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(GZ-8-2023)
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► Neue Difu-Studie:

 

Praxis der kommunalen Baulandmobilisierung und Bodenpolitik

Ergebnisse einer Kommunalumfrage und von Untersuchungen in 16 Fallstudienstädten

 

Laut einer neuen Difu-Studie setzen Kommunen zunehmend städtebaurechtliche Instrumente ein, um dem Wohnungsmangel zu begegnen. In die vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung geförderte Untersuchung bezog das Institut 16 Fallstudienstädte, darunter Würzburg, Kaufbeuren und Dachau, ein und führte eine repräsentative Kommunalbefragung durch.

Zu den zentralen Ergebnissen der Befragung gehört, dass die kommunale Liegenschaftspolitik von fast zwei Drittel der Kommunen als Instrument der Stadt- und Wohnungsbauentwicklung genutzt wird. Diese Kommunen betreiben auch oft eine langfristige Bodenbevorratung bzw. kaufen Flächen im Zwischenerwerb. Eigene, kommunale Flächen werden zu einem hohen Anteil nach qualitativen Vorgaben bzw. Konzepten vergeben.

Über 40 Prozent der Kommunen können mittlerweile einen Baulandbeschluss oder eine Baulandstrategie vorweisen. Ein Baustein davon ist ein Kooperatives Baulandmodell für die Schaffung von Baurecht auf privaten Flächen, das in einem Drittel der Kommunen angewendet wird.

Schaffung von Baurecht

Wohnungsbau findet nach Auskunft der Kommunen vor allem in der Innenentwicklung statt. Die Städte unternehmen zudem erhebliche Anstrengungen zur Schaffung von Baurecht. So wurden zwischen 2016 und 2020 in 282 Kommunen 2.674 Bebauungspläne rechtskräftig verabschiedet, womit Baurecht für 180.250 Wohnungen geschaffen wurde. 2020 waren in 266 Kommunen 1.990 Bebauungspläne im Verfahren, mit denen in den nächsten Jahren Baurecht für 183.680 Wohnungen geschaffen wird. Die Ergebnisse zeigen somit eine Ausweitung der Aktivitäten der Kommunen bei der Baulandentwicklung.

Auf Grundlage der Befragungsergebnisse und ergänzender Recherchen erfolgte die Auswahl von 16 Fallstudienstädten und -gemeinden, die im zweiten großen Projektbaustein eingehender untersucht wurden. Anspruch war es, mit den Fallstudienkommunen eine möglichst breite Verteilung über die Bundesländer zu gewährleisten sowie unterschiedliche Größenklassen und Lagen in Verdichtungsräumen abzubilden. Hinsichtlich der bodenpolitischen Aktivitäten sollten sowohl Kommunen mit einer etablierten bodenpolitischen Praxis vertreten sein als auch „Neueinsteiger“ – ein für alle verbindliches Auswahlkriterium war dabei die Existenz eines Baulandbeschlusses und/oder Baulandmodells.

Kommunalbefragung und 16 Fallstudien

Die Erkenntnisse aus der Kommunalbefragung und den 16 Fallstudien wurden bei der Aufbereitung der Untersuchungsergebnisse miteinander verzahnt. Der Blick auf die aktuellen Herausforderungen in den Städten und Gemeinden verdeutlicht den Handlungsdruck, der sich aus Einwohnerzuwachs und steigenden Preisen für Boden- und Wohneigentumserwerb sowie Neuvermietungsmieten auf der einen Seite und abnehmenden räumlichen Entwicklungsperspektiven andererseits ergibt. In den Fallstudien wurden dabei unterschiedliche Ausgangssituationen deutlich: Auf der einen Seite stehen Städte und Gemeinden, die bereits seit Jahren kontinuierlich wachsen, auf der anderen Kommunen, die nach einer längeren Phase der Stagnation oder auch Schrumpfung Zuwächse erleben.

Baulandmobilisierung

Mit Blick auf die Baulandmobilisierung wurden insbesondere Baulandbeschlüsse und Baulandstrategien in den Blick genommen, der kommunale Bodenankauf und die Bodenbevorratung in den Kommunen thematisiert sowie die Vergabe kommunaler Liegenschaften betrachtet. Der Handlungsdruck in den Städten und Gemeinden wird u.a. daran deutlich, dass alle genannten Instrumente in der jüngeren Vergangenheit eine zunehmende Verbreitung erfahren haben. Als Bestandteil des städtischen Instrumentenportfolios wurde zudem die Rolle kommunaler Gesellschaften in der Bodenpolitik betrachtet. Zentrales Ergebnis sind auch hier die Vielfalt der gewachsenen Praxis und die aktiven Schnittstellen zwischen kommunalen Liegenschaftsämtern sowie Grundstückgesellschaften. Für das oft geforderte Instrument des städtischen „Bodenfonds“ finden sich dagegen kaum Referenzen in der Praxis.

