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(GZ-22-2022)
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Ein Held ist derjenige, der tut, was er kann.

Das Konzept des Helden ist alt, ja archaisch. Und gerade der militärische Held hat es in Deutschland schwer, denn hier hat der Verweis auf das anzustrebende Heldentum ganze Jahrgänge in den sinnlosen Tod geführt. Trotzdem empfindet es unser Rathauskater Pino als durchaus passend die ukrainischen Soldaten als Helden zu bezeichnen, ist doch jede ihrer Aktionen, jede gelungene Rückeroberung von Territorium eine Variante der Geschichte von David und Goliath.

Ein lange verschollener Begriff wird zusehends häufiger gebraucht: Der des Helden. Viele, jedenfalls ich, verfolgen den Kriegsverlauf in der Ukraine mit Sympathie für das überfallene Land, mit unverhohlener Freude über jeden Erfolg der Ukraine und mit unendlichem Mitgefühl für das Leid der Menschen dort.

Es stört mich auch keineswegs das Pathos der Ukrainer, allen voran ihres Präsidenten, wenn sie von ihren Soldaten als Helden sprechen. Denn es ist ja schier unglaublich, wie die Armee eines armen, an Ressourcen und Bevölkerung dem Angreifer vielfach unterlegenen Landes mit einer Armee Katz und Maus spielt, vor deren vermeidlicher Kampfkraft und Stärke sich alle Länder westlich von Bug und Dnister viele Jahrzehnte lang gefürchtet haben. Jede ihrer Aktionen, jede gelungene Rückeroberung von Territorium sind Varianten der Geschichte von David und Goliath. Deshalb scheint der Begriff Helden für die ukrainischen Soldaten auch nicht unpassend.

Wobei der Begriff Held in der deutschen Geschichte im Zusammenhang mit militärischen Leistungen ja arg strapaziert wurde. Klar, wir kennen noch den Fußballhelden, wenn sich die Nationalmannschaft (der Männer) in einem großen Turnier über die Vorrunde gerettet hat. Die wenigen romantisch veranlagten männlichen Teenager träumen vielleicht noch davon, dass ihnen ein Backfisch „mein Held“ ins Ohr haucht, wenn ihm beim Skaten ein Ollie besonders gut gelingt. Und dann sind da die Superhelden in Comics und auf der Leinwand, all die Super-, Spider- und Ant-Men, die gendergerecht durch eine Reihe von Frauenfiguren als Superheldinnen ergänzt werden. Beispielhaft sei nur Black Cat angeführt, die allerdings Spiderman zu offensichtlich anschmachtet, um eine Ikone des Feminismus zu werden.

Da hat es der militärische Held in Deutschland schon schwerer. Schließlich wurden mit Verweis auf das anzustrebende Heldentum in zwei Weltkriegen ganze Jahrgänge junger Männer dazu verführt, zu den Waffen zu eilen, mit denen in der Hand sie dann bei Langemarck im Ersten Weltkrieg oder auf den Seelower Höhen im Zweiten Weltkrieg einen sinnlosen Tod starben. Müssen Sie auch manchmal an diese bedauernswerten, verführten jungen Burschen denken, wenn Berichte über Rekrutierungen in Russland zu uns kommen?

Das Konzept des Heldens ist übrigens alt, ja archaisch. In den frühesten Epen der Menschheit spielen Gestalten eine tragende Rolle, die allein oder mit ganz wenigen Getreuen schier Übermenschliches an Tapferkeit, Leistung und Opferbereitschaft aufbringen, um einer großen Sache willen. In der antiken Mythologie nahmen Heroen eine herausgehobene Stellung ein, die sie aus dem Menschengeschlecht hervorhob und den Göttern annäherte.

Einer der bekanntesten Helden der Antike ist sicher Achilleus aus der Illias von Homer. Ein wahres Original von Herkunft, Launenhaftigkeit aber eben auch Einsatzbereitschaft. Wenn man gelehrte Aufsätze über diese Heldenfigur und wie sie von Homer dichterisch geformt wurde liest, stößt man auf die These, das wahre Heldentum des Achilleus liege nach Homer nicht in seinem Kampfesmut, seiner Kraft oder seiner unerbittlichen Entschlossenheit, sondern sei darin zu finden, dass er sich mit seinem Schicksal, also seinem baldigen Tod, abgefunden habe, zu dem er trotz oder wegen seiner Taten bestimmt sei.

Ein Gedanke, der einem nachgehen kann, jetzt so im Monat von Allerheiligen, Totensonntag und Volkstrauertag. Heldentum und Tod gehören danach für Homer zusammen. Sollten wir deshalb Helden feiern?

Diese Frage wird man den Ukrainern nicht stellen dürfen, die neben ihrer staatlichen Existenz schlicht um ihr Leben ringen. Sie erfahren derzeit täglich wie eng Heldentum und Tod zusammengehören. Dabei gilt auch auf tragische Weise ein Satz des französischen Schriftstellers Romain Rolland: „Ein Held ist derjenige, der tut, was er kann.“

Ihr Pino

Pino

 

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