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(GZ-23-2018)
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► Entsorgungsnotstand:

 

Klärschlamm – Wohin damit?

Betreiber von Kläranlagen in Bayern sehen sich zunehmend mit einem Entsorgungsnotstand bei Klärschlamm konfrontiert. Seit der Novellierung der Düngeverordnung geht die landwirtschaftliche Klärschlammausbringung zurück. Bundesweite Kapazitätsengpässe bei der Klärschlammverbrennung und lange Transportwege am Land führen zu Kostenexplosionen und setzen Kommunen und Anlagenbetreiber unter Druck. Dr. Andreas Vogl und Dr. Florian Wechs, Experten für Kläranlagen und Energiemanagement im Pfaffenhofener Bauingenieurbüro WipflerPLAN, über die aktuelle Lage in den Kläranlagen.

Gerade ländlichen Kläranlagen fehlt es oft an wirtschaftlichen Alternativen zur Klärschlammausbringung. Unser Bild zeigt das Klärbecken Oberhausen.
Gerade ländlichen Kläranlagen fehlt es oft an wirtschaftlichen Alternativen zur Klärschlammausbringung. Unser Bild zeigt das Klärbecken Oberhausen.

Entsorgungsengpässe durch  gesetzliche Änderungen

Klärschlammverordnung und die Düngeverordnung wurden vor kurzem novelliert. Dieser Umstand bringt neben Auflagen zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm auch stärkere Einschränkungen bei der Zufuhr von Nährstoffen und synthetischen Polymeren in landwirtschaftliche Flächen mit sich.

Angesichts dieser Erschwernisse wird auch für Betreiber kleiner und mittlerer Kläranlagen bis ca. 20.000 EW eine landwirtschaftliche Verwertung betrieblich, technisch und verwaltungstechnisch zu aufwändig

Die Kosten steigen

Bisher war häufig die landwirtschaftliche Ausbringung zu einem Preis von rund 10 Euro/m³ Nassschlamm möglich. Bei Verbringung des Nassschlammes auf andere Kläranlagen werden heute Preise von über 35 Euro/m³ fällig. Hier spielen Größe und Lage der Kläranlagen eine erhebliche Rolle. Für entwässerten Klärschlamm stiegen die Preise von 65 Euro/t auf ca. 120 Euro/t, in Einzelfällen sogar auf bis zu 170 Euro/t.

Die Sättigung des Entsorgungsmarktes zeigt sich auch an der Tatsache, dass zum Teil auf Ausschreibungen der Klärschlammentsorgung keine Angebote mehr eingehen. Insbesondere der Mangel an Monoverbrennungsanlagen, die künftig zur Erfüllung der Phosphorrückführungs-Bestimmungen die voraussichtlich erste Wahl sein werden, trägt hier zu einer aktuellen Preisexplosion bei.

Keine Entspannung in Sicht

Neue Monoverbrennungsanlagen und die Erweiterung von Bestandsanlagen sind bayernweit an mehreren Standorten in Planung. Bis etwa 2030 ist aber mit keiner Entspannung der Marktsituation zu rechnen. Im Gegenteil, in betroffenen Regionen muss von einem weiteren Anstieg der Entsorgungskosten auf 150 bis 200 Euro/t ausgegangen werden. Ob langfristig ein Preisrückgang eintreten wird, hängt vor allem von den Kosten der zukünftigen Phosphorrückgewinnung ab. Hier existieren aktuell noch erhebliche Unsicherheiten.

Lohnende Zusammenschlüsse

Klärschlamm fällt kontinuierlich an, seine Entsorgung ist planbar. Eine kurzfristige Entsorgung auf Zuruf ist oftmals nicht, oder nur zu Abwehrkonditionen möglich. Es empfiehlt sich, die Klärschlammentsorgung, ggf. für mehrere kleine Kläranlagen gemeinsam, über einen Zeitraum von zwei Jahren auszuschreiben.

Angesichts der Kapazitäts- und Dispositionsengpässe bei den Entsorgern ist die Verfügbarkeit von Schlammspeichervolumen heute ein wichtiger Aspekt der Entsorgungssicherheit. Häufig kann ungenutztes Speichervolumen in Absetzbecken und im Nachklärbecken aktiviert werden. Ferner kann Klärschlamm ggf. zu umliegenden Kläranlagen und in Güllegruben verbracht werden.

Prüfung der Wirtschaftlichkeit

Eine stationäre Entwässerungschafft Unabhängigkeit von der Disposition der Dienstleister und reduziert das Klärschlammvolumen. Die Wirtschaftlichkeit muss aber im Einzelfall geprüft werden, z.B. als Teil eines Klärschlamm-Entsorgungskonzeptes. Ein Zukunftsmodell ist die interkommunale Kooperation beim Thema Klärschlamm. Der Zusammenschluss, z.B. in Zweckverbänden ermöglicht den Betrieb eigener Klärschlammtrocknungszentren und entkoppelt die Entsorgungskosten weitgehend vom privatwirtschaftlichen Marktgeschehen. Ein Betrieb kann bereits auf Landkreisebene wirtschaftlich sein, insbesondere wenn ungenutzte Wärmequellen zur Verfügung stehen.

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