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(GZ-18-2016)
Neues von Sabrina
 
Gute Mitarbeiter brauchen adäquate Arbeitsplätze

Gestern hat mein Chef gesagt...

„Wir scheinen doch Vieles richtig zu machen im Öffentlichen Dienst, wenn wir jetzt wieder zunehmend attraktiver für junge Menschen und Hochschulabsolventen werden.” Mein Chef, der Bürgermeister, hat, wie er es nennt, einen „Studien-Crosscheck” gemacht, um zu beweisen, dass der Öffentliche Dienst weiterhin ein Modell für junge Leute darstellen kann.

Das überrascht auf den ersten Blick. Landläufig stellt man sich junge Hochschulabsolventen ja als Leute vor, die sich nach nichts anderem sehnen, als von ihrem Arbeitgeber neben einem obszön hohen Einstiegsgehalt ein Tablet und ein Smartphone in die Hand gedrückt zu bekommen, mit deren Hilfe sie dann in flexiblen Bürolandschaften mit „Silent“-, „Relax“- und „Meeting“-Zonen ohne festen Schreibtisch arbeiten und sich in ihren Designerklamotten in Designmöbel fläzen können, wenn sie ihre Arbeit nicht gleich vom Park, vom Café oder von zu Hause aus erledigen.

Was haben da wir zu bieten, mit unseren Eingangsstufen der Bayerischen Besoldungsordnung A, klassischen Büros mit Festnetz und PC, dem nur bei mehrtägigen Dienstreisen gegen Antrag verfügbaren dienstlichen Mobiltelefon und einer Dienstvereinbarung zum Heimarbeitsplatz, deren Lektüre mindestens einen halben Arbeitstag beansprucht.

Doch siehe da, der Öffentliche Dienst wird dennoch als erstrebenswerter Arbeitgeber angesehen. Was das Gehalt angeht, zeigt dies eindrücklich, dass die jungen Leute von heute mit spitzer Feder rechnen können. Denn wer sich nicht von Einstiegsgehältern blenden lässt, sondern mal seine Gehaltserwartung auf das ganze (Berufs)Leben einschließlich erwartbarer Beförderungen und Versorgungsbezügen umrechnet, wird schnell feststellen, dass man beim Staat oder der Kommune keinen wirklich schlechten Schnitt macht.

Dazu kommt dann noch das Arbeitsumfeld. Laut einer Studie einer großen Immobilienfirma wollen Arbeitnehmer in Büroberufen in allen Altersgruppen vor allem einen eigenen Schreibtisch mit PC, als zweites einen eigenen Drucker und als drittes, besonders interessant, ein Festnetztelefon (das ich zum Beispiel privat bereits abgeschafft habe). Gerne gesehen wird, wenn der Arbeitsplatz eher im Zentrum einer Stadt liegt, gut erreichbar ist, tendenziell Kantine hat, jedenfalls aber fußläufig Einkaufsmöglichkeiten bietet sowie – für viele auch in Behörden ein Traum – einen Parkplatz.

Den Immobilienentwicklern und Arbeitspsychologen machen solche Studien natürlich keine Freude. Büroplatz ist Geld und so sucht man nach Möglichkeiten, von den heutzutage durchschnittlich 26 Quadratmeter Büro- und Nebenfläche für einen Arbeitsplatz runterzukommen. Psychologen fragen sich, warum ihr Ansatz der Kreativität im Team so wenig Resonanz findet.

Sind Büromenschen einfach Spießer? Wohl eher nicht. Sie scheinen nur von ihrem urmenschlichen Bedürfnis nach Privatsphäre nicht abrücken zu wollen.

Wenn dein ganzes Arbeitsleben in einen Laptop, ein Tablet und ein Smartphone passt und du dir jeden Morgen einen Platz suchen musst, an dem du wenigstens ein paar Stunden verweilen kannst, ist es damit nicht weit her. Dazu gehört auch eine Photographie, gehören die Lieblingstasse und die Kräuterteemischung, die sonst niemand mag. Vielleicht sind sie aber auch nur intelligent genug zu erkennen, dass produktives Arbeiten eher verhindert wird, wenn man vier Fünftel der Arbeitszeit in Meetings, Teamsitzungen, Chatgroups und Videokonferenzen absitzt, nur um in der verbleibenden Zeit mit Mails bombardiert zu werden. Zum Bürojob gehört, sich auf ein Thema zu konzentrieren und es ungestört für sich zu bearbeiten – dafür braucht man jedenfalls eine Tür, die man hinter sich zumachen kann.

Mein Chef, der Bürgermeister, wird so schnell keinen Unternehmensberater zur Optimierung der Büroabläufe einladen, sondern schickt mir einen Satz des schweizerischen Verlegers Emil Oesch: „Arbeit in Ruhe zu leisten ist Zeitgewinn.”

Ihre Sabrina

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