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(GZ-6-2015)
Neues von Sabrina
 
Ein neuer, alter Frühlingsfeiertag

Gestern hat mein Chef gesagt...

„So, liebe Sabrina, was ist denn heute für ein besonderer Tag? Wisst ihr jungen Leute überhaupt noch, was es mit dem 19. März auf sich hat? Wahrscheinlich ist das Bewusstsein dafür flöten gegangen.“ Mein Chef, der Bürgermeister, sah mich mit dem Gesichtsausdruck eines in die Jahre gekommenen Schulmeisters an, der schon ahnt, dass seine Schülerin trotz all seiner Bemühungen die Antwort nicht wissen wird.

Nun, ich liebe es, meinen Chef in solchen Situationen zu enttäuschen und gab umgehend zu Protokoll, dass heute der Josefitag wäre, der Ehrentag des Heiligen Josefs, Gatte der Gottesmutter, der aber – was bei verheirateten Männern absolut tragisch sei – geschichtlich im Schatten seiner Frau stehe. Deshalb gebe es noch einen gesetzlichen Marienfeiertag (15. August), den Josefitag habe man aber staatlicherseits in den sechziger Jahren mir nix, dir nix abgeschafft und die Kirche habe in der Folgezeit den armen Zimmermann als „Heiligen Josef der Arbeiter“ Huckepack an den 1. Mai gehängt, was allerdings höchstens eine Verlegenheitslösung sein könne, da an diesem Tag eher rote Fahnen als das Purpur der heiligen Mutter Kirche en vogue seien. Bevor der Bürgermeister etwas sagen konnte, ergänzte ich noch, dass mir statt des Fleißbildchens, dessen ich mich ohne Zweifel würdig gezeigt hätte, eine Halbe Josefibock der örtlichen Brauerei wesentlich lieber wäre. Lachend hat der Chef das ganze Büro zum After-Work-Bier eingeladen und im Bräustüberl haben wir dann alle die traditionelle Petition zur Wiedereinführung des Feiertags Josefi unterschrieben.

Jetzt könnte man natürlich mit einigem Recht fragen, ob wir nicht noch andere Sorgen im Städtchen hätten als ausgerechnet die Wiedereinführung eines Feiertags, den niemand braucht und niemand vermisst. Zudem seien ja wohl bei Feiertagseinführungen zunächst mal die Protestanten dran, denn seit der Abschaffung des Buß- und Bettags als gesetzlicher Feiertag ist das Verhältnis katholischer zu evangelischen Feiertagen so wie das Torverhältnis von Bayern München und Werder Bremen (4:0). Das Fehlen muslimischer Feiertage erwähne ich der Ausgewogenheit wegen, weil der Zeitgeist nun mal so weht.

Natürlich haben Deutschland, Bayern und meine Stadt andere Probleme, als neue Feiertage einzuführen oder alte wiederzubeleben, egal ob katholisch oder evangelisch. Ein ganz klein bisschen ist es auch dekadent, jetzt, da die Wirtschaft brummt, Steuern und Sozialabgaben fließen, die Arbeitslosigkeit niedrig ist, an ein Wohlstandszuckerl in Form eines Frühjahrsfeiertags zu denken. Wobei mal gesagt werden muss, dass es keinen Zusammenhang zwischen Produktivität, Effizienz und Innovationskraft einer Volkswirtschaft und wenig Feier- bzw. Urlaubstagen gibt. Bayern hat schließlich weltweit mit die meisten gesetzlichen Feiertage und die Bayern damit einschließlich des Urlaubsanspruchs mit am längsten frei. Und wie stehen wir da? Pfundig stehen wir da!

Nein, beim Josefitag und der alljährlichen folkloristischen Forderung nach Wiedereinführung des Feiertages geht es schlicht um das urbaierische „Brauchen tun wir’s nicht, aber schön wär’s schon.“ Allein die Erinnerung an die Tradition und deren identitätsstiftende Wurzel ist doch wichtig in einem Land, in dem zwar kaum mehr Josephinen und Josefas, aber immer noch ein ganzer Schwung Josephs und Josefs getauft werden und in dem sich weder Sportler noch Politiker, weder Wirtschaftslenker noch Kulturschaffende dagegen verwahren, in der Öffentlichkeit mit „Sepp“ angesprochen zu werden.

Mein Chef, der Bürgermeister, wollte noch ein bisschen nachkartln, denn so ein freier Tag Mitte März, kurz vor Frühlingsanfang, tät ihm schon ganz gut gefallen. Nachdem daraus aber nix wird, einigen wir uns darauf, die Tradition auf eigene Weise zu ehren und am nächsten 19. März die Rathausmitarbeiter zur Josefi-Brotzeit einzuladen, einschließlich einem kleinen Präsent für alle Träger dieses schönen Namens. Um ihn darin zu bestärken, twittere ich dem Chef noch einen Satz von Walter Nenzel: „Feiertage sind Atempausen der Seele.“

 

Ihre Sabrina

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