Instrumentenanwendung

Neben den Strategien zur Baulandmobilisierung stand die Instrumentenanwendung in der Praxis des Wohnungsneubaus im Fokus der Untersuchung. Aufbauend auf den Befragungsergebnissen zu den Erfahrungen mit dem städtebaurechtlichen Instrumentarium, die eine breite Anwendung und positive Bewertungen deutlich machen, wurden aktuelle Wohnungsbauvorhaben in den Fallstudienkommunen detailliert betrachtet.

Die Ergebnisse der Publikation verdeutlichen eine große Bandbreite und vielfältige Verknüpfungen bei der Anwendung bodenpolitischer Instrumente in den Städten und Gemeinden. Neben den ausgeprägten – und häufig gut dokumentierten – Aktivitäten in großen und stark prosperierenden Städten wurde dabei auch in vielen kleineren Kommunen eine Neuausrichtung der Bodenpolitik und Wohnungsbauentwicklung deutlich. Insbesondere Ansätze zur Diversifizierung des Wohnraumangebots und baulichen Verdichtung wurden hier mehrfach beschrieben.

Proaktive Auseinandersetzung

Laut Studie zeigt sich, dass es sich für die Kommunen lohnt, sich proaktiv mit der Veränderung von Nutzungen und Stadtstrukturen auseinandersetzen, ist es doch deutlich schwieriger, kommunalen Zielen auf den Flächen privater Akteure langfristig Geltung zu verschaffen. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse auch, wie weit mittlerweile Beteiligungsmodelle privater Grundstückseigentümer an der Baulandentwicklung über liegenschaftliche Partizipation und bei der Schaffung von Baurechten auf privaten Flächen etabliert sind.

„Eine aktive Bodenpolitik bedarf der fundierten und datenbasierten Vorbereitung, um innerhalb der Verwaltungsressorts und im politischen Raum einen tragfähigen Konsens über das Vorgehen herzustellen. Darauf aufbauend gilt es, einen lokal passenden Handlungsrahmen für den Instrumenteneinsatz abzuleiten: Da es in den Kommunen jeweils eigene Traditionen im Umgang mit Boden gibt, müssen kommunale Strategien der Bodenpolitik auch vor dem Hintergrund der spezifischen lokalen Konstellationen entwickelt werden“, betont das Deutsche Institut für Urbanistik. In Bezug auf die Umsetzung seien Zuständigkeiten zu klären sowie Zusammenarbeitsstrukturen und Abläufe zu vereinbaren. Und schließlich seien ein begleitendes Monitoring und regelmäßige Evaluationen unerlässlich, um Korrekturbedarfe innerhalb des Prozesses bemerken oder potenzielle Stolpersteine identifizieren zu können.

Anpassungen des Werkzeugkastens

Um diese Aufgaben bewältigen zu können, werden von den Städten und Gemeinden keine grundlegend neuen Instrumente gewünscht, sondern eher Anpassungen des bestehenden Werkzeugkastens als notwendig erachtet. Während ein Teil der Kommunen aufgrund guter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen aktive Baulandentwicklung finanzieren kann, fehlt anderen Kommunen vor allem die finanzielle Voraussetzung für die Anwendung des Instrumentariums. Ein weiterer Engpass sind fehlende personelle Kapazitäten für die Baulandentwicklung. Neben dem Wunsch nach einer besseren Ausstattung der Kommunalhaushalte wurden weitergehende Unterstützungsmaßnahmen durch Bund und Länder genannt. Hierzu zählen als wichtigste die finanzielle Unterstützung des Bodenankaufs – auch im Zwischenerwerb – sowie die Schaffung fördernder Rahmenbedingungen für die Mobilisierung unbebauter Baugrundstücke.

Verfügbarkeit von Boden

Die Städte brauchen jedoch nach den Ergebnissen der Studie nicht nur mehr bezahlbaren Wohnraum. Sie benötigen auch Ansiedlungsmöglichkeiten für Gewerbe, Kitas und Schulen sowie Grün- und Freiflächen. Voraussetzung dafür ist die Verfügbarkeit von Boden. Insofern würde ein Fokus allein auf Fertigstellungszahlen die Vielfalt der kommunalen „Baustellen“ verkennen.

„Die Studie zeigt, dass viele Städte bereits damit begonnen haben, durch aktive Bodenpolitik Gestaltungsoptionen für die Zukunft ihrer Kommune zu gewinnen bzw. zurückzuerlangen“, kommentiert Difu-Projektleiterin Ricarda Pätzold. „Diese anspruchsvolle Aufgabe braucht einen langen Atem, politische Beständigkeit, finanzielle Spielräume, instrumentelle Unterstützung, personelle Kompetenzen und nicht zuletzt innovative Bauherren.“

DK

 

 

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