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(GZ-9-2020)
Neues von Sabrina
 

Konsequenzen aus Abstandsgebot und Maskenpflicht

Gestern hat mein Chef gesagt...

Der Bürgermeister, setzt auf das Prinzip Verantwortung in der Krise. Dazu passt ein Satz des Staatsrechtlers Oliver Lepsius: „Jetzt kommt die Zeit des Umstellens vom präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt auf Verhaltensgebote, die auf Vertrauen und Vernunft gründen“.

„Da waren wir ja unserer Zeit voraus, liebe Sabrina, als wir vor Ostern darüber gesprochen haben, dass es vernünftig sein kann, zum Schutz vor Ansteckung eine Maske zu tragen. Aber gleich eine strafbewehrte Pflicht daraus zu machen?“ Mein Chef, der Bürgermeister, zeigt sich etwas erstaunt, dass jetzt auch und gerade eine solch einschneidende Maßnahme wie das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung verpflichtend angeordnet und bei Zuwiderhandlung auch noch mit Bußgeld bewehrt wird.

Denn viele haben ja bisher schon eine Mund-Nasen-Maske made in VRChina oder selbstgenäht in der Öffentlichkeit getragen. Entweder in der irrigen Annahme, sie würden dadurch vor Ansteckung geschützt oder tatsächlich aus Rücksicht gegenüber anderen. Natürlich gab es auch eine Reihe von Leuten, die nicht als Zahnarzt oder Chirurg verkleidet auf die Straße gehen wollte. Diese Gruppe kann sich übrigens durchaus auf medizinische Autoritäten wie den Präsidenten der Bundesärztekammer Dr. Klaus Reinhardt oder den Vorstandsvorsitzenden des Weltärztebundes Dr. Frank Ulrich Montgomery berufen. Gut, beide haben keinen täglichen virologischen Podcast, dürften aber dennoch was von der Sache verstehen.

Im Grunde bleibt dann doch nur die Warnfunktion der Maske. Sie suggeriert: Dein Nachbar ist der Feind. So wie der Ritter, der mit heruntergeklapptem Visier in die Schlacht gezogen ist, oder so wie Extremisten im schwarzen Block demonstrieren und Molotow-Cocktails gegen die Polizei werfen. Der alte Mann vor dir in der Schlange oder die junge Mutter im Bus ist in dieser Logik eben eine Virenschleuder – ebenso wie du in deren Augen.

Jetzt sind wir halt gezwungen, uns so in der Gesellschaft zu bewegen. Wir werden die Aufsätze und Reden, in denen wir davon sprachen, wonach eine freiheitliche und demokratische Gesellschaft davon lebe, dass sich die Menschen ins Gesicht sehen können und unverhüllt vor dem Gegenüber stehen, in die hinteren Reihen des Buchregals verbannen müssen.

Wir werden damit leben, nach einer gewissen Zeit des Gebrauchs einen feuchten, unangenehmen Fetzen vor Mund und Nase zu haben, der uns beim Atmen und beim Sprechen hindert sowie die Brille beschlagen lässt. Wir werden missverstanden werden, weil unsere Kommunikation darauf angelegt ist, dass Sprache und Mimik zugleich wahrgenommen werden und die Mimik jetzt wegfällt. Wir werden die Menschen mit Höreinschränkungen wieder stärker in die Isolation zwingen, weil sie nicht mehr von den Lippen ablesen können. Wir, die großen Individualisten, werden uns uniformieren.

Umso wichtiger ist es, dass wir sehr genaubeobachten, ob die Maskenpflicht etwas bringt oder wann sie wieder abgeschafft werden kann. Denn ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der wir es uns angewöhnt haben, das Gegenüber auf zwei Meter Abstand anzubrüllen, weil uns das durch Abstandsgebot und Maskenpflicht in Fleisch und Blut übergegangen ist.

Nun kann man natürlich die Frage stellen, warum wir uns so schwertun damit, Mund und Nase zu bedecken. In Asien ist das schon seit vielen Jahrzehnten Standard. Nun gibt es in vielen asiatischen Ländern einen gesellschaftlichen Zwang, eine Maske zu tragen, wenn man etwa Erkältungssymptome hat. Man will in den dicht besiedelten Städten und überfüllten Zügen niemand anstecken. Das hat sicher auch viel damit zu tun, dass asiatische und europäische Gesellschaften kein übereinstimmendes Konzept von Individualismus haben. Wir sind halt anders und ich denke, wir sollten das auch bleiben wollen.

Mein Chef, der Bürgermeister, setzt auf das Prinzip Verantwortung, auch beim Gebrauch einer Schutzmaske. Dazu passt ein brandaktueller Satz des Staatsrechtlers Oliver Lepsius: „Jetzt kommt die Zeit des Umstellens vom präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt auf Verhaltensgebote, die auf Vertrauen und Vernunft gründen.“

Ihre Sabrina

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