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(GZ-18-2022)
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Die Übersetzung von Freiheit heißt Verantwortung

Der Rathauskater bricht eine Lanze für die vielen verantwortungsbewussten Vermieter. Schließlich werden sie bei allen Schutzschirmen außen vor gelassen, obwohl sie für die absehbar horrenden Heizkosten im kommenden Winter jetzt schon in Vorleistung gehen müssen. Wie gut, dass Pino beim Bürgermeister mietfrei leben darf.

Manchmal geben uns Politiker ja einen offenherzigen Blick in ihre private Lebensplanung, ja in ihre Seelenlage. So Kevin Kühnert, der Generalsekretär der am Wahltag größten Regierungspartei im Bund. An einer Stelle beklagte er sich, dass er in Berlin keine Mietwohnung finde, die er sich leisten will. (Da hat er Glück, dass der Bundestag nicht in München oder Frankfurt sitzt.) An anderer Stelle machte er aus seinem Herzen keine Mördergrube und bekannte offen, dass Wohneigentum für ihn nicht in Frage käme. Viel zu viel Verantwortung, viel zu viele Verwaltungsarbeiten drum herum, viel zu viele Aufgaben, die schlussendlich an einem hängenbleiben, wenn einem die Wohnung gehört. Und schließlich sei er in einem Berliner Kiez aufgewachsen, wo man nun einmal mietet und nicht Eigentum bildet.

Eigentlich rührend. Auch in anderen Städten, wie zum Beispiel Wien, liebt man den Gemeindebau und träumt nicht von der Eigentumswohnung. Der Kevin von der 4er-Stiege also.

Jetzt sei mal dahingestellt, warum Leute lieber zu Miete wohnen als im Wohneigentum. Sehr viele können sich halt eine Eigentumswohnung bei den astronomischen Preisen und wieder hohen Zinsen nicht leisten. Andere schätzen die Mobilität des Mieters, der ohne allzu großen Vorlauf in ein anderes Viertel ziehen kann, wenn ihn seine Wohnumgebung nervt oder in eine andere Stadt wegen eines tollen Jobangebots. Ja, es mag auch so etwas wie eine Verwurzelung in von Mietwohnungen geprägten Stadtmilieus geben. Und es gibt halt die Verantwortungsscheuenden à la Kevin Kühnert.

Klar ist es bequemer, bei einem Heizungsausfall beim Vermieter anzurufen, damit der stante pede einen Heizungsmonteur vorbeischicken soll. Nachtzuschläge inklusive. Beim tropfenden Wasserhahn den Engländer zur Hand nehmen? Ist Sache des Vermieters. Baulärm am Nachbargrundstück? Mietminderung 10 Prozent.

Der Wohnungseigentümer hat sich um all das selbst zu kümmern. Zudem darf er noch die Grundsteuererklärung abgeben (was außerhalb Bayerns wohl einer Raketenwissenschaft gleichkommt), stundenlang auf Eigentümerversammlungen für einen neuen Fassadenanstrich kämpfen, muss alle Normen der Bausicherung beachten, die Heizung, den Rauchmelder und den Spülkasten warten lassen, sowie alle Nase lang den Einbau von noch smarteren Wasser-, Gas- oder Stromzählern dulden.

Wer jetzt optimistisch denkt, dass die Partei von K. K. oder wenigstens die Bundesregierung diese Leistung von Eigentümern und Vermietern würdigen würde, der glaubt auch an den sprichwörtlichen Wurstvorrat eines Hundes. In Ballungsgebieten gibt es längst unübersehbare Mietendeckel und -obergrenzen. Modernisierungen dürfen nicht mehr zu 11 Prozent auf die Miete aufgeschlagen werden, auch wenn sie, etwa beim Fenstertausch, die Nebenkosten der Mieter senken. Und als Hassobjekt auf Mobilisierungsdemos der Linken leistet die Fratze des gierigen Vermieters immer gute Dienste, auch wenn in Deutschland immer noch der meiste Wohnraum von Privatleuten vermietet wird, nicht von Wohnungsgesellschaften. Diese Privaten werden übrigens bei allen Schutzschirmen, ob Corona oder Energie, immer außen vor gelassen, auch wenn sie wegen Betriebsuntersagungen Mieteinbußen haben oder jetzt für die absehbar horrenden Heizkosten im kommenden Winter in Vorleistung treten müssen.

Nun, als Kater bin ich nicht rechtsfähig und könnte kein Eigentum erwerben, deshalb ist die kostenfreie Miete beim Bürgermeister für mich alternativlos. Aber ich beschimpfe ihn auch nicht unablässig dafür, dass er sich um meine Lebensumgebung kümmert und denke nicht dauernd angestrengt darüber nach, wie ich ihm das Leben noch ein Stück versauern kann. Vielleicht sollte unsere Gesellschaft den viel beschworenen Respekt auch mal vermeintlich „Starken“ zollen, die – nicht uneigennützig, aber effektiv – Verantwortung für die Wohnungswirtschaft übernehmen? Denn wie sagt es Joachim Gauck: „Die Übersetzung von Freiheit heißt für Erwachsene Verantwortung.“

Ihr Pino

Pino

 

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