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(GZ-23-2021)
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Der Kater ist eine Katze

Unser konservativ sozialisierter Pino hat kein Problem damit als Katze bezeichnet zu werden und er erachtet es als Privileg, dass bei der weiblichen Form, die männliche mitgedacht wird. Warum bei Arzt nicht gleich die Medizinerin mitgemeint sein kann und über andere gegenderte Unplausibilitäten, denkt er nach.

Als ob die Menschen derzeit keine anderen Sorgen hätten, wird die Diskussion um das Gendern immer noch hitzig und leidenschaftlich geführt. Kaum eine Ausgabe einer Zeitung wird gedruckt, ohne dass berichtet wird, dieser/diese habe sich gegen das Gendern, jene/jener dafür ausgesprochen. Auch ein aktueller Antrag im Stadtrat fordert die Verwaltung auf, künftig gegendertes Amtsdeutsch zu verwenden.

Es gehört zu den Privilegien des Katzendaseins, solche Debatten nicht führen zu müssen. Bei uns gilt „die Katze“ und „der Kater“. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist allerdings fast immer von „der Katze“ die Rede, wenn eigentlich von „dem Kater“ gesprochen werden sollte, weil die biologische Weiblichkeit die Sprache dominiert. Allein dieses Spiel mit Artikel und Pronomen zeigt, wie verzwickt das mit dem Gendern werden kann. Jedenfalls denkt jeder (m/w/d) beim Wort „Katze“ automatisch das Männchen mit, während es angeblich undenkbar ist, beim Begriff „Arzt“ auch eine weibliche Medizinerin mitzudenken. So weit so gut.

Als konservativ sozialisierte Katze (sic!) arbeite ich mit Begriffspaaren, wenn Frau und Mann gemeint sind. Damen und Herren, Bürgerinnen und Bürger, Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Letztere könnten gendergemäß natürlich auch als Steuerzahlende bezeichnet werden. Das wäre sogar weniger absurd als die epidemisch um sich greifenden Begriffe Mitarbeitende, Studierende und Forschende, da sich das mit dem mitarbeiten ja nach acht Stunden erledigt hat, kaum jemand bei der Kneipentour oder in der Disco studiert und selbst der ambitionierteste Forscher oder die fleißigste Forscherin seine/ihre Reagenzgläser beiseite stellt, wenn Großmama zu Besuch kommt. Steuern zahlen wir andauernd, jedenfalls Umsatzsteuer für das Bierchen, den Pina Colada oder das schnell besorgte Tortenstück für die Oma. Aber auch die Pärchenbildung hat ihre Tücken, weil zum Beispiel das anekdotische „Mitglieder und Mitgliedinnen“ halt wegen des grammatikalischen Neutrums schlicht albern ist.

Also doch die große Lösung mit „*“, Binnen-„I“ oder „_“? Hat natürlich den Vorteil, dass man sich um grammatikalische Feinheiten nicht zu scheren braucht und Mitglied*in flott von der Feder geht. Mit etwas Übung und ohne Scheu davor, als schwerer Alkoholiker_in zu gelten, kann man das sogar in die gesprochene Sprache übertragen. Zudem hat man auch alle inkludiert, die sich selbst nicht vollständig einem biologischen Geschlecht zuordnen (lassen) wollen. Die Frage, ob ein biologisch oder psychologisch anzuerkennendes Anliegen individueller Personen zu einer generellen Änderung der Schreib- und Sprechgewohnheiten führen muss, bleibt jetzt mal offen.

Aber auch hier müsste es doch Grenzen geben. So war zu lesen, dass ein Amtsgericht in einer Entscheidung von „Vollstreckungsgläubiger*in“ und „Vollstreckungsschuldner*in“ gesprochen hat. Leute, das war ein Parteienprozess. Eine natürliche Person stand gegen eine andere natürliche Person. In der Regel hat eine natürliche Person ein Geschlecht. Warum deshalb hier inklusive Begriffe verwendet wurden (außer es hätten sich zwei diverse Personen gegenüber gestanden, was so wahrscheinlich ist, wie in einer Woche nacheinander den Eurojackpot zu knacken, zu heiraten und Großvater zu werden), kann nur mit dem tobenden Kulturkampf erklärt werden.

Womit wir bei „Gott*“ wären, der gegenderten Form des Herren der Welt. Das mag eine konsequente Weiterentwicklung des Konzepts „Gott ist eine Frau“ sein, aber ich frage mich mit meinem Katzenverstand warum man einem nichtmaterialisierten, höchsten gedachten und verehrten überirdischem Wesen unbedingt ein biologisches Geschlecht oder eben Nicht-Geschlecht andichten muss. Die Tatsache, dass Gott im Christentum als „Vater“ verstanden wird, Christus als sein Sohn und nicht als seine transidente Tochter, liegt in einer zweitausendjährigen Tradition ebenso begründet, wie in der Tatsache, dass weder das Aramäische noch das Altgriechische gegendert wurden. Belassen wir es halt dabei und denken an Franz Grillparzer: „Der Verstand und die Fähigkeit, ihn zu gebrauchen, sind zwei verschiedene Gaben.“

Ihr Pino

Pino

 

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