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(GZ-11-2022)
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► Jahreskonferenz 2022 der Länder-Finanzminister in Nürnberg:

 

Finanzlage der öffentlichen Haushalte

Die wirtschaftliche Lage in Deutschland und die Situation der öffentlichen Finanzen standen im Mittelpunkt der Jahreskonferenz 2022 der Länder-Finanzministerinnen und Finanzminister in Nürnberg. Darüber hinaus wurden die Fortschritte bei den Nachhaltigkeitsstrategien der Länder gewürdigt.

Gruppenbild der Länder-Finanzminister mit dem Gastgeber, Bayerns Staatsminister Albert  Füracker (1. Reihe, 5.v.l.). Bild: STMFH
Gruppenbild der Länder-Finanzminister mit dem Gastgeber, Bayerns Staatsminister Albert Füracker (1. Reihe, 5.v.l.). Bild: STMFH

Einig waren sich die Politiker bei der Bewertung der wirtschaftlichen Situation hierzulande. Die Aussichten hätten sich mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine spürbar verschlechtert, erklärte die Vorsitzende der Konferenz, die rheinland-pfälzische Finanzministerin Doris Ahnen. Sicher sei, dass wachsende Sicherheitsrisiken, steigende Energie- und Rohstoffpreise, unterbrochene Lieferketten und Wirtschaftssanktionen Privathaushalte sowie Unternehmen gleichermaßen treffen und tiefgreifende Folgen auch weit über die reinen Handelsverflechtungen hinaus mit sich bringen.

Die direkten und indirekten Kriegsfolgen dürften die weitere Entwicklung der Verbraucherpreise stark beeinflussen, hieß es in einer Mitteilung. So hatte sich im vergangenen Jahr die Inflationsrate in Deutschland insbesondere infolge der kräftigen Dynamik der Preise für Energie und Industrie- und Vorleistungsgüter bereits auf jahresdurchschnittlich 3,1 Prozent erhöht. Vor dem Hintergrund der aktuellen Verwerfungen auf den Energie- und Rohstoffmärkten in Folge der Auswirkungen des Krieges – der Verbraucherpreisindex im April stieg im Vorjahresvergleich (vorläufig) um 7,4 Prozent – dürfte die jahresdurchschnittliche Inflationsrate die Zielmarke der Europäischen Zentralbank von 2 Prozent nicht nur in diesem, sondern auch im kommenden Jahr deutlich überschreiten. Dies führe zu Kaufkraftverlusten für Haushalte und einem Kostenanstieg für Unternehmen.

In Anbetracht der zahlreichen Unwägbarkeiten der Auswirkungen des Krieges auf die Wirtschaftsentwicklung ist die aktuelle Frühjahrsprojektion der Bundesregierung von großer Unsicherheit geprägt. Erwartet wird für dieses Jahr nur noch ein reales BIP-Wachstum von 2,2 Prozent und im Jahr 2023 einen Anstieg um 2,5 Prozent. Dabei wird jedoch unter anderem angenommen, dass die Gasversorgung der Bundesrepublik Deutschland weiterhin sichergestellt ist.

Das vom Bund beschlossene Entlastungspaket mit Energiesteuerentlastung, Kinderbonus und 9-Euro-Ticket belastet auch Länder und Kommunen. Allein Kinderbonus und Energiepauschale haben ein Volumen von 11,8 Milliarden Euro, wovon nach den Vorstellungen des Bundes von den Ländern und den Kommunen 6,8 Milliarden Euro übernommen werden sollen. Allein Bayern rechnet mit einer Mehrbelastung von einer Milliarde Euro, wie Finanzminister Albert Füracker hervorhob. Er erwarte eindeutig eine Kompensation des Bundes. Ansonsten müsse man auch über einen Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat nachdenken.

Begrüßt wurde von den Finanzministern der Länder die Zusage der Bundesregierung, Länder und Kommunen pauschal bei ihren Mehraufwendungen für die Geflüchteten aus der Ukraine über einen erhöhten Anteil an der Umsatzsteuer zu unterstützen. Sie erkennen überdies an, dass der Bund insbesondere den Ländern, die als „Drehkreuze“ erhebliche Vorleistungen bei der derzeitigen Verteilungslogistik der Geflüchteten aus der Ukraine leisten, eine besondere Kompensation zugesichert hat.

