kurzfristigen Dämpfer bei den Fachkräftebedarfen, jedoch ist laut Studie aufgrund der zu erwartenden wirtschaftlichen Erholung sowie des demografischen Wandels sowohl kurz als auch mittel- und langfristig davon auszugehen, dass die Fachkräftebedarfe weiter steigen werden. „Denn die nachkommenden Jahrgänge sind deutlich kleiner als die demnächst aus dem Erwerbsleben ausscheidenden.“

Deutschland sei weiter auf qualifizierte Zuwanderung aus dem Ausland angewiesen, aber auch auf eine noch größere Nutzung des bereits vorhandenen inländischen migrantischen Fachkräftepotenzials. Gleichzeitig könne der Weg in eine duale Ausbildung „ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Einmündung auf den deutschen Arbeitsmarkt und das Führen eines eigenständigen und selbstbestimmten Lebens“ sein.

Unternehmen profitierten zudem von kulturell gemischten Teams und deren Stärken. Sie brächten unterschiedliches Wissen, Sichtweisen und Erfahrungen zusammen und seien somit in der Lage, kreative Prozesse und die Innovation im Unternehmen zu fördern oder neue Kundengruppen zu erschließen.

DK

 

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