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(GZ-23-2016)
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20 Jahre BEG:
 
20 Jahre Wettbewerb im Bahnland Bayern
 
Von einer „wahren Renaissance des Regionalverkehrs“ sprach Staatssekretär Gerhard Eck vom Bayerischen Innenministerium. Auf der Jubiläumsveranstaltung der BEG stand die Freude über die Leistungen der letzten 20 Jahre im Vordergrund. Aber auch Herausforderungen kamen zur Sprache, zum Beispiel bei der Infrastruktur. Ein Blick zurück nach vorn.

23 2016 BEG

1996 nimmt die BEG ihre Arbeit auf: Im Auftrag des Freistaats plant, finanziert und kontrolliert die BEG den Schienenpersonennahverkehr in Bayern. Bild: BEG/Jürgen Möller

Die Ursprünge der BEG liegen in der Bahnreform von 1994. Sie war ein Paukenschlag für den Bahnverkehr in Deutschland. Die meisten verbinden damit die Umwandlung der Behörde Bundesbahn in das privatwirtschaftliche Unternehmen Deutsche Bahn AG. Doch mindestens so folgenreich war ein weiterer Aspekt der Bahnreform: Seit 1996 liegt der öffentlich bezuschusste Regional- und S-Bahnverkehr nicht mehr beim Bund, sondern in der Verantwortung der Länder.

Regionalisierungsmittel investieren zum Vorteil der Fahrgäste

Während viele andere Länder die Verantwortung für den SPNV an regionale Zweckverbände und Verkehrsverbünde weiterdelegierten, ging die Baye-rische Staatsregierung einen anderen Weg: Sie legte den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in ganz Bayern in die Hände einer eigens geschaffenen Institution: Am 1. Januar 1996 nahm die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) ihren Betrieb auf. Die Aufgabe der BEG ist es, die weiterhin vom Bund zur Verfügung gestellten Gelder (die so genannten Regionalisierungsmittel) bestmöglich zum Vorteil der Fahrgäste zu investieren. Dazu legt die BEG fest, auf welchen Strecken wie viele Züge in welchem Takt unterwegs sein sollen – und in welcher Qualität. Diese Leistungen schreibt die BEG für einzelne Strecken und Streckennetze aus und vergibt sie an dasjenige Unternehmen mit dem wirtschaftlichsten Angebot – dem besten Angebot in Bezug auf Preis und Qualität.

Seit 1996 hat die BEG federführend 36 solcher Wettbewerbsverfahren abgeschlossen. Das ehemalige Monopol der Deutschen Bahn ist dadurch nach und nach einem vielfältigen Nebeneinander nationaler und internationaler Eisenbahnverkehrsunternehmen gewichen. Von den heute insgesamt 122 Millionen Zugkilometern pro Jahr im bayerischen SPNV werden 91 Millionen von der DB Regio und 31 Millionen von anderen Verkehrsunternehmen gefahren. 63 Millionen Zugkilometer werden dabei bereits im Wettbewerb erbracht. Bis 2023 soll der gesamte bayerische SPNV im Wettbewerb vergeben sein.

Staatliche Fördermittel stagnieren, Leistung und Qualität steigen deutlich

Staatssekretär Gerhard Eck hob die positive Wirkung des von der BEG organisierten Wettbewerbs hervor. Auf der Jubiläumsveranstaltung der BEG am 9. November in München sagte er vor rund 300 Gästen: „Das Bahnland Bayern ist ein gutes Beispiel dafür, dass Wettbewerb auch auf der Schiene zu Effizienzgewinnen und höherer Qualität führt“. Das lässt sich leicht an der Entwicklung des SPNV in Bayern ablesen: Die Regionalzüge und S-Bahnen legen im Auftrag des Freistaats Bayern mittlerweile rund 122 Millionen Zugkilometer pro Jahr zurück – das ist bundesweit spitze. Kein anderes Bundesland verzeichnet ein solches Leistungsvolumen.

Seitdem die BEG 1996 ihre Arbeit aufgenommen hat, konnte sie das Angebot auf der Schiene um knapp die Hälfte ausweiten. Die Nachfrage im Regionalverkehr ist um beachtliche 73 Prozent gestiegen, bei der S-Bahn München – auf bereits hohem Niveau – um 33 Prozent. Und all das obwohl die staatlichen Finanzmittel für den SPNV stagnieren und die Infrastrukturgebühren deutlich zulegen. Diese Ausweitung des Angebots war nur deshalb möglich, weil die Verkehrsunternehmen ihre Leistungen im Rahmen des Wettbewerbs günstiger anbieten als noch zu Zeiten des staatlichen Monopols vor 1996. Sie arbeiten effizienter, kalkulieren knapper, behalten die Kosten stärker im Blick, investieren mehr in Service und weniger in Verwaltungsstrukturen.

Die so gewonnenen finanziellen Spielräume konnte die BEG für Leistungsverbesserungen nut-zen, vor allem für Taktauswei-tungen und für niederflurige und klimatisierte Neufahrzeuge mit wesentlich mehr Komfort.

