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(GZ-21-2019)
Neues von Sabrina
 

Bestattungsbräuche im Wandel der Zeit

Gestern hat mein Chef gesagt...

„Nicht den Tod soll man fürchten, sondern dass man niemals beginnt, zu leben“, räsoniert die Vorzimmerperle zusammen mit Marc Aurel über Bestattungsbräuche im Wandel der Zeit. Ihr Chef fordert, nicht alle gewachsenen Traditionen über Bord zu werfen.

„In Hamburg kann man sich in wenigen Monaten zusammen mit seinem Haustier bestatten lassen. Das zeigt wieder deutlich, wie sehr sich unser Verständnis von Würde und Pietät bei der Bestattungskultur verändert.“ Mein Chef, der Bürgermeister, war im ersten Moment von der Meldung irritiert, dass die Hamburger Bürgerschaft beschlossen habe, zukünftig zuzulassen, dass Urnen mit der Asche verstorbener Haustiere in die Gräber ihrer Eigentümer mitgegeben werden dürfen.

Vielleicht gibt es aber in der Tat in einer Großstadt wie Hamburg dafür ein ganz reales Bedürfnis. Wahrscheinlich haben Haustiere in Zeiten der Vereinzelung und Vereinsamung, der Singlehaushalte und der Entfremdung in den Familien tatsächlich einen ganz anderen emotionalen Stellenwert als früher. Bisher sah man es als ganz normal an, dass Eheleute Seit an Seit den ewigen Schlaf schlafen oder Eltern in die Gräber von vorverstorbenen Kindern gebettet werden wollten. Die Kunstgeschichte verdankt diesem Wunsch nach Nähe im Unendlichen, diesen Triumph der Liebe über die Vergänglichkeit der Körper anrührende und bewegende Monumente.

Bei aller Anhänglichkeit zu Haustieren und allem Verständnis für Menschen, die lange Jahre in einem Hund oder einer Katze einen Kameraden gesehen haben: Etwas blasphemisch dünkt mich der Gedanke schon, Fifi und Schnurli auf einer Ebene mit einem geliebten Menschen zu sehen.

Aber die Welt entwickelt sich nach vorne und wir werden über kurz oder lang immer weiter wegkommen (müssen) von unseren traditionellen Vorstellungen von Bestattungen. Damit meine ich beileibe nicht nur die Diskussion um die Sargpflicht, die ja jetzt auch in Bayern gelockert und damit unsere gewachsene Friedhofs- und Bestattungskultur offener für andere Traditionen wird.

Auch das Bedürfnis der Menschen nach Alternativen zur Bestattung auf dem Friedhof müssen wir zur Kenntnis nehmen. Gerade wenn sich familiäre Bindungen lockern oder die Kinder nicht mehr in der Heimatgemeinde leben und arbeiten ist es ein verführerischer Gedanke, einen würdevollen aber anonymen Ort für die letzte Ruhe zu wählen.

Bestattungen im Wald, die ja sogar die Staatsforsten bald anbieten werden, sind hier ein attraktives Angebot. Bestattungen auf See sind ebenfalls eine Alternative. Oberirdisches Verstreuen der Asche geht in Deutschland derzeit nur in Mecklenburg-Vorpommern und in Bremen, dort aber nur, wenn man Bremer war – sicher ein zu hoher Preis für dieses vermeintliche Privileg.

Wir sollten nur aufpassen, dass wir vor lauter Friedwäldern, anonymen Bestattungen und Ascheverstreuen, nicht eines vergessen: Es gehört zum Menschsein dazu, dass man sich wenigstens noch einige Zeit über den Tod hinaus an das Individuum erinnert. Früher galt es als furchtbar, in einem anonymen Grab beigesetzt zu werden. Dieses Schicksal wiederfuhr Armen oder Geächteten. Wo immer es ging, versuchte man sich an die Toten zu erinnern, auch wenn sie nicht einzeln identifiziert werden konnten, etwa bei Massengräbern von Kriegsopfern.

Zu unserer Kultur, zu unserer Urbanistik zählen auch die Friedhöfe als grüne Lungen, Oasen der Ruhe und der inneren Einkehr sowie als Orte der Erinnerung.

Mein Chef, der Bürgermeister, hält es natürlich mit dem Motto, dass jeder nach seiner Façon glücklich werden solle. Wenn einer anonym bleiben wolle – warum nicht. Wenn Herr und Hund auch im Tod nicht voneinander lassen möchten – alles gut. Aber wie das Leben Rituale, Traditionen, schlicht Sicherheit braucht, sollten wir nicht alles, was es an gewachsenen Traditionen auf den letzten Wegen der Menschen gibt, über Bord werfen.

Ob es Gedenktage wie Allerheiligen, der Volkstrauertag oder der Totensonntag sind oder eben hergebrachte Bestattungsbräuche. Zum Thema Tod fällt mir heute übrigens der römische Philosophen-Kaiser Marc Aurel ein: „Nicht den Tod soll man fürchten, sondern dass man niemals beginnt, zu leben“.

Ihre Sabrina

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