Aus den Kommunenzurück

(GZ-6-2023)
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► Fachkräftemangel im sozialen und pädagogischen Bereich:

 

Augsburg fordert mehr Unterstützung

Der Mangel an Fachkräften ist eklatant, weshalb in Augsburg ein Bündnis zwischen der Stadt und den freien Trägern geschlossen wurde. Auf Initiative von Oberbürgermeisterin Eva Weber wurde gemeinsam eine Resolution verabschiedet, die Handlungsnotwendigkeiten über die staatlichen Ebenen hinweg formuliert. Mehr als 50 Einrichtungen unterstützen die Erklärung (siehe dazu Kolumne, GZ 5).

„Als Stadt Augsburg werden wir uns nie aus unserer sozialen Verantwortung verabschieden“, betont Oberbürgermeisterin Eva Weber. „Aber wir brauchen einen Schulterschluss über die Stadt hinaus mit dem Freistaat Bayern und dem Bund, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.“ „Uns fehlt bereits jetzt überall qualifiziertes Personal: Angefangen bei der Kindertagesbetreuung, über die Schule bis zum Ganztag und der Schulkindbetreuung“, stellt Zweite Bürgermeisterin Martina Wild fest. „Schon jetzt müssen vereinzelt schulische Angebote eingestellt werden, Stunden im gebundenen Ganztag werden reduziert und Kinder können in der Kita keinen Platz erhalten, weil die Erzieherin/der Erzieher fehlt. Diese Herausforderung wird durch den kommenden individuellen Rechtsanspruch auf eine hochwertige ganztägige Betreuung der Grundschulkinder in den nächsten Jahren noch größer werden.“

Sozialreferent Martin Schenkelberg ergänzt: „Auch die offene Kinder- und Jugendarbeit und der Kinderschutz sind vom Fachkraftmangel betroffen. Immer mehr Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene brauchen unsre Hilfe. Dafür braucht es mehr geschultes, qualifiziertes Personal im sozialpädagogischen und psychologischen Bereich, aber auch in der Verwaltung und in Berufen des Gesundheitssektors.“

Studiengang für Frühpädagogik

Konkret werden die Länder aufgefordert, die Ausbildungskapazitäten für die Mangelberufe im sozialen und pädagogischen Bereich drastisch zu erhöhen, dies unter Mithilfe des Bundes. So sei es absolut nicht bedarfsdeckend, dass etwa in der Hochschule Augsburg im Fachbereich Soziale Arbeit nur 80 Studierende pro Semester ausgebildet werden können, weil neben der Grundfinanzierung eine Ausweitung von Plätzen an der zusätzlichen Finanzierung durch den Freistaat scheitert. Weiterhin wäre ein berufsbegleitender Studiengang explizit im Bereich der Frühpädagogik, wie dem Bachelor ‚Bildung und Erziehung im Kindesalter‘, am Standort Augsburg mehr als wünschenswert, um die Abwanderung nach München diesbezüglich zu verhindern und bereits während der Praxisphasen die Studierenden mit den potenziellen Arbeitgebern bekannt zu machen. Auch die Ausbildungskapazitäten in den Verwaltungsberufen und dem Erziehungswesen müssten dringend weiter erhöht werden, heißt es in der Resolution.

Ausbauen, vereinfachen, refinanzieren und verbessern

Notwendig seien zudem pragmatische Lösungen zum Personaleinsatz wie Vereinfachungen im Rahmen der Weiterbildung, der Anerkennung (inklusive Gewährleistung von Anerkennungsberatung für ausländische Abschlüsse sowie Sicherstellung berufsbezogener Deutschkurse) und des flexibleren Einsatzes von Fachkräften im gesamten Berufsfeld. Daneben bedürfe es einer breit angelegten Qualifizierungsoffensive, um auch bereits Berufstätige für soziale und pädagogische Berufe weiterzubilden. Die Möglichkeiten für Quereinsteiger, für berufsbegleitende Ausbildung sowie Teilzeitausbildung müssten ausgebaut, vereinfacht, refinanziert und verbessert werden.

Für die Definition, wer als anerkannte Fachkraft gilt, sollten bundesweit einheitliche und allgemein akzeptierte Standards formuliert und ein länderübergreifendes Verfahren etabliert werden. Notwendig sei eine bundesweite personenbezogene Anerkennung (nicht einrichtungsbezogen). Dazu gehöre auch ein bundeseinheitlicher Rahmen für die Reform der Erzieherausbildung (Kostenfreiheit, Anpassung der Ausbildungsdauer an andere Berufszweige und angemessene Vergütung). Passgenaue Nachqualifizierungen müssten wohnortnah und berufsbegleitend ermöglicht werden. Weitere Kapazitäten könnten durch Erleichterungen im Bereich der Assistenzkräfte sowie im Ausbau und der auskömmlichen Finanzierung der Berufseinstiegsbegleitung/Berufsorientierungsmaßnahmen geschaffen werden.

Darüber hinaus muss laut Resolution der Staat die Imagekampagnen für relevante Ausbildungsberufe bündeln und verstärken. „Soziale Berufe müssen weiter finanziell aufgewertet und Fachkräfte zukünftig so bezahlt werden, dass die Entlohnung im Vergleich zu anderen Branchen auf gleichem Ausbildungsniveau attraktiv ist.“

Aufstiegsmöglichkeiten zeigen

Auch Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung (Fachkräfte und Ergänzungskräfte) seien zu verstärken und auszubauen. Dazu würden bessere politische Rahmenbedingungen benötigt. Arbeitsbedingungen von Teilzeitbeschäftigten müssten attraktiv und flexibel gestaltet sein. Karrierechancen sollten unabhängiger von beruflichen Auszeiten und Arbeitszeitmodellen werden. Mitarbeitern müssten Perspektiven eröffnet und Aufstiegsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Für Fachkräfte seien Entlastungen, beispielsweise in Form staatlicher Refinanzierung „helfender Hände“ (z. B. Quereinstiegsprogramme zur Aufstiegsqualifizierung von der pädagogischen Assistenzkraft zur Ergänzungskraft), zu schaffen. So müsse es ermöglicht werden, Einrichtungen bzw. Träger bei der Mitarbeiterbindung mit den notwendigen Mitteln zu unterstützen.

Ausbildung bekannt machen

Mit Blick auf den Lehrkräftemangel werden die Wahrnehmung der Fürsorgepflicht des Staates, Planungssicherheit, attraktive Arbeitsbedingungen für Lehrer, gleichwertige Besoldung (Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen müssen dasselbe verdienen wie an anderen Schulformen) sowie eine flexible Lehrerbildung gefordert. Der Staat müsse neben dem klassischen Lehramtsstudium die Möglichkeit der Ausbildung von Fachlehrern sowie Förderlehrern bekannter machen.

Aufgabe des Staates sei es, den beruflichen Wiedereinstieg nach längerer Auszeit (Pflegezeit, Krankheit, Elternzeit) sicher zu stellen. Erleichterungen beim Wiedereinstieg und bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf müssten zentrales Ziel der Maßnahmen sein. Dazu zählen laut Resolution „wohnortnahe Projekte zum beruflichen Wiedereinstieg inklusive Kinderbetreuung, sowie flexible Familienarbeitszeitmodelle zur Erziehung von Kindern und Pflege von Angehörigen (fairere Verteilung von Lasten in der Familie)“.

DK

 

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