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(GZ-12-2023)
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► Genehmigung und Wasserkraft:

 

Immer noch ein ungleiches Paar

 

Das überragende öffentliche Interesse beim Ausbau der Wasserkraft als wichtigem Bestandteil im erneuerbaren Energie-Mix in Deutschland ist trotz entsprechender Gesetzeslage (Stichwort Osterpaket) noch nicht überall in der Genehmigungspraxis angekommen.

Im Juli letzten Jahres ist das reformierte Erneuerbare Energiengesetz 2023 in Kraft getreten. Zum 1. Januar 2023 trat flankierend die neue Fassung des Bayerischen Klimaschutzgesetzes in Kraft, das die Bedeutung der erneuerbaren Energien nun auch im Landesrecht betont.

So soll angesichts Ukrainekrieg, Energie- und Klimakrise, Atom- und Kohle-/Gasausstieg den Erneuerbaren Energien die Hochgeschwindigkeits-Überholspur auf dem Ausbau-Highway freiräumen, darunter auch der lange von der Politik wenig geschätzten Wasserkraft. Ob Wind, Sonne, Wasser, Biomasse, Geothermie oder Wasserstoff – all deren Ausbau ist per Gesetz nun gleichberechtigt von überragendem öffentlichen Interesse, denn ohne den erhofften beschleunigten, diskriminierungsfreien Ausbau regenerativer Energien droht es eng zu werden mit der Versorgungssicherheit in Deutschland 4.0. Sich blauäugig auf Ersatzlieferungen von Import-Energien zu verlassen, wenn es in Deutschland knapp wird, wurde durch das ausbleibende Russlandgas seit dem Ukrainekrieg drastisch vor Augen geführt.

Sieben Jahre (plus X)

Dennoch ist die neue Rechtslage vor allem für die Wasserkraft in Bayern bei den mit den Genehmigungen befassten Behörden und Ämtern in der Praxis auch nach fast einem Jahr noch nicht ganz angekommen. Die Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern e.V. (VWB) und der Landesverband Bayerischer Wasserkraftwerke eG (LVBW) fordern daher, dem geltenden Recht nun endlich das notwendige Gewicht einzuräumen und in der Praxis umzusetzen. Die Genehmigungsverfahren und Verwaltungsentscheidungen beim Ausbau unter anderem von Wasserkraftanlagen als wichtigste grundlastfähige Stromerzeugungstechnik bei den Erneuerbaren Energien muss beschleunigt werden, um dem überragenden öffentlichen Interesse von Erneuerbaren Energie-Anlagen gemäß Rechtlage Rechnung zu tragen.

Schützenhilfe erwarten VWB und LVBW von den zuständigen bayerischen Umwelt- und Wirtschaftsministerien, denn an deren Weisungen sind die Beamten in den unterstellten Behörden gebunden. Dr. Martin Schröder, Vorstandsmitglied der VWB, sieht in der Verwaltungspraxis erhebliche Defizite und beanstandet die lange Genehmigungsdauer von durchschnittlich sieben Jahren (plus X) vor allem bei Wasserkraftanlagen. Ohne eine Veränderung des derzeitigen behördlichen Genehmigungsdenkens kann die Energiewende nicht wirklich Tempo aufnehmen und vor allem das Potenzial der grundlastfähigen klimaschonenden (kleinen) Wasserkraft zur Sicherung der Energieversorgung ausschöpfen.

Ermutigende Dienstanweisung

Am 24. Februar 2023 sandte das Bayerische Umweltministerium als Lichtstreifen am Horizont der Wasserkraft eine schriftliche Dienstanweisung an die Bezirksregierungen, Landratsämter, Wasserwirtschaftsämter und das Bayerische Landesamt für Umwelt mit der Aufforderung, bei Verwaltungsentscheidungen der besonderen Bedeutung (der erneuerbaren Energien) beim Klimaschutz – wann immer und soweit wie möglich – Rechnung zu tragen.

Die besondere Bedeutung der erneuerbaren Energien und des Klimaschutzes sind bei allem staatlichen Handeln zu berücksichtigen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben Entscheidungsspielräume bestehen. Das kann in Form einer Abwägung, Beurteilung oder Ermessensausübung sein.

Darüber hinaus ist der Bedeutung von Energiewende und Klimaschutz auch bei unbestimmten und auslegungsbedürftigen Rechtsbegriffen sowie Verhältnismäßigkeitserwägungen Rechnung zu tragen.

Daneben ist dem überragenden öffentlichen Interesse an erneuerbaren Energien und der Berücksichtigung des Klimaschutzes auch im nicht rechtlich normierten Bereich zu entsprechen, z.B. bei der Priorisierung der Bearbeitung in Genehmigungsverfahren, der Arbeitsorganisation oder im Rahmen des Personaleinsatzes.

An Klarheit lässt die Dienstanweisung nichts zu wünschen übrig. Allein bei der Umsetzung ist gerade in den Landratsämtern und den Wasserwirtschaftsämtern noch Luft nach oben. VWB und LVBW sehen die bayerischen Ministerien weiter in der Pflicht. So wäre für die Wasserkraft auch eine Dienstanweisung des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nötig, da dieses für die Fischerei und Fischereifachberater der Bezirke zuständig ist. Ergänzend sollte sich zudem das bayerische Innenministerium um eine gesetzeskonforme Umsetzung des Vorrangs kümmern, da erneuerbare Energien Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung der öffentlichen Sicherheit dienen. Ohne eine ausreichend sichere Energieversorgung sind die Existenz des Staates, die öffentliche Ordnung und jeder Einzelne gefährdet. Die Wasserkraft insbesondere in Bayern leistet einen immer wichtigeren und wertvollen Beitrag für eine sichere Stromversorgung.

JK

 

 

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