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(GZ-3-2015)
Neues von Sabrina
 
Falsche Propheten verderben die Stimmung

Gestern hat mein Chef gesagt...

„Na, Sabrina, in was legen Sie jetzt Ihr Geld an? Unser Sparkassendirektor meinte sarkastisch, er investiere sein Geld in Steuern, nur da würden die Erträge noch steigen.“ Mein Chef, der Bürgermeister, hielt ratlos die Wirtschaftsteile zweier großer überregionaler Zeitungen in Händen.

Für einen Augenblick war ich versucht ihm zu antworten, eine Frau könne mit Klamotten und Kosmetik immer sinnvoll Geld ausgeben, verkniff mir diesen politisch unkorrekten Scherz aber, nachdem ich seine echte Ratlosigkeit bemerkte. Es stimmt, wenn man die Zeitungen aufschlägt und Wirtschaftsnachrichten liest, ist man als Laie vollkommen ratlos. Da freut man sich zum Beispiel als Autofahrerin oder Mieterin am fallenden Ölpreis. An der Tanke gibt es endlich wieder Rückgeld und die saftige Heizkostennachzahlung vom vorigen Jahr wird sich heuer in eine Rückerstattung verwandeln. Alles gut? Nein, sagen Experten, der Verfall der Rohstoffpreise sei eine Gefahr für die Weltwirtschaft und außerdem würde bei fallendem Ölpreis keine Inflation importiert und das wäre schlecht.

Überhaupt das mit der Deflation. Ich habe schon von meinen Großeltern quasi als kleines ökonomisches Einmaleins des deutschen Mittelstandes gelernt, dass Inflation etwas Gefährliches und Unerfreuliches ist. Und jetzt ist man erschreckt, dass die Preise stabil sind. Verkehrte Welt! Das gleiche mit den Zinsen. Jeder jammert, der deutsche Sparer würde durch niedrige Zinsen enteignet. Klar, die Zinsen sind niedrig, so zwischen 0,75 und 1,25 Prozent bekommt man, wenn man die Spargroschen nicht unbedingt aufs Sparbuch legt. Aber bei einer Geldentwertung zwischen 0,2 und 0,6 Prozent macht man doch noch kein Minus, oder? Anders herum, was nutzen mir Zinsen von 6 Prozent bei 5,5 Prozent Inflation?

Nächster Fall die EZB. Die deutschen Zeitungen überschlagen sich mit hämischen und warnenden Kommentaren zu deren Geldpolitik, gerade so, als wäre im EZB-Tower nur eine Schar wildgewordener Idioten zu Gange, die bei Alexis Tsipras und Silvio Berlusconi Volkswirtschaft studiert hätten. Und Mario Draghi scheint als Europas Alleinherrscher, der ohne jede Kontrolle Geld drucken kann, wie es ihm passt. Keiner erklärt wirklich, warum im Euro-Raum das nicht funktionieren soll, was in den USA und Großbritannien ausweislich der dort erreichten Wachstumszahlen schon funktioniert hat.

Vor allem fällt auf, dass die schlechte Stimmung, die uns vermittelt wird, so gar nicht zur Lage im Lande passen will. Nie hatten mehr Menschen bei uns einen Job, nie war die Arbeitslosigkeit niedriger. Die Firmen verdienen prächtig und die Steuereinnahmen sprudeln. Da wo es hakt, bei der Gewerbesteuer, ist nicht die schlechte Lage der Unternehmen schuld, sondern riesige Investitionen, die die Firmen in der Hoffnung auf bessere Geschäfte machen. Für die Exportwirtschaft ist der niedrige Euro-Kurs zum Dollar ein Segen und die negative Kehrseite, nämlich steigende Einfuhrpreise für in Dollar bezahlte Rohstoffe wie Öl und Gas merken wir nicht.

Haben wir es nun mit dem typisch deutschen Phänomen zu tun, dass wir immer irgendwo ein Haar in der Suppe sehen müssen? Aber warum sehen wir dann nicht die Bündel von Haaren, die von unserem eigenen Kopf fallen, wie den Mindestlohn, die flankierend ersonnene Überwachungsbürokratie, die neue Arbeitsstättenverordnung, die familienfreundliche Heimarbeitsplätze reihenweise vernichten wird, unsere Unfähigkeit, junge Migranten sinnvoll in den Erwerbsprozess einzugliedern oder zu wenig Geld für die berufliche Bildung? Das wären die Felder für den Aufschrei der Wirtschaftspresse.

Mein Chef, der Bürgermeister, schaute mich nachdenklich an. Wirtschaft und ihre Gesetzmäßigkeiten - das ist halt kompliziert. Er sehnt sich nach Männern wie Ludwig Erhard, Otto Graf Lambsdorff oder Theo Waigel, die wirtschaftliche Zusammenhänge zwar vielleicht nicht immer verständlich erklären konnten, aber Vertrauen ausströmten, dass es doch in die richtige Richtung geht. Hoffen wir darauf, dass es weiter wirtschaftlich bergauf geht und erinnern uns an Ludwig Erhard und seine Bemerkung: „Wenn’s besser kommt als vorausgesagt, verzeiht man sogar dem falschen Propheten.“

Ihre Sabrina

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