gz nachrufzurück

 

nachruf in der gz

(GZ-9-2014)

Trauer um Dr. Georg Simnacher

† 28. April 2014

Der langjährige Präsident des Verbands der Bayerischen Bezirke, Bezirkstagspräsident von Schwaben und Landrat von Günzburg erlag wenige Wochen vor seinem 82. Geburtstag einem Herzinfarkt. In der großen kommunalen Familie herrscht Trauer.

In einer ersten Stellungnahme würdigte Ministerpräsident Horst Seehofer den Tod des großen Kommunalpolitikers: „Bayern verliert mit Georg Simnacher einen großen Schwaben, ein Urgestein der Kommunalpolitik und engagierten Anwalt seiner Heimat. 30 Jahre als Landrat des Landkreises Günzburg und mehr als ein Vierteljahrhundert als Präsident der Bayerischen Bezirke prägte er wie kaum ein anderer die Kommunalpolitik im Freistaat und wirkte  an  zahlreichen  Weichenstellungen  mit.

Er war bürgernah, denn er sprach mit den Menschen und ließ sie an sich heran. Er war umsichtig, denn er plante über den Tag hinaus. Er war, mit einem Wort, ein Vorbild für uns alle. Sein herausragendes Lebenswerk wird uns allen unvergessen bleiben.“ Vom „kreativsten Kommunalpolitiker“, den er jemals kennen lernen durfte, sprach der ehemalige Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel, ein  langjähriger  politischer  Weggefährte  des Verstorbenen.  Vor  nahezu  sechs  Jahrzehnten begegneten sich die beiden bei der katholischen Jugend.  Schon  damals  habe  Simnacher  Führungsqualitäten bewiesen. Ein begnadeter Jurist sei er gewesen, der seine Fähigkeiten nie für Überlegungen benutzte, etwas unmöglich zu machen oder zum Scheitern zu bringen. „Er hat seine Fähigkeiten darauf gerichtet, etwas zu bewegen.  Ihm  ist  immer  etwas  eingefallen.  Das habe ich an ihm bewundert“, so Waigel.

Eine  „ehrendes Andenken für ein großes kommunalpolitisches Lebenswerk“ will auch Bezirketagspräsident Josef Mederer  für den Verstorbenen  bewahrt  wissen. „Wir verlieren mit Dr. Simnacher nicht nur den Gründungspräsidenten des damaligen Verbandes der bayerischen Bezirke (heute Bayerischer Bezirketag),  sondern auch einen herausragenden Kommunalpolitiker, dessen Wertschätzung weit über seine schwäbische Heimat hinaus reicht.

In  den  Jahren  seiner  Präsidentschaft  an  der Spitze unseres Verbandes hat der Verstorbene in der Zeit von 1979 bis zum Jahre 2003 eine Fülle wichtiger und bleibender Weichenstellungen und Entscheidungen für die dritte kommunale Ebene  vorgenommen.  Er  war  eine  prägende Persönlichkeit,  die  durch  ihre  Erfahrung  und große  Sachkenntnis  dem  Verband  eine  starke
Stimme und ein starkes Gewicht innerhalb der kommunalen  Familie  gegeben  hat“,  betonte Mederer.

In  den  Anfangsjahren  gewann  der  Verband der bayerischen Bezirke durch seinen Präsidenten Georg Simnacher eine politische Präsenz, die zum Fundament für die Arbeit an der Seite der Schwächsten der Gesellschaft wurde. Dabei brachte er eine Vielzahl von Projekten auf den Weg, die bis heute die sieben bayerischen Bezirke und den Bayerischen Bezirketag auszeichnen; etwa die Entwicklung der Psychiatrie in Bayern, die unter der Verantwortung von Präsident  Simnacher  aus  dem  dunklen  Abseits  der Gesellschaft herausgeholt und bis heute zu einer modernen, anerkannten und erfolgreichen Medizin ausgebaut wurde.

Ebenso ist sein unermüdlicher Einsatz zu würdigen, den er für das Kloster  Irsee  führte,  das  es  ohne  die  Beharrlichkeit  und  zielstrebige  Leidenschaft  Simnachers, auch schwierigste Dinge politisch durchzusetzen, heute so nicht geben würde. Das Bildungswerk Kloster Irsee des Verbands ist heute ein wichtiges Aushängeschild der dritten kommunalen Ebene und bleibt für immer mit dem Namen Georg Simnacher verbunden. Auch auf dem Gebiet der Regionalkultur gab der Verstorbene wichtige Impulse. Sein Bekenntnis zu seiner schwäbischen Heimat, aber auch zu allen Regionen des Freistaats Bayern spiegelt sich in einer Vielzahl von Projekten in der Brauchtumspflege,  der  Museumslandschaften  und  des Denkmalschutzes wider.

„Dr. Georg Simnacher war und bleibt somit der Vater des Verbandes der bayerischen Bezirke und des heutigen Bezirketags, einem modernen kommunalen Spitzenverband, dessen Arbeit im Bereich der Sozial- und Gesundheitspolitik sowie der Kultur aus dem Gemeinwesen nicht mehr wegzudenken ist. Ich verneige mich vor einem großen Kommunalpolitiker   und   ehemaligen Verbandspräsidenten und dessen beeindruckendem Lebenswerk. Der Bayerische Bezirketag   wird   Georg   Simnacher und seinem jahrzehntelangen und erfolgreichen Wirken ein ehrendes   Andenken   bewahren“, so Bezirketagspräsident Mederer.