Für „atmende Regelung"

Darüber hinaus wurde zur Kenntnis genommen, dass die Bundesregierung zugesagt hat, entsprechend der Entwicklung der Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine im November dieses Jahres mit den Ländern eine Regelung über eine Fortsetzung und gegebenenfalls notwendige Anpassung der Unterstützung seitens des Bundes zu vereinbaren. Im laufenden Jahr sollte nach Zusicherung des Bundes zugleich eine einvernehmliche Regelung zur Verstetigung der Beteiligung des Bundes an den flüchtlingsbezogenen Kosten sowie den Aufwendungen der Länder und Kommunen für die Unterkunft und die Integration der geflüchteten Menschen gefunden werden, die rückwirkend ab dem 1. Januar 2022 gelten sollte. Die Finanzminister bedauern jedoch, dass hierzu bislang noch keine Verständigung erzielt werden konnte. Länder und Kommunen seien darauf angewiesen, dass diese Zusagen des Bundes eingehalten werden. Auch hier bedürfe es einer dauerhaften, „atmenden“ Regelung, die sich an der Zahl der flüchtenden Menschen orientiert.

Mit Blick auf die flüchtlingsbedingten Kostenbelastungen sowie angesichts einer Reihe kostenträchtiger neuer Bundesgesetze in den Aufgabenbereichen von Ländern und Kommunen in den vergangenen Jahren sehen die Finanzminister der Länder die in diesem Zusammenhang wiederholt vorgenommene Kompensation durch Umsatzsteuerfestbeträge in mehrerlei Hinsicht kritisch. Festbeträge seien nicht oder nur eingeschränkt dynamisiert ausgestaltet, häufig nur befristet oder an Verausgabungsbedingungen geknüpft. Damit könnten Umsatzsteuerfestbeträge das Ziel einer dauerhaften Kompensation kostenträchtiger Bundesgesetze, die Länder und Kommunen belasten, nicht erfüllen. Die Minister setzten sich dafür ein, dass es bei neuen Aufgaben und Finanzierungen im Verantwortungsbereich von Ländern und Kommunen zu einer dauerhaften und dynamisch ausgestalteten Kompensation der Belastungen kommt.

Laut Fortschrittsbericht 2022 gab es in den Finanzressorts der Länder in vielen Bereichen erhebliche Weiterentwicklungen und Verbesserungen. Sie reichen von einer Verankerung der Nachhaltigkeit im Haushaltsrecht über die fortschreitende Digitalisierung im Rechnungs- und Berichtswesen bis hin zur systematischen Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Steuerung des Beteiligungsportfolios sowie zu strengeren formalen Vorgaben für eine nachhaltige Beschaffung. Weitere Maßnahmen umfassen im Bereich der nachhaltigen Immobilien- und Flächenwirtschaft z. B. den stärkeren Ankauf von Natur- und Schutzflächen oder die Ausübung von Vorkaufsrechten sowie die Reduzierung des Flächenverbrauchs im Zuge einer sich wandelnden Arbeitswelt.

Auch ihre Finanzanlagestrategien richten die Länder, insbesondere bei den Pensions- und Versorgungsfonds, noch wesentlich deutlicher als bislang an Nachhaltigkeitsaspekten aus. Dies gilt auch für die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder.

Um die Zukunfts- und Nachhaltigkeitsorientierung der öffentlichen Haushalte trotz steigender finanzieller Belastungen durch vergangene und akute Krisen zu sichern und die Interessen der jüngeren und zukünftigen Generationen stärker zu berücksichtigen, haben die Finanzminister eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die ein methodisches Konzept zur Messung von Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit der öffentlichen Haushalte mittels geeigneter Parameter untersuchen soll. Insgesamt war man sich darin einig, den Weg eines nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen weiterhin fortzusetzen.

DK

 

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