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(GZ-23-2015)
Neues von Sabrina
 
Bekenntnis zur Sparsamkeit

Gestern hat mein Chef gesagt...

„Ade Haushaltsüberschüsse. Leb’ wohl schwarze Null.“ Mein Chef, der Bürgermeister, kam ziemlich mitgenommen aus einem Gespräch mit dem Kämmerer. Seit vielen Jahren schon ist es für uns Ehrensache, einen ausgeglichenen Haushalt zu haben.

Keine Politik auf Pump, keine städtischen Leistungen auf Kosten der nachfolgenden Generationen – seit eine solide Haushaltsführung im Freistaat zum finanzpolitischen Glaubensbekenntnis gehört, waren wir auf kommunaler Seite mit an der Spitze marschiert. Zu guten Zeiten gaben wir uns nicht mit der berühmten „schwarzen Null“, also einen Haushaltsausgleich ohne Neuverschuldung zufrieden, sondern haben brav Schulden getilgt, auch wenn regionale wie überregionale Kreditinstitute uns als solventen Schuldner mit mehr als superattraktiven Konditionen in die eine oder andere finanztechnische Venusfalle locken wollten.

Aber der Chef und der Kämmerer waren immer eisern. Man kann nicht mehr ausgeben, als man einnimmt. Basta. So wie man es auch im Privatleben machen würde. Schließlich hat man noch Hypotheken abzuzahlen und auch der Kredit fürs Auto läuft noch – bildlich gesprochen natürlich. Denn die Aufbaujahre nach dem Krieg und die 70er Jahre, in denen der kürzlich verstorbene „Weltökonom“ Helmut Schmidt die Republik in die finanzpolitische Laxheit geführt hat und die öffentlichen Haushalte nach fremdem Geld so süchtig waren wie die Hippies nach Hasch, sind natürlich auch an unserer Stadt nicht spurlos vorübergegangen. Auch nach dem zehnten Haushalt ohne Neuverschuldung sitzen wir auf einem zwar schrumpfenden, aber spürbaren Schuldenberg.

Aber nächstes Jahr wird es wohl nichts werden mit der Schuldenabstinenz, jedenfalls nicht, wenn es zu keiner größeren Finanzspritze von Bund oder Land kommt. Denn während der Freistaat trotz Flüchtlingskrise und einem bundesweit als vorbildlich anzuerkennenden Integrationspaket finanziell bombig dasteht und der Bundesfinanzminister sich seinen Haushalt samt schwarzer Null soeben vom Bundestag hat absegnen lassen, schlagen bei uns im kommunalen Bereich die Kosten für die Flüchtlinge immer mehr zu Buche. Allein Pflichtleistungen wie die Unterbringung sind ein dicker Brocken. Wenn man überhaupt noch geeignete Möglichkeiten findet, muss man sie entweder für teures Geld auf Vordermann bringen oder die horrenden Mieten akzeptieren, die ein kleiner werdender Markt uns auferlegt. Dabei ist zu verzeichnen, dass auch Institutionen, die sehr gerne ein großzügiges Asylrecht fordern und jederzeit bereit sind, das Recht der zu uns Fliehenden auf adäquate Unterbringung lautstark zu postulieren, bei der Bereitstellung von Räumlichkeiten stark auf Marktüblichkeit achten. Motto: Wir fordern, die Stadt zahlt.

Aber mit den Basisverpflichtungen ist es ja nicht getan. Wir sehen uns durchaus in der Pflicht, auch von städtischer Seite in jeder möglichen Hinsicht die Integration der Ankömmlinge zu fördern. Nicht weil wir zu viel Geld haben oder tierische Lust, endlich wieder mal Schulden zu machen. Sondern weil wir jeden Euro, den wir heute bei Integrationsmaßnahmen, bei Bildungs- und Sprachangeboten, bei der Eingliederung der Kinder und Jugendlichen, bei der Unterweisung in unser Wertesystem, unsere Rechtskultur und unser Staatsverständnis sparen, über kurz oder lang mit horrenden Zinsen doch ausgeben müssen, wenn es uns nicht gelingt, Parallelgesellschaften, Abkapselung oder gar Radikalisierung zu verhindern.

Mein Chef, der Bürgermeister, hat sich entschieden: Er wird in den Stadtrat mit einem Haushaltsentwurf gehen, der wieder etwas Verschuldung erlaubt. Die besondere Situation rechtfertigt es. Schließlich können wir weder unseren humanitären Verpflichtungen den Neuankömmlingen gegenüber entkommen, noch sollten wir unser Eigeninteresse an deren schnellem Ankommen in unserer gesellschaftlichen Ordnung vernachlässigen. Dann ist auch das Geld gut angelegt. Denn wie lautet der Satz des früheren Bundespräsidenten Theodor Heuss, den ich dem Chef maile? „Sparsamkeit ist die richtige Mitte zwischen Geiz und Verschwendung.“

Ihre Sabrina

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