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(GZ-11-2025 - 30. Mai)
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Morgen ist auch noch ein Feiertag

Kukuruz, Paradeiser, Ribisel – von Österreich lernen heißt schmunzeln lernen. Doch bei „oblomowieren“ hört der Spaß auf: Wenn wir Deutschen angeblich zu viel frei machen, zu früh in Rente gehen und zu wenig malochen, steht gleich der Wohlstand auf der Kippe. Ob wir wirklich ein Volk der faulen Säcke sind – oder einfach nur mit System ausgebremst werden, das fragt sich Pino unser Rathauskater. 

Unseren südlichen Nachbarn in Österreich verdanken wir ja einige herrliche Begriffe, die so in Deutschland nicht gebräuchlich sind. Kukuruz für Mais, Paradeiser für Tomaten (früher auch hier Paradiesäpfel genannt) oder Ribisel für Johannesbeeren. Aber auch für Gemütszustände hat der Österreicher eigene Begriffe, wie zum Beispiel oblomowieren, was lethargisch, tatenlos oder unmotiviert bedeuten kann. Es leitet sich von der Romanfigur Ilja Iljitsch Oblomow des russischen Schriftstellers Iwan Gontscharow ab, der träge und untätig vor sich hinlebt.

In diesem Sinne halten uns Deutsche eine Reihe von Wirtschaftswissenschaftlern wohl für ein Volk von Oblomows. Wir würden zu wenige Jahresstunden arbeiten, heißt es in den Analysen, wir machten zu viel Teilzeit, wir gingen zu früh in Rente und wir hätten zu viele Feiertage. Deshalb verlören wir Wachstum und damit Wohlstand. Bald könnten wir faulen Säcke uns unseren Sozialstaat nicht mehr leisten.

Tatsächlich ist es so, dass kaum ein Industrieland so hohe Steuern und vor allem Sozialabgaben von seinen Bürgern verlangt wie Deutschland. Hier wäre also zu fragen, ob die ein oder andere Teilzeitentscheidung darauf beruht, dass jede mehr gearbeitete Stunde unverhältnismäßig hoch mit Steuern und Abgaben belastet wird. Umgekehrt muss man sich fragen, ob es wirklich vernünftig ist, Anreize zur Verrentung zu geben. Dabei meine ich natürlich die Rente mit 63, die nie hätte eingeführt werden dürfen, aber vor allem die vielen betrieblichen Abfindungs- und Ausgliederungsprogramme, mit denen sich Firmen idiotischerweise immer noch von älteren Fachkräften verabschieden, für die sie dann bei den Jüngeren keinen Ersatz finden.

Ja, Deutschland hat die meisten gesetzlichen Feiertage und die krassesten Abstimmungsprobleme, weil einige Feiertage nur in wenigen Ländern gelten und einige, wie Mariä Himmelfahrt in Bayern oder Fronleichnam in Thüringen und Sachsen auch in den Ländern nur regional. Dazu sind die allermeisten Feiertage christlichen Ursprungs und somit eigentlich nur der Neujahrstag, der 1. Mai und der Tag der Deutschen Einheit weltanschaulich neutral.

Es wurde ja schon mal ein Feiertag abgeschafft, der Buß- und Bettag zur Finanzierung der Pflegeversicherung. Das war verkraftbar, denn an einem Mittwoch im kalten November vermisst niemand einen Feiertag. Dafür wurden nach einer Schamfrist in manchen Ländern freizeitfreundlichere Feiertage wie der Frauentag im März, der Kindertag im September oder der Reformationstag im oftmals goldenen Oktober eingeführt.

Klar würden wir das Bruttosozialprodukt steigern, wenn ein Feiertag gestrichen würde. Das zeigen die Vergleiche der Jahre eindeutig, in denen Feiertage häufig auf Sonntage fallen mit Jahren, in denen das weniger häufig der Fall ist. Andererseits ist Deutschland nun mal das Land der vielen Feier- und Urlaubstage, in Bayern bis in die sechziger Jahre hinein sogar noch mit dem heute nicht mehr vermissten Josefitag, und trotzdem gelang es, zur (immer noch) drittstärksten Wirtschaftsmacht der Erde aufzusteigen.

Denn die Frage ist ja nicht, wie lange oder in welchem Modell gearbeitet wird, sondern wie produktiv die Arbeit ist. Und da sind wir auf der Verliererstraße, weil unsere Regelungen und teilweise unser Mindset völlig veraltet sind. Beispiel Arbeitszeitgesetz: Der richtige Plan der neuen Regierung, endlich den Achtstundentag abzuschaffen und die Arbeitswelt so flexibel zu machen, wie es unsere Zeit erfordert und viele Arbeitnehmer es auch wollen, wird schon wieder von den Gewerkschaften zerredet. Dabei ist es halt so, dass es Fälle gibt, in denen eine Person in täglich zehn Stunden Arbeit bei einer Vier-Tage-Woche produktiver ist als bei acht Stunden in fünf Tagen. Das Hinausdrängen von älteren Arbeitnehmern trotz Leistungsfähigkeit durch starre Altersgrenzen kostet Produktivität und nicht zuletzt unsere durch Veränderungsangst und eine quasireligiöse Verehrung des Datenschutzes völlig verkrampfte Einstellung zu neuen, produktiven Technologien. Lassen wir doch die KI am 2. Weihnachtsfeiertag arbeiten, statt ihn abzuschaffen!

Nein, wir leben nicht in einem Land der Oblomows, aber wir leben in einem Land, in dem der Kreativität und der Produktivität zu viele unnötige Fesseln angelegt werden. Denn wie sagt Ernst Ferstl so schön: „Erfolg ist ein Geschenk – eingepackt in harte Arbeit.“

Ihr Pino

Pino

 

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