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(GZ-12-2022)
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„More beef“ oder „wo bleibt das Positive“

Ob der Kanzler mit seiner ewig gleichen gebetsmühlenhaftigen Ausdrucksweise nur seine Gedanken verbirgt? In den Tagen der Zeitenwende sucht Pino, der Rathauskater, selbst in der Kanzlersprache nach dem Positiven.

„Herr Kästner, wo bleibt das Positive? Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt.“ Das sind Zeilen aus einem Gedicht von eben jenem Erich Kästner vom Anfang der 30er Jahre. Eine Zeit der Krise. Am Anfang einer Zeitenwende.

Auch heute haben wir große Sehnsucht nach dem Positiven, angesichts der Weltlage: Wir sehen schreckliche Bilder von einem sinnlosen Krieg in der Ukraine. China versucht im Windschatten der großen europäischen Krise seine Hegemonie im Pazifik aufzubauen.

Niemand weiß, wie es mit Corona weitergehen wird. Und jetzt kommt auch noch diese Affenseuche daher und es ist in jedem Interview spürbar, wie enttäuschend es der Bundesgesundheitsminister findet, dass die Affenpocken ihm keinen Vorwand geben, uns Masken zu verpassen und einzusperren.

Aber ich finde, es gibt auch eine ganze Menge positiver Dinge, über die man sich freuen oder die man jedenfalls zufrieden zur Kenntnis nehmen kann. Vielleicht haben die im Einzelnen nicht ganz so viel beef wie das Negative, aber man kann ja auch mal die Sonnenseiten aufaddieren.

Da wäre aus meiner Sicht zum Beispiel die Tatsache, dass es offensichtlich wieder mehr Singvögel in unseren heimischen Gärten gibt. Ich sage das jetzt nicht aus der Perspektive eines Katers, der sein Amüsement aus der Jagd nach Vögeln und deren Ablage vor der Tür der für mich Sorgeverpflichteten zieht, sondern ganz einfach, um den Gesang zu feiern, mit dem man am Morgen aus dem Schlaf kommend empfangen wird.

Eng damit verknüpft ist meine Beobachtung, dass wir diesmal ein ausgesprochenes Rosenjahr haben. Das aus Menschen- und Tiersicht nicht immer optimale Wetter scheint den Pflan-zen ausgesprochen gut zu tun, es ist jedenfalls eine Freude, die Rosen in Bürgermeisters Garten in dicken Büscheln blühen zu sehen und den intensiven Duft zu genießen.

Und, last but not least, scheinen wir uns wieder mehr Gedanken um Sprache zu machen. Ich denke hier zum Beispiel an viele gelehrte und manch verzweifelte Aufsätze über die Sprache des Bundeskanzlers, der ja mit der Monotonie einer tibetanischen Gebetsmühle die immer gleichen Sätze, Versatzstücke und sinn-
entleerten Begriffe vor sich hin nuschelt und dies offensichtlich als Ausweis großer Staatskunst sieht.

Perfekt zu diesem Bild passt ja auch, dass der Kanzler, wenn er mal so richtig ausrastet, Zuflucht in eine andere Sprache nehmen muss. Ein bisschen „more beef“ wünscht er sich, wo sein hanseatisches Kanzlervorbild vielleicht „Butter bei die Fische“ verlangt hätte oder unsereins vielleicht aufgefordert hätte, endlich „mal aus dem Quark“ zu kommen.

Höchst aufschlussreich ist auch die Kontroverse um den Begriff „Sieg“. Es scheint sich geradezu ein kultureller Graben zwischen denen aufzutun, die der Ukraine in dem derzeitigen Krieg den Sieg wünschen und denjenigen, die es dabei belassen, die Ukraine müsse nach dem Krieg bestehen. Aus der Geschichte ist klar ersichtlich, dass Länder auch bestehen können, wenn sie einen Krieg krachend verlieren. Man nimmt ihnen dann Gebiete ab, siedelt Bevölkerung um, verlangt horrende Reparationen, vielleicht sogar einen Regimewechsel, aber das Land als solches bleibt bestehen. Will das die Bestehensfraktion für die Ukraine?

Ein Sieg ist da doch gleich was anderes. Nach einem Sieg ist man in der Lage, die Friedensordnung selbst zu bestimmen. Dabei muss ein Siegfrieden gar nicht in der Auslöschung des Gegners enden, keineswegs. Es gab in der Geschichte immer wieder großmütige Sieger, die die Interessen der Besiegten durchaus zu berücksichtigen verstanden. Sonst wäre Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wiedererstanden.

Man sollte auch der demokratischen Ukraine zutrauen, mit einem Sieg verantwortungsbewusst umzugehen. Zur Funktion der Sprache indes wusste der französische Staatsmann Talleyrand zu sagen: „Die Sprache ist dem Menschen gegeben, um seine Gedanken zu verbergen.“

Ihr Pino

Pino

 

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