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(GZ-14-2023 - 20. Juli)
Gastbeiträge

► Verschiedene Modelle:

 

PV-Anlagen auf kommunalen Dächern

 

Von Rechtsanwältin Dr. Lena-Sophie Deißler und Rechtsanwältin Katrin Prechtl, Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, München

Vor dem Hintergrund der sich verstärkenden Klimakatastrophe ist es für Gemeinden immer wichtiger, auch selbst Erzeuger erneuerbarer Energien zu sein. Artikel 3 Abs. 6 BayKlimaG erlaubt, dass Gemeinden im eigenen Wirkungskreis Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien errichten und betreiben können und dabei nicht an die Deckung des voraussichtlichen Bedarfs in ihren jeweiligen Gebieten gebunden sind. Hinsichtlich der Realisierung von PV-Anlagen auf kommunalen Dächern bieten sich verschiedene Modelle an, welche nachfolgend kurz umrissen werden sollen. Welches Modell für die jeweilige Gemeinde am geeignetsten ist, hängt von der personellen Ausstattung, der Erfahrung mit der Realisierung Erneuerbarer-Energie-Anlagen und von der gewünschten Risikoverteilung der Gemeinde ab.

1. Pachtmodell mit oder ohne Strombezug

Zum einen kann eine Gemeinde die in ihrem Eigentum stehenden Dächer an Dritte verpachten. Der Pächter, in der Regel ein darauf spezialisierter Betreiber, kann in eigener Verantwortung auf den verpachteten Dächern PV-Anlagen errichten und betreiben. Dieses Modell bietet den Vorteil, dass in der Gemeinde selbst kein umfangreiches Know-how oder geeignetes Personal zur Verfügung stehen muss, um die Errichtung und den Betrieb der PV-Anlagen zu bewerkstelligen.

Des Weiteren trägt die Gemeinde bei diesem Modell nicht das (finanzielle) Risiko der Planung, Errichtung und des Betriebs der PV-Anlage. Für die Gemeinde besteht zudem die Möglichkeit, sich im Pachtvertrag vorzubehalten, den durch die PV-Anlage erzeugten Strom (vorrangig) abzunehmen. Die Gemeinde hat jedoch bei einem solchen Pachtmodell nur begrenzte Einflussmöglichkeiten auf Geschwindigkeit und Realisierung des Projektes und überlässt die Ertragschancen, die mit der Errichtung einer PV-Anlage verbunden sind,
einem Dritten.

2. Realisierung in Eigenregie

Zum anderen kann eine Gemeinde aber auch sowohl die Errichtung und den Betrieb der PV-Anlagen als auch den Vertrieb des erzeugten Stroms komplett selbst übernehmen. Sie kann in diesem Fall frei entscheiden, wann und wo PV-Anlagen errichtet werden sollen und wer in welchem Umfang mit dem erzeugten Strom versorgt werden soll. Die PV-Anlagen stehen in diesem Fall komplett im Eigentum der Gemeinde, was den Vorteil bietet, dass die Gemeinde auch an den Gewinnmöglichkeiten partizipiert.

Dieses Modell bringt jedoch den Nachteil mit sich, dass die Gemeinde sämtliche Kosten und auch das Betriebsrisiko der PV-Anlage trägt.

3. Mischmodelle zwischen Pachtmodell und Realisierung in Eigenregie

Darüber hinaus ist es möglich, dass eine Gemeinde bestimmte Leistungen selbst übernimmt und bestimmte Leistungen an Dritte vergibt. So kann die Gemeinde z.B. die Planung und Errichtung einer PV-Anlage durch einen Dritte vornehmen lassen, die PV-Anlage dann aber ins eigene Eigentum übernehmen und Betreiberin werden. Ebenso ist es möglich, dass die Gemeinde zwar die Planung und Errichtung der PV-Anlage selbst vornimmt, die PV-Anlage dann aber verpachtet und den Betrieb der PV-Anlage einem Dritten überlässt.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass die Gemeinde die PV-Anlage selbst errichtet und anschließend auch selbst betreibt, jedoch einen externen Betriebsführer beauftragt, der die Betriebsführung der PV-Anlagen übernimmt.

4. Gemeinde als Betreiber der PV-Anlage

Ist eine Gemeinde selbst Betreiberin der PV-Anlage kann sie den durch die PV-Anlage erzeugten Strom vor Ort bzw. in räumlicher Nähe selbst verbrauchen oder an Dritte weitergeben. Sofern die Gemeinde den Strom selbst verbraucht und dieser Stromverbrauch vor Ort stattfindet, entfällt in der Regel die Stromsteuer. Sofern die Gemeinde andere Dritte vor Ort mit Strom beliefert (z.B. Mieter des Gebäudes), wird die Gemeinde stromsteuerpflichtig. Sie benötigt hierfür eine stromsteuerrechtliche Erlaubnis des jeweils zuständigen Hauptzollamtes. Für die Belieferung eigener Mieter oder auf für kleine PV-Anlagen gibt es Ausnahmen.

Sofern die installierte Leistung einer PV-Anlage über 100 kW liegt, ist nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) die Direktvermarktung des erzeugten PV-Stroms vorgesehen. In diesem Fall muss die Anlage auch mit einer bestimmten Mess- und Übertragungstechnik ausgerüstet sein (z.B. Fernsteuerbarkeit), um dem Direktvermarkter den Zugriff auf die PV-Anlage zu ermöglichen.

Die Belieferung Dritter kann über Lieferverträge (sogenannte PPA) erfolgen. In der Ausgestaltung eines PPA ist die Gemeinde frei. Sofern die Gemeinde selbst den Vertrieb des erzeugten Stroms übernimmt, wird sie jedoch zum Energieversorgungsunternehmen und unterliegt deshalb bestimmten (Melde-)Pflichten.

5. Vergaberecht

Bei den verschiedenen Modellen ist jeweils zu prüfen, inwieweit es sich um einen vergaberechtlich relevanten Vorgang handelt, der dann von der Gemeinde ausgeschrieben werden muss. Reine Pachtverträge (ohne Beschaffungskomponente) müssen dann nicht vergaberechtlich ausgeschrieben werden, wenn marktübliche Pachten vereinbart werden. Die Beschaffung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen muss hingegen europaweit ausgeschrieben werden, wenn diese bestimmte Schwellenwerte überschreiten. Unterhalb dieser Schwellenwerte ist u.a. von Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften die Bekanntmachung des Bayerischen Innenministeriums zur Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich zu beachten.

Rechtsanwältin Dr. Lena-Sophie Deißler und Rechtsanwältin Katrin Prechtl, Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, München


 

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