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(GZ-18-2020)
Neues von Sabrina
 

Wir brauchen gut ausgebildete Fachkräfte

Gestern hat mein Chef gesagt...

„Wir brauchen gut ausgebildete Fachkräfte“, meint die Vorzimmerperle. Pseudoakademisierte Berufsbezeichnungen machen noch lange keine guten Handwerker aus. Die aber sind das Rückgrat und die Leistungsträger unserer Wirtschaft.

„Na, jetzt sind wir Bayern ja mal wieder in einem wichtigen Bereich an der Bildungsspitze in Deutschland, wie zu den besten Zeiten von Maier, Zehetmair und Hohlmeier. In Sachen berufliche Bildung macht uns nicht einmal Sachsen und Thüringen was vor.“ Mein Chef, der Bürgermeister, weiß um die Bedeutung beruflicher Bildung. Wir als Stadt bilden selbst dual aus und die beruflichen Schulen, für die wir den Sachaufwand haben, sind uns lieb und vor allem teuer.

Aber auch wenn Berufsschulen in Bau und Unterhalt besonders kostspielig sind, leisten wir uns das gerne. Denn die duale Ausbildung im Betrieb und die diese ergänzende theoretische Fundierung durch den Berufsschulunterricht ist doch unbestritten eines der Geheimnisse des starken Arbeitsmarkts und der Qualität des Standorts.

Dabei umfasst das berufliche Schulwesen weit mehr als die klassische Berufsschule. An den Wirtschaftsschulen kann man die Mittlere Reife erlangen, an den Fach- und Berufsoberschulen das Fachabitur und sogar die allgemeine Hochschulreife. Man kann an den Berufsfachschulen eine Ausbildung in Berufen absolvieren, für die es keine dualen Ausbildungsplätze gibt und man kann durch den Besuch von Fachschulen und Fachakademien beruflich weiterkommen.

An diesen beiden Schularten kann man auch das Fachabitur „bauen“ oder man besucht das Telekolleg, mit dem der Bayerische Rundfunk denen einen Weg zur Hochschule bahnt, die aus beruflichen oder familiären Gründen nicht Tag für Tag in eine Schule gehen können. Der Weg zur Uni wird also ganz und gar nicht allein vom Übertrittszeugnis der 4. Klasse bestimmt, wie so oft geklagt wird, sondern nur davon, ob man die vielen anderen Chancen, die das berufliche System bietet, ergreifen will.

Diejenigen, die diese schulischen Wege beschritten haben oder die nach der Berufsausbildung den Meister oder Fachwirt angehängt haben, sind das Rückgrat und die Leistungsträger unserer Wirtschaft. Denn der brillanteste Arzt ist aufgeschmissen ohne beruflich gebildete Krankenschwester oder Sprechstundenhilfe.

Astrophysiker, die schwarze Löcher erforschen, würden in eine schwarze Leere schauen, wenn nicht IT-Techniker ihre Computer am Laufen hielten. Und die Kommunalpolitiker hätten ein Problem, würden die Leute vom Bauhof oder der Stadtgärtnerei nicht Radwege in Schuss halten oder die Parks pflegen. Jeder von uns ist Teil des Ganzen, spielt eine Rolle und keiner ist verzichtbar.

Umso erstaunlicher, dass sich nun auch in der beruflichen Bildung alle Augen in Richtung Hochschule wenden. Unter einem Handwerksmeister, einem Techniker oder einem Fachwirt kann man sich was vorstellen. Aber die sollen nun Platz machen für den Bachelor professional oder sich gleich eins höher zum Master professional weiterentwickeln. Wer, bitteschön, braucht solche Begriffsmimikry? Wenn ich zum Metzger gehe, erwarte ich mir fachkundige Beratung und eine aus vertiefter Berufskenntnis heraus verarbeitete Ware, aber doch nicht eine pseudo-akademisierte Berufsbezeichnung. Bachelorbutcher?

Genauso wenig verstehe ich, warum immer mehr Ausbildungen von den Berufsfachschulen an die Fachhochschulen wandern sollen. Was um Gottes willen war daran falsch, Hebammen an Hebammenschulen auszubilden? Kommen die Kinder heutzutage komplizierter auf die Welt? Wer braucht Pflegekräfte, Logopäden, Physiotherapeuten, die an der Fachhochschule statt am Patienten lernen? Gut, ein Friseurmeister kann auch den Bachelor in Beauty Management erwerben, wenn er seinen Salon betriebswirtschaftlich top aufstellen will. Aber das ist halt eine Zusatzqualifikation und nicht akademisches Haareschneiden.

Mein Chef, der Bürgermeister, ist etwas milder als ich. Schließlich muss auch die deutsche berufliche Bildung im europäischen Kontext gesehen werden. Da müssen halt die Begriffe dem Mainstream angepasst werden. Und so manche Ausbildung muss an die FH, wenn man international mithalten will.

Zum Schluss noch der satirische Beitrag Dieter Hildebrandts zur Medienbildung: „Bildung kommt von Bildschirm und nicht von Buch, sonst hieße es ja Buchung“.

Ihre Sabrina

 

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