Teure Infrastruktur

Ohne die Effizienzgewinne durch den Wettbewerb hätte die BEG die Leistung auf der Schiene schon längst kürzen müssen. Schuld daran sind die Infrastrukturgebühren, die über viele Jahre hinweg deutlich schneller gestiegen sind als die Regionalisierungsmittel. Dadurch bleibt faktisch immer weniger Geld zur Finanzierung des SPNV übrig. Vergleichbar mit einer Maut, fallen die Nutzungsgebühren für jeden Kilometer Schiene an, auf der ein Zug unterwegs ist. Dasselbe gilt für jede Station, die angefahren wird. Diese Gebühren erheben die Infrastrukturbetreiber, allen voran DB Netz und DB Station&Service, um die Infrastruktur instand zu halten und soweit möglich dem Bedarf entsprechend auszubauen. Mittlerweile fließen bereits etwa 69 Prozent der Mittel, die der BEG zur Verfügung stehen, in die Bereitstellung der Infrastruktur.

Langer Wunschzettel

Trotz dieser immer höheren Gebühren für Schienen und Stationen, entwickelt sich die Infrastruktur zunehmend zu einem kritischen Engpass, besonders dort, wo es wachsende Nachfrage für den Regionalverkehr gibt, also vor allem in den Ballungszentren sowie in deren Zulauf. Die BEG versucht so weit wie möglich gegenzusteuern und den langen Wunschzettel in regelmäßigen Gesprächen mit DB Netz in die Realität umzusetzen. Aufgrund des Investitionsstaus und der begrenzten Bundesmittel für die Schieneninfrastruktur ist dies aber nur bei einem Teil der Projekte möglich.

Mit Kontrollen und Nettoverträgen die Qualität verbessern

Damit sich die Servicequalität nicht nur im Vertragstext, sondern auch im realen Bahnbetrieb verbessert, setzt die BEG vor allem auf zwei Hebel: Zum einen auf regelmäßige Qualitätskontrollen, deren Ergebnisse sich direkt auf die Unternehmen auswirken – in Form von Bonus- oder Strafzahlungen. Und zum anderen auf Nettoverträge: Diese sehen vor, dass die Verkehrsunternehmen die Fahrgelderlöse zu hundert Prozent einbehalten. Dadurch bleiben die Unternehmen dem Fahrgast gegenüber voll verantwortlich und erhalten einen Anreiz, durch gute Qualität und Kundenorientierung die Einnahmen zu steigern. Von der BEG erhalten die Verkehrsunternehmen einen festen finanziellen Zuschuss – das sogenannte Bestel-lerentgelt. Diese Finanzmittel stammen aus den Regionalisierungsmitteln, die dem Freistaat vom Bund zugewiesen werden. Insgesamt finanziert sich der bayerische Regionalverkehr gut zur Hälfte aus Steuergeldern (Bestellerentgelt) und zur Hälfte aus Fahrgelderlösen.

Aus Fehlern in anderen Ländern gelernt

Dass Wettbewerb auf der Schiene auch schief gehen kann, das zeigt das Beispiel der Bahnprivatisierung in Großbritannien. Die Regierung Margret Thatcher setzte ganz auf die ungezügelten Kräfte des freien Markts. Das Ergebnis waren chaotische Verhältnisse und miserable Qualität. Daraus wurden bei der Bahnreform in Deutschland und bei der konkreten Umsetzung in Bayern Konsequenzen gezogen.

Unternehmerischer Wettbewerb und zentrale Steuerung

Der Wettbewerb zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen wird zwar genutzt, um das beste Preis-/Leistungsangebot zu erhalten. Aber eine zentrale Organisation, die BEG, legt die Spielregeln für den Wettbewerb fest und verknüpft den Betrieb auf den einzelnen Strecken zu einem stimmigen Ganzen. Das Ergebnis ist der Bayern-Takt: Die Züge fahren heute auf nahezu allen Strecken im Freistaat mindestens im Stundentakt – von frühmorgens bis spätabends, und an rund 60 Knotenbahnhöfen gibt es optimale Umsteigemöglichkeiten.

Die Mischung aus unternehmerischem Wettbewerb und zentraler Steuerung hat sich in den letzten 20 Jahren bewährt. Das Bahnland Bayern gilt heute als Erfolgsmodell: Der Wettbewerb hat den Fahrgästen ein umfangreicheres und qualitativ besseres Angebot gebracht. Und er stellt sicher, dass ein attraktiver SPNV weiterhin bezahlbar bleibt. Natürlich gibt es auch Herausforderungen im bayerischen SPNV – vom nachlassenden Wettbewerb über die steigende Zahl juristischer Auseinandersetzungen um Ausschreibungsverfahren bis hin zur neuen Konkurrenz durch Fernbusse und zu Defiziten bei der Schieneninfrastruktur.

Weniger Geld in mehr Leistung verwandelt

Doch angesichts der bisherigen Erfolgsgeschichte zeigte sich Staatssekretär Eck auf der Jubiläumsveranstaltung überzeugt, dass die BEG auch in Zukunft die richtigen Weichen stellt. „Immerhin hat die BEG geschafft, wovon so mancher Manager träumt“, lobte Eck unter dem Beifall der Gäste: „Sie hat weniger Geld in mehr Leistung verwandelt!“ 

 
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