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(GZ-22-2023 - 23. November)
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► Speicher-Netzkooperation LEW / Amprion / E.ON:

 

Innovativer Netzbooster in Bayerns Südwesten

Positiver Kurzschluss mit Schwarm-Speicher

 

Unter dem Motto „gemeinsam sind wir stark“ wollen Übertragungsnetzbetreiber Amprion, zuständig für den überregionalen Stromtransport im westlichen Teil der Bundesrepublik, LEW Verteilnetz (LVN) der Lechwerke, regionaler Netzbetreiber im bayerischen Schwabenländle, und die LEW-Mutter E.ON die Versorgungssicherheit in Bayern mit Hilfe eines dezentralen, sogenannten Netzboosters etwas belastbarer machen. Einzige Aufgabe dieser Netzsicherheitseinrichtung: Speicherung nicht verwertbarer (transportierbarer), schwankender Strommengen aus regenerativer Stromerzeugung und bei entsprechendem Bedarf schnelle Abgabe von Stromleistung zur Stabilisierung des Stromnetzes oder Deckung von Versorgungslücken.

Kooperation der Speicherspezialisten (v.l.): LVN-Projektkoordinatorin Kathrin Schaarschmidt, Thomas Dederichs, Leiter Strategie und Energiepolitik bei Amprion und LEW-Vorstandsmitglied Markus Litpher. Bild: Jan Kiver
Kooperation der Speicherspezialisten (v.l.): LVN-Projektkoordinatorin Kathrin Schaarschmidt, Thomas Dederichs, Leiter Strategie und Energiepolitik bei Amprion und LEW-Vorstandsmitglied Markus Litpher. Bild: Jan Kiver

Ziel ist die bessere Auslastung der Netze, zudem die Erhöhung der Versorgungssicherheit und Verringerung der steigenden Kosten in Milliardenhöhe für die Netzstabilisierung durch permanente Eingriffe in die Netzsteuerung, sogenannte Redispatch-Maßnahmen.

Auslöser für die stetig zunehmenden Netzeingriffe, wie das Hochfahren von Gaskraftwerken zu Stabilisierung, sind der exorbitante Zubau schwankungsanfälliger, regenerativer Stromerzeugungsanlagen (Wind-/Solarkraftwerke) und fehlende Transportnetzkapazitäten. Aktuell kostet das die Stromkunden in Deutschland 4 Mrd. Euro pro Jahr.

Allein im Vertriebsgebiet der Lechwerke speisen Stand September 2023 rund 100.000 Erneuerbare Energien-Anlagen unregelmäßig das Dreifache an regenerativem Strom in das öffentliche Stromnetz ein, das deshalb laufend verstärkt wird. Das Übertragungsnetz der Amprion wird um rund 1.600 Megawatt Regenerativ-Einspeisung „bereichert“.

Lösung des Speicherdilemmas

Als probates Instrument gegen die schwankenden Strommengen und den damit verbundenen drohenden Netzkollaps gilt der Bau von Stromspeicherkapazitäten im Megawattbereich (1 Megawatt entspricht 1.000 Kilowatt). Der zur falschen Zeit erzeugte Regenerativstrom könnte so zwischengespeichert anstatt „vernichtet“ zu werden.

Da Pumpspeicherkraftwerke als regenerative Stromspeicher in Deutschland auf massive Widerstände vor allem von Öko-NGO’s stoßen, ist Kreativität gefordert, wie sich das Speicherdilemma lösen lassen könnte. Ergebnis: der Bau von großen Batteriespeichern zur bedarfsabhängigen Stabilisierung des Übertragungsnetze. Da auch dort erhebliche Widerstände gegen Großanlagen auftreten, gingen Amprion und E.ON gemeinsam mit der LEW einen neuen, bisher weltweit erstmalig eingeschlagenen Weg der Zusammenarbeit über Netzbetreibergrenzen hinaus: statt dem Bau eines 250 Megawatt (MW) Batteriegroßspeichers die Errichtung eines Schwarmspeichers, bestehend aus fünf bis zehn kleineren, technologieoffenen Batteriespeichern mit bis zu 50 MW Kapazität, verteilt im schwäbischen Versorgungsgebiet, bevorzugt an bestehenden Netzstandorten der LEW mit Anbindung an das Übertragungsnetz der Amprion.

Prognostizierte Investitionssumme: bis zu 250 Millionen Euro, die sich angesichts der bestehenden und immer stärker wachsenden Kosten für stabilisierende Netzeingriffe spätestens innerhalb von zwei Jahren amortisiert haben dürften. Auch sind die Bauzeit und der Flächenbedarf pro Standort für die kleineren Speichereinheiten durch die modulare Verwendung von vorkonfigurierten Containern spürbar geringer. Der Flächenbedarf für einen solchen „Teilspeicher“ entspricht ungefähr einem Fußballfeld.

Verbesserte Netzstabilität und Versorgungssicherheit

Ein weiterer Vorteil der zusammengeschalteten kleineren Speichereinheiten liegt vor allem in der gegenseitigen Redundanz bzw. der Ausfallsicherheit, denn die Eintrittswahrscheinlichkeit, dass alle Einzelspeicher gleichzeitig ausfallen, ist verschwindend gering. Zudem verbessert die hohe Einsatzgeschwindigkeit der Speichermodule die Netzstabilität und Versorgungssicherheit.

Als zusätzliche Option soll im Rahmen dieses Speicher-Piloten getestet werden, wie der dezentral aufgebaute Netzbooster auch auf der regionalen Verteilnetzebene bei Bedarf einen Beitrag zu Netzstabilität leisten kann. Bisher waren im LEW-Gebiet keine Redispatch-Maßnahmen erforderlich, allerdings ist das angesichts des starken Zubaus von Photovoltaikanlagen nur noch eine Frage der Zeit.

Bis Ende des Jahres wollen die Lechwerke mögliche Standorte mit potenziell geeigneten Standortgemeinden geklärt haben. Das könnte gelingen, nachdem für die kleineren Speichereinheiten genehmigungstechnisch ausschließlich die Kommunen zuständig sind. Die Ausschreibung zur Errichtung der 250 Megawatt Speicherkapazitäten und der künftigen Betriebsführung soll seitens Amprion im ersten Halbjahr 2024 erfolgen. Und wenn alles nach Plan läuft, wird Bayerns Südwesten mit der Inbetriebnahme der Speichermodule Ende 2025 stromversorgungstechnisch etwas sicherer geworden sein.

Erhoffte Signalwirkung

Die drei Unternehmen erhoffen sich von ihrem Netzboosterprojekt eine Signalwirkung für andere Unternehmen, wie man den Energiewendeturbo, die Versorgungssicherheit und die damit verbundene Speicherproblematik zum Vorteil aller Betroffenen und Beteiligten unter einen Hut bringt.

JK

 

 

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