Die Gründung eines Dachverbandes für die sieben bayerischen Bezirke, der den anderen kommunalen Spitzenverbänden ebenbürtig sein sollte, ist der Initiative Simnachers zu danken. Der Schwabe führte dann auch den Verband der bayerischen Bezirke – heute Bayerischer Bezirkstag – als gewählter  Verbandspräsident  von  1979  bis
2003.

Jürgen  Reichert,  der  in  Nachfolge  von  Dr. Georg Simnacher 2013 zum Bezirkstagspräsidenten gewählt wurde, gab seiner Trauer und Bestürzung  nach  der  überraschenden  Nachricht unmittelbar Ausdruck: „Für mich war Dr. Georg Simnacher in seiner politischen Tätigkeit und seinem enormen Einsatz für Schwaben immer  ein  großes  Vorbild  und  ein  langjähriger, verlässlicher Wegbegleiter. Was er für Schwaben und die bayerischen Bezirke getan hat, ist in Worten kaum zu ermessen.“

Dr.  Georg  Simnacher  entschied  sich  schon früh für eine politische Karriere. Das Jurastudium in München und Erlangen sollte dazu den Grundstein legen. Bereits mit 34 Jahren wurde der CSU-Politiker Landrat von Günzburg, ein Amt, das er von 1967 bis 1996 innehatte.

Fast ebenso lange, von 1974 bis 2003, war er als Bezirkstagspräsident förmlich das Gesicht Schwabens. Nicht zuletzt wegen seines Engagements für die Heimat und die dritte kommunale Ebene wurde Simnacher liebevoll mit dem Spitznamen „Schwabenherzog“  ausgezeichnet.  Er  setzte sich ebenso für den Erhalt der kulturellen Traditionen und deren Weiterentwicklung sowie für die soziale Seite seiner Heimat ein. „Sein Herz galt den Schwachen und Benachteiligten in unserer  Gesellschaft“,  betont  Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert.

Neben der wohnortnahen Dezentralisierung der beiden großen Bezirkskrankenhäuser Kaufbeuren und Günzburg – in Simnachers Ägide als Bezirkstagspräsident fielen die Eröffnungen von Bezirkskliniken in Kempten, Memmingen, der  Tagesklinik  in  Lindau,  der  Außenstelle  in Donauwörth und vor allem die Gründung eines Bezirkskrankenhauses in Augsburg selbst – forcierte er auch den Ausbau der begleitenden sozialpsychiatrischen Hilfen, die mittlerweile in allen  Landkreisen  und  kreisfreien  Städten  zu finden  sind.  Aus  „Verwahranstalten“  wurden moderne Kliniken mit zusätzlichen Disziplinen, mit Neubauten, mit Kooperationsverträgen zu Universitäten und Hochschulen. Geradezu sensationell entwickelte sich die Zusammenarbeit zwischen der Universität Ulm und dem Bezirkskrankenhaus Günzburg über die bayerisch-baden-württembergische Landesgrenze hinweg.

Aus dem Kulturbereich muss man das Netzwerk der Museen ebenso hervorheben wie die Wiederbelebung durch kulturelle Nutzung – und damit  Rettung  – bedeutender  Klöster  Schwabens:  Irsee,  Roggenburg  und  Thierhaupten. „Im Herzen Schwabe, hat Dr. Georg Simnacher jeweils aber auch den Blick über die Grenzen hinaus gerichtet, der Völkerverständigung und der Europäischen Einigung dienend. Eine der vielen  Auszeichnungen  – die  Ehrenfahne  des Europarats – würdigt  diese  Arbeit“,  so  Reichert. So konnte der Bezirk Schwaben nicht nur partnerschaftliche Beziehungen zum französischen Département Mayenne knüpfen, sondern auch zur rumänisch-ukrainischen Grenzregion Bukowina.

„Unter Dr. Georg Simnacher hat der Bezirk Schwaben als Interessenvertretung, als Volksvertretung und als Sprachrohr unserer Region weit über die sozialen und kulturellen Fragen hinaus Bedeutung erlangt“, würdigt Jürgen Reichert das Lebenswerk. „Er ist für ein starkes Schwaben eingetreten und ebenso für eine starke kommunale Selbstverwaltung: Als Bezirkstagspräsident und als Verbandspräsident hat er sich für unsere Heimat und für leistungsfähige, unabhängige Bezirke als Gebietskörperschaften und Repräsentanten regionaler Identität in Bayern eingesetzt – dafür sind wir ihm dankbar, dafür bleibt er unvergesslich.“

Georg  Simnacher  war  Träger  des  Bayerischen Verdienstordens, des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, der Bayerischen Verfassungsmedaille in Gold und der kommunalen Verdienstmedaille in Gold sowie zahlreicher weiterer höchster Auszeichnungen.

 

GemeindeZeitung

Nachruf

© Bayerische GemeindeZeitung